Beschlussvorschlag für den Stadtentwicklungs- und Bauausschuss:

Die Verwaltung wird beauftragt, bis zum 22. Juni 2009 einen Runden Tisch mit allen Beteiligten und Betroffenen einzuberufen, um den Weg der Bauleitplanung zu erörtern.


Zu diesem Tagesordnungspunkt wird Herr Michael Ahn vom Planungsbüro Wolters & Partner, Coesfeld, begrüßt.

 

Der Vortrag des Herrn Ahn über Steuerungsmöglichkeiten von gewerblichen Tierhaltungsbetriebene ist dieser Niederschrift als Anlage 1 beigefügt.

 

Herr Schulze Esking konstatiert, dass es sich um ein kompliziertes und rechtlich schwieriges Thema handele. Herr Ahn habe ausgeführt, dass die Entwicklung eines einfachen Bebauungsplanes evtl. ein Weg wäre, um die Ansiedlung von Tierhaltungsbetrieben zu steuern. Hierfür müssten die Hofflächen einzeln betrachtet und überplant werden; daraus folge, dass Gespräche mit den Landwirten geführt werden müssen. Im Zuge des erheblichen Strukturwandels in der Landwirtschaft hätten viele Landwirte ihre Höfe verpachtet. Hieraus ergebe sich die Frage, ob nur die Vollerwerbsbetriebe bei der Planung berücksichtigt werden.

 

Herr Ahn führt aus, dass es nicht um jedes einzelne landwirtschaftliche Gebäude gehe. Wo die Grenze zu ziehen sei, wisse er aber auch noch nicht. Es gehe um Massentierhaltungsanlagen, die zum Hof passen müssten. Das wäre der erste Grobfilter. Enge planerische Regelungen wären gut, je weiter man diese aufweiche, umso mehr öffne man Tore und wecke Begehrlichkeiten. Das sei aber bei jedem Bebauungsplan so und hänge immer vom Planungsprozess ab. Aber mit einer Planung greife man in das Eigentum ein und hierfür müsse man gute Argumente haben. Das funktioniere nur im Dialog. Die Daumenschrauben müssten so eng wie möglich angedreht werden und das sehe er als großes Problem an. Wenn die Stadt Billerbeck als erste Stadt Flächen für Intensivtierhaltung ausweise, dann ziehe das wie bei der Windenergie auch andere an.

 

Es sei davon auszugehen, so Herr Schulze Esking, dass die Landwirte selbst großes Interesse an einer Bebauungsplanmöglichkeit hätten, um ihre Entwicklungsmöglichkeiten zu sichern. Jeder Landwirt werde sehen, dass er ausreichend große Flächen bekomme und auch sein Nachfolger noch Möglichkeiten habe. Das zu verhindern, sei schwierig.

Und wenn die von Herrn Ahn als Kriterium genannten Großvieheinheiten so niedrig angesetzt würden, dass sich ein Stall wirtschaftlich nicht rechne, dann handele es sich um eine Verhinderungsplanung.

 

Herr Ahn stellt richtig, dass mit den Großvieheinheiten versucht werden könne, eine bestimmte Grenze zu ziehen, so dass der Bebauungsplan ab einer bestimmten Anzahl von Tieren wirke. Alles, was darunter liege, wäre von der Regelung nicht betroffen.

 

Herr Schlieker erkundigt sich, ob die Verhältnisse aus Niedersachsen auch in Nordrhein-Westfalen 1 : 1 umgesetzt werden können oder ob evtl. Landesgesetze dem entgegen stünden.

 

Herr Ahn führt aus, dass die Landesbauordnungen beider Länder nur leicht unterschiedlich seien. In Niedersachsen sei die Motivation aber eine andere, hier  hätten sich die Landwirte zusammen getan, um ausländische Investoren zu verhindern.

 

Herr Fliß führt an, dass es privilegierte und gewerbliche landwirtschaftliche Betriebe gebe. Eigentümer gewerblicher Betriebe seien für ihn aber keine Landwirte, sondern Gewerbetreibende, die sich der Massentierhaltung widmeten. Hiermit müsse man anders umgehen als mit privilegierten Landwirten. Mit zu großzügigen Regelungen in einem einfachen Bebauungsplan werde jedem Landwirt die Möglichkeit gegeben, gewerblich zu werden. Das würde dem Sinn entgegen stehen.

 

Die Möglichkeit, dass Landwirte gewerblich tätig werden können, bestehe bereits heute, so Herr Ahn. Mit einem Bebauungsplan könne versucht werden, räumlich steuernd einzugreifen, um zu erreichen, dass Tierhaltungsanlagen nach Möglichkeit nur an den Höfen entstehen und nur in Ausnahmefällen an Alternativstandorten. Hiermit steuere man auch nur die großen Anlagen, wobei lt. einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes  nicht zwischen gewerblichen und nichtgewerblichen Anlagen unterschieden werden dürfe.

 

Herr Ueding wirft die Frage auf, wie während der Planungszeit mit eingehenden Anträgen umgegangen werde.

