Beschluss:

Unter der Voraussetzung, dass durch das Sonderprogramm des Landes zur Integration von Flüchtlingen eine Förderung erfolgt, wird die Stadt Billerbeck das im Antrag vom 18. Februar 2016 beantragte Vorhaben „Begegnung im Viertel an der Berkel“ durchführen.

Der voraussichtliche Eigenanteil ist im Haushalt der Stadt Billerbeck für die Jahre 2016 bis 2018 eingeplant. Das Vorhaben wird auch dann umgesetzt, sofern die Ausnahme von der Anrechnung einer Nettokaltmiete für 10 Jahre nicht bewilligt wird.


Frau Rawe teilt mit, dass ihr verwaltungsseitig mehrfach bestätigt wurde, dass sie in dieser Sache nicht befangen sei. Ihr sei bekannt, dass mehrere Ratsmitglieder dies anders sähen. Da sie nicht wolle, dass dem Verein Kinder-, Jugend- und Familienhilfe (kjfh) e. V. vorgeworfen werden könne, sich einen Vorteil zu verschaffen, werde sie an der Beratung und Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt nicht teilnehmen.

 

 

Herr Mollenhauer richtet an die Ratsmitglieder den Appell, das Projekt mitzutragen. Da das Projekt auch im Ministerium gut angekommen sei, gehe er davon aus, dass der Förderantrag gute Chancen habe, auch wenn das Förderprogramm deutlich überzeichnet sei.

 

Herr Wilkens schließt sich den Ausführungen von Herrn Mollenhauer an. Er appelliert eindringlich dem Projekt zuzustimmen. Die Vorteile seien so dominant, dass er sich wundere, dass dem Projekt offensichtlich keine Chance gegeben werden soll. Die Stadt könnte ggf. mit Fördermitteln ihrem Auftrag zur Daseinsvorsorge für die Bürger durch die Schaffung von Räumen für die Kinderbetreuung und Begegnung einschl. Personal besonders gerecht werden. Besser als ein Investor könne die Stadt dafür Sorge tragen, dass Inklusion und Integration gelingen.

Im Übrigen treffe es aus seiner Sicht nicht zu, dass die Zeitspanne zu kurz gewesen sei. Sicherlich könne man trefflich darüber streiten, ob eine andere Information seitens der Verwaltung möglich gewesen wäre. Er vertraue im Übrigen darauf, was die Stadt sage. Das Konzept habe ihn überzeugt. Er appelliere noch einmal, dem Projekt heute zuzustimmen.

 

Frau Mollenhauer verliest folgende Stellungnahme:

„Zunächst möchte ich deutlich klarstellen, dass durch das geplante Objekt das Ludgerusstift eine deutliche Aufwertung erfährt. Die Integration von Jung und Alt unter Einbindung der zur Zeit in Billerbeck wohnenden Flüchtlinge sind Zukunftsaufgaben, denen wir uns stellen müssen. Auch sind wir davon überzeugt, dass Kitaplätze fehlen werden, da immer mehr Eltern eine Betreuung für ihr Kind wünschen unter 3 Jahren.

Allerdings erscheint uns die Planung aufgrund der Kürze der Zeit mit heißer Nadel gestrickt worden zu sein.

 

1.    Die veranschlagten Baukosten sind innerhalb kurzer Zeit von 1,8 Mio auf 2,6 Mio nachgebessert. Genauere Angaben können von der Verwaltung nicht geliefert werden, weil es für das zu errichtende Gebäude noch keine Planung gibt. Die Abrisskosten des alten Gebäudes sind aufgrund von zu entsorgender Altlasten nicht kalkulierbar. Eine Baugrunduntersuchung kann zu weiteren Kosten führen aufgrund der Nähe zur Berkel. Es ist bekannt, dass der Kindergarten im Dreitelkamp auf der andere Seite der Berkel vor einigen Jahren abgesackt ist. Die Kosten für den Grund und Boden in Form eines Erbbaurechtes sowie die Vertragsmodalitäten sind dem Rat bisher nicht bekannt.

