Beschluss:

Bevor der IBP ein Stadtwächter-Konzept erarbeitet, wird gemeinsam mit der Verwaltung eine Analyse der jetzigen Situation erfolgen. Die genaue Situationsbeschreibung soll durch den Runden Tisch gegen Gewalt erfolgen, in dessen Arbeit der IBP einbezogen werden soll.


Zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Martin Althoff vom Verein Interkulturelle Begegnungsprojekte (IBP) anwesend.

 

Herr Althoff führt aus, dass die Stör- bzw. Vandalismusfälle in Billerbeck stark von einer subjektiven Bewertung abhingen. Lt. Polizeistatistik resultiere daraus allein keiner oder nur geringer Handlungsbedarf. Aus der Perspektive der Geschädigten sehe das sicherlich anders aus, erst recht wenn diese wiederholt Ziel eines Angriffes geworden sind. Er vermute, dass die Lösung des Problems in der Erarbeitung eines Mittelweges liege. Eine adäquate Bewertung sei ohnehin schwierig, wenn nicht gleichzeitig ein Untersuchungsprojekt angesetzt werde. Grundsätzlich bedürfe es einer eingehenden Analyse in welcher Form dem Phänomen begegnet werden kann. Es wäre nicht gut, es zu vernachlässigen oder gänzlich zu ignorieren.

Bei seinen Nachforschungen nach den Ursachen für wiederholte Vandalismusschäden in Billerbeck und den Schädigern habe er zuerst nicht nur an Jugendliche gedacht, es könnten auch übermütige alkoholisierte Spätheimkehrer sein oder eigens zugereiste Personen. Er wolle sich jedenfalls nicht dazu hinreißen lassen, den Fokus auf eine bestimmte Zielgruppe zu lenken. Den Vorschlag einer Ordnungspartnerschaft halte er für gut.

 

Vor dem Einsatz eines Stadtwächters oder Kümmerers müssten zunächst die Voraussetzungen und Ziele festgelegt werden, damit die Aufgabe adäquat erfüllt werden kann. Dann müssten Einsatzzeiten und – orte festgelegt werden. Aus seiner Sicht dürfte kein polizeilicher Ersatz oder schwarze Sheriffs eingesetzt werden. Der Einsatz von Sicherheitsdiensten sei sicherlich bei großen Veranstaltungen sinnvoll, werde aber kaum dazu führen, Vandalismus in Billerbeck zu verhindern. Helfen würde dagegen eine erhöhte Präsenz im Stadtbild. Diese Präsenz müsste zu den Zeiten erfolgen, in denen Menschen geneigt sind, Dummheiten zu begehen, die ihnen vielleicht sogar am nächsten Tag leid tun. Eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen liege in einem funktionierenden Kooperationsnetz, auch mit der Jugendarbeit. Es gehe auf der einen Seite darum, Grenzen zu setzen, aber auf der anderen Seite auch darum, gleichzeitig die Hand zu reichen und Beziehungen aufzubauen.

 

An Herrn Handwerk gewandt weist Herr Althoff darauf hin, dass Arbeit allein noch nicht zu einem besseren Benehmen führe. Das Problem müsse ganzheitlich gesehen und auch ganzheitlich gelöst werden. Der Einsatz eines Stadtwächters könne ein Teil davon sein. Dabei könne der Stadtwächter nicht den Auftrag haben, die Leute weg zu fangen. Ein Stadtwächter müsse für alle erkennbar sein und auch tagsüber im Stadtbild präsent sein, damit den Bürgern klar werde, dass dieser helfe und Gutes tue für Billerbeck. Es müsse signalisiert werden, dass Vandalismus nicht akzeptiert wird und Schäden reguliert werden müssen. Letztlich benötige ein solches Projekt Zeit bis es in der Öffentlichkeit bekannt ist und schließlich akzeptiert wird.

Die zentrale Botschaft müsse lauten, dass die Schädiger dazu gehören und etwas getan werden soll, damit sie anders mit ihrem Umfeld umgehen.