 

Erst wenn die Ziele der Planung formuliert und ein Aufstellungsbeschluss gefasst werde, könne eine Veränderungssperre erlassen werden, so Herr Ahn. Hierfür rechne er mit einem halben Jahr. Wenn die Planung positiv ende, sei die Veränderungssperre gut. Wenn der Plan aber scheitere, könnten Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden.

 

Herr Schulze Esking greift die Aussage von Herrn Fliß auf, dass Landwirte, die gewerbliche Tierhaltung betreiben für ihn keine Landwirte seien und entgegnet, dass oftmals aus steuerlichen Gründen Betriebe ausgelagert würden oder die ha-Zahl nicht ausreichend sei.

Außerdem störe ihn der von Herrn Ahn verwandte Begriff und negativ besetzte Begriff „Massentierhaltung“. Hier sollte von „Intensivtierhaltung“ gesprochen werden.

 

Herr Schlieker stellt fest, dass es jetzt schon so sei, dass nicht nur Landwirte gewerbliche Intensivtierhaltung betreiben können, sondern jedem Investor Tür und Tor geöffnet seien.

Herr Ahn weist darauf hin, dass es sich schon um Landwirte handeln müsse.

 

Frau Besecke befragt Herrn Ahn, inwieweit Immissionskonflikte zwischen den Höfen zu untersuchen wären und ob ggf. gutachtliche Stellungnahmen eingeholt werden müssen.

 

Herrn Ahn bestätigt, dass gutachtliche Prüfungen erforderlich seien. Hierfür rechne er mit ca. 1.000,-- € pro Hof.

 

Herr Schlieker bezieht sich auf die Aussage des Herrn Ahn, dass im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei und erkundigt sich, was diese erforderlich mache und warum sie so intensiv und aufwendig sei.

 

Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei allgemein sehr aufwendig geworden, so Herr Ahn. Je mehr Fläche überplant werde, desto aufwendiger werde sie.

 

Es sei gesagt worden, so Herr Wiesmann, dass man auf die Regionalplanung nicht warten könne. Der Regionalrat habe sich aber doch mit dem Thema befasst. Er fragt nach, ob es abwegig sei, dass von der Seite etwas passiere.

 

Herr Ahn sieht das als völlig offen an. Windenergieanlagen seien z. B. nur in einem Regionalplan geregelt worden, woanders  nicht.

 

Herr Wiesmann merkt an, dass aber die Regelung im Regionalplan für die Aufstellung eines Bebauungsplanes hilfreich gewesen sei.

 

Er könne aus Erfahrung sagen, dass dies ausgesprochen hilfreich gewesen sei, so Herr Ahn. Eine Unterstützung durch die Regionalplanung wäre toll, eine Unterstützung durch den Bundesgesetzgeber wäre optimal und eigentlich längst überfällig.

 

Herr Wichmann zieht den Schluss, dass die Stadt Billerbeck Vorreiter wäre, wenn sie ein Verfahren in Gang setze. Andere Kommunen würden dann doch abwarten, wie dies ausgehe. Um das Risiko zu minimieren, wäre es doch sinnvoller, auf eine Aussage des Regionalrates zu warten, auch wenn keine Entscheidung erwartet werden könne, aber zumindest doch eine Empfehlung.

 

Frau Relt gibt zu bedenken, dass lt. Herrn Ahn Kosten im 6-stelligen Bereich anfallen würden und man erst dann so weit sei, um entscheiden zu können was man wolle

 

Hierzu stellt Herr Ahn richtig, dass als erstes die Potentialflächensuche erfolgen müsse, dabei seien Kosten in Höhe von 10.000,-- bis 15.000,-- € anzusetzen. Erst danach könne der Aufstellungsbeschluss gefasst und eine Veränderungssperre erlassen werden. Nach der Potentialflächensuche könne man sagen wie viel Prozent des Gemeindegebietes einbezogen werden und wo man tiefer in die Diskussion einsteigen müsse. Danach könne man den Folgeaufwand abschätzen, der ca. im 6-stelligen Bereich liegen werde.  

 

Herr Wiesmann erkundigt sich, wer bei der Potentialflächensuche beteiligt werde und wie man sich das vorstellen müsse.

 

Herr Ahn legt dar, dass voraussichtlich ein Planungsbüro mit der Ermittlung und Einschätzung der Raumgegebenheiten beauftragt werde. Dann werde am Runden Tisch festgelegt, wo Intensivtierhaltungsanlagen entstehen können, wo nicht und wo Grenzbereiche seien. Danach sei der Kreisveterinär einzubinden, der erste grobe Immissionsüberlegungen anstelle. Diese Vorplanung sei ausreichend für einen Aufstellungsbeschluss. Er rechne mit einem halben Jahr.

 

Herr Schulze Esking erkundigt sich, ob auch Hofstellen untersucht würden, die im Naturschutzgebiet lägen. Bisher sei immer darauf geachtet worden, dass auch diese Höfe Entwicklungsmöglichkeiten haben.

In der Vorplanung werde die Frage geprüft, ob an den Hofstellen so viel Platz vorhanden ist, dass ein großer Stall untergebracht werden kann, so Herr Ahn.

 

Herr Schulze Esking macht deutlich, dass die CDU-Fraktion mit der Bürgerinitiative übereinstimme, dass man hier die Auswüchse wie in Niedersachsen nicht haben wolle. Daraus ergebe sich die Frage, welchen Weg man gehe, um diese hier zu verhindern. Weiter wirft er die Frage auf, ob noch mit weiteren Anträgen zur Errichtung von Intensivtierhaltungsanlagen gerechnet werden müsse und sich der Aufwand überhaupt lohne, der betrieben werden müsse. Des Weiteren müsste geprüft werden, welche Möglichkeiten es gebe, den Einzelfall zu händeln. Auf jeden Fall sollte die Sitzung des Regionalrates im Juni abgewartet werden.

 

Angenommen der Regionalrat komme einer Überplanung nach, so Herr Ahn, bedeute das nichts anderes als dass die Bezirksplanungsbehörde einen Arbeitsauftrag erhalte und dann sei man ein Jahr weiter. Außerdem ändere das nichts an der momentanen Antragssituation.

 

Herr Schlieker kann sich nicht damit anfreunden, die Sitzung des Regionalrates abzuwarten. Hierauf wolle er sich nicht verlassen. Man müsse in Billerbeck anfangen, die eigenen Dinge zu regeln. Ihm gehe es darum, ein Instrument für alle Tierhaltungsbetriebe und nicht nur für die Hähnchen zu entwickeln. Er sehe hierfür außerhalb der Bauleitplanung keine gesetzlichen Möglichkeiten.

 

Herr Fliß merkt an, dass ein Bebauungsplan ja keine Verhinderungsplanung sein dürfe, sondern eine positive Betrachtung voraussetze. Er schließe sich Herrn Schlieker an, dass ein Bebauungsplan der einzige Weg ist, um überhaupt steuern zu können.

 

Wenn man diesen Schritt gehe, veränderten sich die planungsrechtlichen Möglichkeiten im Außenbereich radikal, so Herr Ahn. Die Möglichkeiten der Landwirtschaft würden neu gesteuert. Es sei ärgerlich, dass bei solch tiefgreifenden Entscheidungen der Bundesgesetzgeber nicht eingreife. Es sei ja auch denkbar, dass hier eine Bauleitplanung betrieben werde und der Gesetzgeber irgendwann zu dem Schluss komme, dass er die Möglichkeiten der Landwirtschaft für eine Intensivtierhaltung nicht eingrenzen wolle.

 

Frau Dirks konstatiert, dass Herr Ahn in seinem Vortrag die in den Diskussionen der letzten Monaten hier geäußerten Bedenken und Risiken bestätigt habe. Weiter habe er deutlich gemacht, dass der Außenbereich nicht überplant werden könne, ohne die Landwirte ins Boot zu holen. Also müssten die Landwirte beteiligt werden und dann werde es zu Konfrontationen kommen. Eine Rechtssicherheit werde man so nicht hin bekommen.

 

Herr Ahn wirft ein, dass man ja auch noch nicht versucht habe miteinander zu reden.

 

Herr Ueding stellt den Antrag, zunächst die Sitzung des Regionalrates am 22. Juni 2009 abzuwarten und erst danach zu entscheiden.

 

Herr Schlieker stellt den weitergehenden Antrag, nicht abzuwarten, sondern die Zeit zu nutzen und die Potentialflächensuche in Angriff zu nehmen. Wenn man bis zum 22. Juni 2009 warte, könne man auch bis nach den Sommerferien warten bis sich was tue.

 

Man dürfe nicht verhehlen, dass das Thema in den Ausschüssen und in der Bürgerschaft mit einem erheblichen Interessenskonfliktpotential behaftet ist, so Herr Fliß. Deshalb wäre es nicht förderlich, mit gegensätzlichen Anträgen zu arbeiten, man sollte einen Konsens finden.

Auf seinen Antrag hin wird die Sitzung von 19.25 – 19:30 Uhr unterbrochen.

 

Nach Wiederaufnahme der Sitzung legt Herr Fliß dar, dass die Mitglieder der SPD-Fraktion sich dafür aussprechen, dass der Bezirksausschuss heute keinen Beschluss fasst, damit das Thema weiter beraten werden kann, zumal im Anschluss der Stadtentwicklungs- und Bauausschuss sich mit dem gleichen Thema beschäftige.

 

Daraufhin zieht Herr Ueding seinen Antrag zurück.

 

Herr Schulze Esking macht deutlich, dass nicht unbedingt ein Beschluss gefasst werden müsse, er aber vorschlage, bis zur Sitzung des Regionalrates am 22. Juni 2009 einen Runden Tisch mit Vertretern der Landwirtschaft und allen anderen Betroffenen einzuberufen, um die Idee, Bebauungspläne aufzustellen zu diskutieren. Er halte einen Konsens auch für besser als gegeneinander zu arbeiten.

 

Herr Schlieker schließt sich diesem Vorschlag an und zieht seinen Antrag zurück.


Stimmabgabe: einstimmig