2.    Für uns erschließt sich zur Zeit nicht, warum wir auf fremdem Grund und Boden planen. Aufgrund der bekannten Schließung von Haupt- und Realschule im kommenden Sommer ergeben sich gegebenenfalls Ressourcen in eigenen Gebäuden. Hier wäre zunächst eine Machbarkeitsstudie zu erstellen. Im Übrigen müsste vorab geprüft werden, ob in vorhandenen städtischen Gebäuden eine Betreuung von Flüchtlingen erfolgen kann. Hier würden sich neben den Schulen auch die Landwirtschaftsschule oder das Jugendzentrum anbieten.

3.    Es ist uns bekannt, dass das Ludgerusstift schon seit Jahren eine Überplanung des Geländes in Angriff nimmt, auch ist bekannt, dass dem Verein Kinder-, Jugend- und Familienhilfe e. V. in einem neu zu errichtenden Gebäude Platz für eine Kita eingeräumt wird. Bekanntlich steht auch ein Investor zur Verfügung. Warum maßt sich die Stadt an dieser Stelle das Recht an, zu intervenieren? Ist es in der Vergangenheit nicht immer so gewesen, dass ein privater Investor Vorrang vor der städtischen Investition hat? Wer zahlt dem Stift und den Investoren verauslagte Planungskosten?

 

Aus meinen Ausführungen ist ersichtlich, wie viele Fragen noch geklärt werden müssen. Auch hat es zu all diesen Fragen eine persönliche Stellungnahme der Bürgermeisterin bisher nicht gegeben. Die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses wurden erstmalig mit dem Thema schriftlich mit der Einladung zum HFA am 11.02.2016 konfrontiert. Ich denke, ich habe für die CDU hinreichend dargelegt, warum wir heute keine positive Entscheidung für das Projekt fällen können.“

 

 

Herr Wilkens stellt fest, dass es im Grunde keine neuen Erkenntnisse gebe. Die Bürgermeisterin habe ausdrücklich mitgeteilt, dass selbstverständlich alle Planschritte sowohl kostentechnisch als auch planerisch gemeinsam erfolgen werden. Das Projekt sollte man als Herausforderung sehen. Man könne auch nicht erwarten, dass in der Kürze der Zeit eine Kostenkalkulation erstellt werden könne, die am Ende eine Punktlandung darstelle. Abgesehen davon erinnere er noch einmal an die Daseinsvorsorge als Auftrag der öffentlichen Hand.

 

Herr Geuking verliest folgenden Abschnitt aus seiner Haushaltsrede zu diesem Thema:

„Wir müssen objektiv prüfen, ob wir wirklich jedem Fördertopf hinterherjagen müssen und dabei vielleicht anderen Kommunen, die es notwendiger hätten, die Gelder entziehen. Sie merken, ich spreche hier nun das geplante Ludgerusviertel an. Überfallartig wurden dazu dem Rat Plangedanken präsentiert, da es ja nun einen Fördertopf gibt, wenn z. B. ein Begegnungsraum für Flüchtlingsarbeit mit eingeplant wird. Auch die langersehnte Kita wäre möglich einzuplanen. Die Ausgabenplanungen steigerten sich von Tag zu Tag und endeten zum Schluss bei geschätzten 2,6 Millionen Euro, ohne künftige laufende Kosten. Nette Planung, schöne Idee, jedoch auch sehr viel Geld. Aber alles kein Problem, Refinanzierung ist das Zauberwort dabei. 1,3 Millionen Eigenanteil können wir langfristig bei diesem Projekt eventuell wieder herausholen. Dass die bereitgestellten Fördergelder an anderer Stelle in anderen Kommunen vielleicht viel dringender gebraucht werden, kümmert anscheinend nicht.

Frau Bürgermeisterin, da sage ich Ihnen einfach mal, da hat unsere Stadt Billerbeck doch eher ein kleines Luxusproblem. Räume für Begegnungen haben wir hier glücklicherweise reichlich und über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Dann gibt es zwei Privatinvestoren, die ihre eigenen Planungen Ludgerusviertel inkl. Kita nur allzu gerne umsetzen  möchten. Wenn wir wirklich 1,3 Millionen Euro entbehren können, dann brauchen wir auch keinen Fördertopf anzuzapfen und anderen Kommunen das Geld entziehen, da wir eine zusätzliche Kita ganz allein mit Eigenmitteln errichten können.“

 

Herr Tauber widerspricht Herrn Wilkens, dass ausreichend Zeit für eine Beratung bestanden habe. Bei Investitionskosten von 2,6 Mio € sei die Zeit nicht ausreichend gewesen, um alle erforderlichen Zahlen und Fakten auf den Tisch zu bringen und eine Willensbildung abzuschließen.