 

Zu den Kosten führt Herr Althoff aus, dass er kein komplettes Kostenkorsett entwickelt habe. Hier werde entschieden was gewollt ist. Er benötige eine Analyse, zu welchen Zeiten und wie häufig ein Stadtwächter eingesetzt werden soll. Für 10.000,-- €/Jahr könnte ein Stadtwächter 85 Stunden im Monat im Einsatz sein. Dem Stundensatz liege der Tarif für das Sicherheitsgewerbe zugrunde. In früheren Gesprächen habe er eine potentielle Förderung aus dem Bundesprogramm Jobperspektive ins Spiel gebracht. Dieses Projekt gebe es noch, sei aber leider aufgrund der Konjunkturkrise gedeckelt worden.

Herr Althoff schlägt abschließend vor, zuerst den Rahmen einer Ordnungspartnerschaft zu untersuchen und dann Details festzulegen.

 

Herr Schulze Thier merkt an, dass sich die Vorträge des Herrn Böing und Herrn Althoff ergänzten. Herr Böing habe die Aufgabe, Vertrauen zu den Jugendlichen aufzubauen, bewusst ohne Grenzen zu setzen. In dem zweiten Schritt, den Herr Althoff aufgezeigt habe, würden bewusst Grenzen gesetzt.

 

Herr Handwerk ist wie Herr Schulze Thier der Meinung, dass eine Verknüpfung verschiedener Ansatzpunkte und damit ein Netzwerk angestrebt werden sollte.

 

Herr Walbaum weist Herrn Althoff darauf hin, dass er nichts darüber gesagt habe, welche der vom IBP betreuten Personen für den Einsatz als Stadtwächter in Frage kommen, welche Ausbildung hierfür erforderlich ist und welches Fingerspitzengefühl sie mitbringen müssen. Außerdem sehe der CDU-Fraktionsantrag vor, dass der Mitarbeiter für die offene Jugendarbeit in die Netzwerkarbeit einbezogen werden soll. Er glaube aber, dass das von Herrn Böing aufgebaute zarte Pflänzchen zerstört wird, wenn jemand wie ein Kalfaktor durch die Stadt laufe.

 

Herr Althoff entgegnet, dass er nie von einem Kalfaktor gesprochen habe und das auch nicht der Ansatz des Projektes sei. Vielmehr gehe es darum, Präsenz an bestimmten Orten zu zeigen. Gewalt u. a. seien immer heimliche Phänomene. Durch die Herstellung von Öffentlichkeit könnte dem entgegen gewirkt werden. Dem Einsatz eines schwarzen Sheriffs würde er nie zustimmen. Auch gehe es nicht darum, dass IBP-Mitarbeiter die Arbeit von Herrn Böing übernehmen sollen. Wenn es zu einem gemeinsamen Projekt komme, werde er sich Gedanken machen, wer ausgebildet werden könne. Die Klientel dafür sei beim IBP vorhanden.

 

Herr Fehmer macht deutlich, dass der CDU-Antrag zum Aufbau einer Ordnungspartnerschaft eine Ergänzung zu dem heute bereits Vorhandenen sein soll, auch zu der Jugendarbeit durch Herrn Böing. Er könne sich Herrn Althoff voll anschließen, dass Schädiger erfahren müssen, dass sie mit Konsequenzen zu rechnen haben. Er wolle aber wissen, ob es sinnvoll ist, eine Person oder besser zwei Personen einzusetzen.

 

Herr Althoff antwortet, dass auf jeden Fall zwei Personen eingesetzt werden sollten, damit die Stadtwächter nicht selbst Ziel möglicher Gewalt werden. Geeignete Personen würden vom IBP ausgebildet, dabei würde ihnen vermittelt, dass sie durch ihre Anwesenheit präventiv wirken sollen, aber nicht den Auftrag haben, etwas zu verhindern.

 

Frau Ebel bezeichnet den CDU-Antrag als hochgefährlich. Sie wolle keine schwarzen Sheriffs. Für die Jugendlichen sei das aber ein Signal in diese Richtung. Vandalismus müsse man ernst nehmen. Jetzt werde aber über etwas diskutiert, wofür es noch keine Analyse gebe. Diese müsse zunächst sensibel erstellt werden. Öffentlichkeit könne man auch durch die Bürger herstellen. Sie sollten ermutigt werden, bei entsprechenden Beobachtungen anzurufen. Ein solches Netz wäre engmaschiger als ein oder zwei Stadtwächter. Die Jugendlichen würden Stadtwächter als Druck empfinden und Druck erzeuge bekanntlich Gegendruck.

 

Herr Spengler informiert, dass lt. Polizei-Statistik 2/3 der Vandalismusschäden von Erwachsenen verursacht werden. Im Übrigen betreue der IBP nach seinem Kenntnisstand Personen aus der Alkohol- und Drogenszene. Diese Personen sollten im Hinblick auf den Selbstschutz nicht als Stadtwächter eingesetzt werden.

 

Herr Kortmann kann sich eine Zusammenarbeit mit dem IBP gut vorstellen. Es gehe um Prävention im Sinne einer guten Seele für die Stadt. Gemeinsam sollte ein Konzept erarbeitet werden.

 

Herr Walbaum stellt heraus, dass keine Ordnungspartnerschaft mit den Jugendlichen angedacht sei, diese beziehe sich auf die Polizei und das Ordnungsamt. Es gebe aber auch den Weg, den Herr Böing aufgezeigt habe. Er glaube, dass Herr Böing es sogar besser schaffe, Vandalismus einzuschränken.

 

Herr Kleideiter stellt heraus, dass Präsenz von Dritten diejenigen hemme, die etwas anstellen wollen. Herr Althoff habe deutlich gesagt, dass die Personen nicht eingreifen sollen.

 

Frau Dirks weist darauf hin, dass die Polizei eine Ordnungspartnerschaft abgelehnt habe. Nichts desto trotz gebe es eine informelle Ordnungspartnerschaft und die Zusammenarbeit klappe hervorragend. Die Gefahr bei der jetzigen Diskussion bestehe darin, dass der Eindruck erweckt werde, Billerbeck wäre eine Stadt mit einem ernsthaften Vandalismusproblem. Dabei sei das Problem hier nicht mehr oder weniger vorhanden als in anderen Städten auch. Sie glaube nicht, dass eine Präsenz von IBP-Mitarbeitern zum Erfolg führen werde. Das Stadtgebiet sei groß. Der runde Tisch gegen Gewalt habe gemeinsame Streifen der Polizei und des Ordnungsamtes und zudem den Einsatz von Sicherheitsdiensten bei großen Veranstaltungen vereinbart. Damit habe man gute Erfahrungen gemacht. Vandalismus könne man nicht verhindern, ohne einzuschreiten. Man könne nicht daneben stehen  und zusehen. Außerdem sei der Selbstschutz der Stadtwächter zu beachten. Wenn man jemanden auf die Straße schicke, müsse das nach Mitternacht geschehen, weil dann unter Alkoholeinfluss Unsinn gemacht werde. Damit müsste ein Stadtwächter dann fertig werden. Seitens der Polizei seien deutliche Bedenken geäußert worden. Die Polizei habe ihr davon abgeraten, Mitarbeiter, die zwar eine bestimmte Qualifikation haben auf die Straße zu schicken. Dennoch könne man sich über eine Konzeption mit einem Stadtwächter unterhalten, nur müsse man überlegen, was damit erreicht werde.

 

Herr Messing erläutert, dass Mitarbeiter des Ordnungsamtes nachts vor Ort seien. Es gebe bestimmte Grenzen. Bei bestimmten Veranstaltungen müssten Sicherheitsdienste eingesetzt werden. Allein mit einer Präsenz von Mitarbeitern des IBP sei es nicht getan, im Notfall und bei einer Straftat sei ein Einschreiten erforderlich. Sicherlich werde auch eine gewisse Präsenz etwas bringen, das könne aber nur ein Baustein sein. Diese Abgrenzung müsse klar herausgearbeitet werden. Ihm sei noch nicht klar, wie weit die Mitarbeiter des IBP tatsächlich Personen ansprechen.