Er verliest folgende Stellungnahme der SPD-Fraktion zum Thema „Kita und Begegnungs- und Bildungszentrum“ in Billerbeck

 

„Die SPD möchte die Antwort auf den Vorschlag der Bürgermeisterin zweiteilen:

 

1.    Wir begrüßen den Bau einer Kita mit Bildungs- und Begegnungszentrum, insbesondere auch für die Flüchtlingsarbeit, ausdrücklich.
Die Bedarfsplanung zeigt, dass die vorhandenen Kita-Plätze nicht ausreichend sind. Ebenso möchten wir dem Verein für Kinder-, Jugend- und Familienhilfe e. V. ein verlässlicher Partner sein. Deshalb muss für die Übergangslösung im Ludgerus-Stift dringend eine dauerhafte Bleibe gefunden werden. Wir sehen die Stadt auch in Verantwortung, einen Beitrag zu den Flüchtlingsinitiativen und der ehrenamtlichen Arbeit derart zu leisten, dass geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Gerne sind wir bereit, unseren – auch finanziellen – städtischen Beitrag zu leisten.

 

2.    Den Vorschlag der Bürgermeistein, den Bau auf dem Gelände des Ludgerus-Stiftes zu verwirklichen, unterstützen wir nicht.
Alternativ sollte durch die Stadt eine Kita mit Bildungs- und Begegnungszentraum auf stadteigenem Gelände des Schulzentrums gebaut werden.

 

Begründung:

Wir halten die Idee eines neuen Billerbecker Bildungs- und Begegnungszentrums (kurz BBB) für sehr gut, nur der angedachte Standort ist unserer Meinung nach nicht geeignet.

Die Synergieeffekte halten wir für wesentlich höher und kostensparender, wenn das Zentrum möglichst nahe am Schulzentrum entsteht.

In folgenden Bereichen können Synergieeffekte erzielt werden:

 

·         Eine organisatorische und wirtschaftliche Angliederung an die Gemeinschaftsschule drängt sich regelrecht auf, um vorhandene Ressourcen auf eigenem Grund optimal zu nutzen.

·         Es bietet sich eine gemeinsame Nutzung von Räumen, Sport-, Spiel- und Veranstaltungsflächen, Hausmeisterservice, Versorgungstechnik, Mittags- und Zwischenverpflegung an.

·         Kurze Wege zu Partnern wie Gemeinschaftsschule, VHS, Musikschule und Jugendarbeit schaffen beste Voraussetzungen für eine gut funktionierende Kooperation und ein barrierearmes Miteinander.

 

Kostenersparnis würde auch erzielt, da das Baugelände städtisch ist und keine Kosten entstehen würden durch Erbpacht oder gar Grundstückserwerb.

Je nach Lage des Baugrundstückes könnte man das ganze Areal rund um das Schulzentrum überplanen und eine Neukonzeption der Zufahrts- und Parkflächen, ebenso wie der Pausenflächen, in Angriff nehmen.

Als in Frage kommende Flächen denken wir an das Bolzplatzgelände der Hauptschule oder das Gelände hinter der Realschule, wobei hier über eine neue Zuwegung über die Coesfelder Straße nachgedacht werden muss.“

 

Einem Neubau auf fremdem Grund und Boden werde die SPD nicht zustimmen.

 

Herr Wilkens hält dem Argument der Synergieeffekte entgegen, dass er diese auch auf dem Gelände des St. Ludgerus-Stifts sehe. Im Übrigen sei die Erbpacht am allerbesten zu kalkulieren, da sie über 99 Jahre laufe.

 

Dem hält Frau Mollenhauer entgegen, dass von festen Erbpachtzinsen in der heutigen Zeit keine Rede mehr sei, da der Zins gekoppelt sei an den Lebenshaltungskostenindex.

 

Nach weiterer Diskussion stellt Herr Tauber fest, dass hier mit Mutmaßungen operiert werde und Herr Wilkens nichts Greifbares gegen die Argumentation der SPD-Fraktion in der Hand habe. Die Zeit sei nicht ausreichend gewesen und deshalb bleibe die SPD-Fraktion bei ihrer Entscheidung.


Stimmabgabe: 4 Ja-Stimmen, 19 Nein-Stimmen