 

Selbstverständlich würden die IBP-Mitarbeiter nicht nur beobachten und gar nichts sagen, so Herr Althoff. Er habe darauf hingewiesen, dass die Mitarbeiter in der Öffentlichkeit bekannt werden müssten und deshalb auch tagsüber sichtbar sein müssten. Dazu gehöre auch, dass sie mit den Bürgern reden.

Außerdem macht er deutlich, dass dies kein Auftrag wäre, wovon der IBP profitieren könne, denn er könne keinen Erfolg garantieren. Er rate dazu, zunächst eine Analyse zu erstellen.

 

Frau Nattler sieht in einem Stadtwächter einen zusätzlichen Baustein. Es wäre gut, wenn neben Herrn Böing jemand, der keine Uniform trägt, präsent ist und sich darum kümmert, dass keine Vandalismusschäden passieren. Der Erstellung einer Analyse könne sie gut zustimmen.

 

Herr Schulze Thier stellt heraus, dass  man in Billerbeck froh sein könne, den IBP zu haben. Dieser habe sich mittlerweile einen guten Ruf verschafft, jeder wisse die gute Arbeit zu schätzen. Wenn IBP-Mitarbeiter als Stadtwächter eingesetzt würden, würde dies sicherlich auch positiv gesehen.

 

Herr Spengler betont, dass er die Arbeit des IBP ebenfalls sehr schätze. Er befürchte aber, dass IBP-Mitarbeiter, die als Stadtwächter eingesetzt werden, kaputt gemacht werden. Es könne doch nicht sein, dass diese Personen, die sozial wieder eingegliedert werden sollen, helfen sollen gegen Vandalismus vorzugehen.

Im Übrigen gebe es keine Ordnungspartnerschaft, weil die Polizei diese nicht als notwendig ansehe. Im letzten runden Tisch seien gemeinsame Streifen von Polizei und Ordnungsamt vereinbart worden, er habe aber noch keine gemeinsame Streife gesehen.

 

Herr Messing bestätigt, dass es diese noch nicht gegeben habe, weil bei der Polizei keine Kapazitäten vorhanden seien.

 

Herr Spengler regt an, wie von Herrn Althoff vorgeschlagen, zuerst eine Analyse zu erarbeiten und dann weiter zu sehen.

 

Frau Ebel appelliert, Vertrauen in die bislang aufgebauten Kräfte zu setzen und dem was man hat, mehr zu vertrauen. Herr Althoff höre sich an wie ein guter Berater, dieses Potential sollte genutzt werden. Eine Analyse sollte erstellt werden, aber keine Ordnungspartnerschaft eingegangen werden, um keinen falschen Zungenschlag hinein zu bekommen. Außerdem müsse u. a. das Jugendamt beteiligt werden, man könne nicht allein anfangen zu überlegen wie man Recht und Ordnung sicherstelle. Das müsse in einem größeren Zusammenhang gesehen werden.

 

Herr Messing hält es für zwingend erforderlich, Herrn Althoff in den runden Tisch gegen Gewalt zu integrieren. Herr Althoff sollte dort sein Konzept vorstellen.

 

Herr Handwerk stellt heraus, dass die hier diskutierte Sache es verdiene analysiert zu werden. Er appelliere an die CDU-Fraktion ihren Antrag nicht mit ihrer Mehrheit durchzudrücken, sondern zunächst die Erstellung einer Analyse abzuwarten.

 

Herr Fehmer erklärt, dass er für die Erstellung einer Analyse sei, aber mit der Zielvorgabe, die von Herrn Althoff formulierten Aktivitäten umzusetzen und Herrn Althoff  in den Runden Tisch zu integrieren. Er wolle ein klares Zeichen setzen, weil es notwendig ist, präventiv tätig zu werden. Dies sehe er als  Antrag, außerdem stelle er den Antrag auf Abstimmung.

 


Stimmabgabe: 5 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen.