Beschlussvorschlag für den Rat:

Grundsatzbeschluss:

Im Zuge der Entscheidung über die handelsrechtliche Gewinnverwendung ab 2010 wird beschlossen, den Gewinn bis zur Höhe von 240.000,00 EUR insgesamt für die Jahre 2011 bis 2013 dem städtischen Haushalt zuzuführen.

 

Dieser Beschluss wird Inhalt einer „vertraglichen“ Vereinbarung zwischen dem Abwasserbetrieb und dem Kernhaushalt der Stadt Billerbeck.


Frau Dirks führt aus, dass im Rahmen der Haushaltsplanberatungen zunächst nach Möglichkeiten gesucht worden sei, ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept aufzustellen und später ein Haushaltssicherungskonzept komplett zu vermeiden. Um dies zu ermöglichen, sei die Abführung des Überschusses des Abwasserbetriebes an den städt. Haushalt vorgeschlagen worden. Ursprünglich sei von einem jährlichen Betrag in Höhe von 200.000,-- € ausgegangen worden. Nach nochmaligen Überlegungen und Berechnungen, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in der langfristigen Finanzplanung durchaus finanzielle Verbesserungen möglich sind, werde sich aber dennoch in den Jahren 2011 – 2013 voraussichtlich eine Finanzierungslücke von 240.000,-- € ergeben. Deshalb werde jetzt vorgeschlagen, zweimalig jeweils 120.000,-- € des handelsrechtlichen Gewinnes des Abwasserbetriebes dem städt. Haushalt zuzuführen.

 

Zur Begründung, warum er als Betriebsleiter den Beschlussvorschlag mittrage, erklärt Herr Hein, dass er durchaus die Nöte des Kämmerers sehe und ein Haushaltssicherungskonzept ansonsten nicht zu vermeiden sei. Allerdings sei es auch seine Pflicht darauf hinzuweisen, dass weder vor Schaffung des Eigenbetriebes noch später jemals allgemeine Haushaltsmittel dem Bereich Abwasserbeseitigung zugeführt wurden.

 

Herr Wiesmann wirft ein, dass er ein Problem damit habe, dem Beschlussvorschlag zu folgen. Für ihn stelle sich die Gerechtigkeitsfrage. Der Abwasserbetrieb werde aus den Gebühren der Anschlussnehmer im Ort getragen. Wenn jetzt der Überschuss des Abwasserwerkes dem städt. Haushalt zugeführt werde, hätten hierdurch auch die Bürger im Außenbereich Vorteile, obwohl sie nie Abwassergebühren gezahlt haben.

 

Das sei grundsätzlich richtig, so Frau Dirks. Auf der anderen Seite müsse man aber die Gesamtfinanzlage der Stadt sehen. Eine Alternative wäre, die Steuern zu erhöhen, um Einnahmen zu generieren. Da aber nicht alle Bürger z. B. die Grundsteuer A zahlten, wäre auch das ungerecht. Andere Alternativen habe die Verwaltung im Haushalt nicht gesehen.

 

Herr Spengler wundert sich darüber, dass in der Verwaltungsvorlage von anderen Beträgen und Zeiträumen die Rede sei als Frau Dirks vorgetragen habe. Unter dem vorhergehenden Tagesordnungspunkt habe man gehört, welche Investitionen zur Sanierung des Kanalnetzes nötig sind. Den Bürgern sei doch nicht verständlich zu machen, dass jetzt der Überschuss des Abwasserbetriebes verwandt werden soll, um Löcher im städt. Haushalt zu stopfen und dann u. U. im nächsten Jahr die Abwassergebühren erhöht werden. Der Abwasserbetrieb sei gegründet worden, gerade damit die Gewinne nicht in den städt. Haushalt fließen. Außerdem wisse er heute nicht, wie der städt. Haushalt aussehe. Der HFA tage erst in der nächsten Woche, vielleicht gebe es dann schon wieder andere Zahlen. Er werde dem Beschlussvorschlag nicht zustimmen.

 

Herr Melzner weist darauf hin, dass sich die Zahlen zum Haushaltsplan natürlich ständig änderten. Wenn hier über die Gewinnverwendung entschieden werde, gehe es um den Abschluss nach HGB, der mit dem nach NKF zu vergleichen sei. Zusätzlich werde über die Nachkalkulation nach KAG entschieden, die den Gebührenzahler direkt betreffe. Der Unterschied liege im System. Wenn die Kreisumlage nach KAG abgerechnet würde, müssten die Städte und Gemeinden jährlich 8 Mio € mehr an den Kreis abführen.

Im Übrigen würden nach jetziger Konstellation 240.000,-- € für den städt. Haushalt benötigt. Hierauf habe man sich gegenseitig geeinigt und dies sei auch Gegenstand des Beschlussvorschlages. Er bitte doch sehr darum, auf diesen Vorschlag einzugehen, weil der Konzern Stadt zu 12% aus Abwasser und zu 88% aus Schule, Kindergärten, Straßen etc. bestehe. Auch gegenüber diesen Bereichen bestehe eine Verpflichtung.

 

Auf weiteren Einwand von Herrn Spengler führt Herr Melzner aus, dass mit der Entnahme des Überschusses dem Eigenbetrieb Liquidität entzogen werden. Das koste im Jahr 9.600,-- € und wirke sich auf die Schmutzwassergebühr mit weniger als 1 Cent/cbm und auf die Niederschlagswassergebühr mit weniger als 0,5 Cent/qm aus. Für den städt. Haushalt ergebe sich aber ein Ertrag in Höhe von 240.000,-- €.

 

Herr Hövener macht deutlich, dass er die Nöte des Kämmerers zwar gut verstehe, es aber um eine prinzipielle Frage gehe, weil die entstehenden Kosten von den Nutzern des Abwasserbetriebes zu tragen sind. Die Kosten sollen aber möglichst verursachergerecht getragen werden. Prinzipiell könne er als Mitglied des Betriebsausschusses der Vorlage nicht zustimmen, auch wenn die Auswirkungen auf die Abwassergebühr nur minimal sind.

 

Herr Hein merkt zu den o. a. Ausführungen des Herrn Melzner, warum sich auf der einen Seite ein handelsrechtlicher Überschuss ergebe und auf der anderen Seite von den Gebührenzahlern etwas nachgefordert werde an, dass sich aufgrund der Passivierung der Kanalanschlussbeiträge systemimmanent ein Überschuss ergebe. Dabei handele es sich um den von den Beitragszahlern (Gebührenzahlern) schon erbrachten Beitrag, der durch die Passivierung erst Überschuss werde.

 

Herr Knüwer stellt heraus, dass die Zuführung des Überschusses des Abwasserbetriebes an den städt. Haushalt ein Abgleiten in die Haushaltssicherung verhindere. Wenn diesem Vorschlag nicht gefolgt würde, müsse man über Steuererhöhungen reden oder nach Einsparungen suchen, die aber wohl kaum noch zu finden sein werden. Nach seiner Auffassung sei die hier aufgemachte Rechnung für die Bürger die schonendste Lösung, denn sie belaste die Gebührenzahler nur marginal. Ansonsten müsse dem Bürger viel mehr in die Tasche gegriffen werden.

 

Herr Schlieker erklärt, dass er in dieser Frage sehr unentschieden sei. Er tendiere aber dazu, dem Beschlussvorschlag zuzustimmen und gibt zu bedenken, dass die Stadt dem Abwasserbetrieb bei Gründung zwar kein Eigenkapital aber doch Grundstücke und Maschinen und Anlagen zur Verfügung gestellt habe, mit dem der Abwasserbetrieb gewirtschaftet habe. Nachvollziehen könne er auch das Argument des Herrn Wiesmann, dass die Bürger des Außenbereiches profitierten, obwohl sie nichts dazu beigetragen haben. Aber jede Medaille habe zwei Seiten, es sei schwierig diese gegeneinander aufzurechnen. Letztendlich müssten die Bürger sowieso zahlen. Hier könne danach entschieden werden, womit den Bürgern weniger weh getan werde. Er tendiere dazu dem Beschlussvorschlag zuzustimmen, weil es der „sanftere Weg“ sei.

 

Herr Dr. Meyring stellt heraus, dass es um eine grundsätzliche Frage gehe und nicht um 240.000,-- €. Der Abwasserbetrieb sei gegründet worden, um Gerechtigkeit zu schaffen. Er sage immer, wehret den Anfängen.

 

Frau Dirks äußert Verständnis dafür, dass die Ausschussmitglieder sich als Vertreter des Abwasserbetriebes sehen. Sie weist aber darauf hin, dass es sich um eine eigenbetriebliche Einrichtung handele, die zu 100% aus dem Vermögen der Stadt und nicht der Anschlussnehmer besteht. Außerdem verträten die Ausschussmitglieder die Stadt und könnten nicht autonom entscheiden. Auch gehe es nicht darum, jedes Jahr den Überschuss des Abwasserbetriebes in den städt. Haushalt zu überführen. Der Rat müsse jedes Jahr neu hierüber entscheiden.

 

Herr Hidding spricht sich gegen eine Zuführung des Überschusses des Abwasserbetriebes an den städt. Haushalt aus, weil die Abwassergebühren schon relativ hoch seien.

 

Herr Knüwer bekundet, dass er gespalten sei. Die meisten Betriebsausschussmitglieder seien auch Ratsmitglieder. Als Mitglied des Betriebsausschusses müsste er den Beschlussvorschlag ablehnen, müsste sich aber bei der Entscheidung im Rat widersprechen.

 

Herr Dr. Köhler betont ebenfalls, dass es um eine grundsätzliche Frage gehe. Weil eine klare Abgrenzung des Abwasserbetriebes gewollt war, sollte dieser Grundsatz auch weiter verfolgt werden.

 

Herr Hövener ist fest davon überzeugt, dass es im städt. Haushaltsplan noch Einsparpotential gibt. Die Not sei für ihn noch nicht so groß, dass er den Grundsatz der klaren Abgrenzung aufgeben wolle.

 

Dem schließt sich Herr Spengler an. Er wiederholt, dass er derzeit keinen Überblick über den Haushaltsplan habe und deshalb dem Beschlussvorschlag nicht folgen werde. Wenn man einmal anfange, den Überschuss an den städt. Haushalt zu übertragen, werde es auch so weiter gehen.

 

Frau Dirks entgegnet, dass der Rat über die Gewinnverwendung jedes Jahr neu entscheide. Derzeit werde das Geld im städt. Haushalt benötigt.

 

Herr Wiesmann merkt zu dem von Herrn Schlieker als sanft bezeichneten Weg an, dass das sicher richtig sei, weil es der unauffälligere Weg sei. Er halte es nicht für gerecht, das Geld der Abwassergebührenzahler dem städt. Haushalt zuzuführen. Wenn der Stadt Geld fehle, müsse eben notfalls ein Haushaltssicherungskonzept erstellt werden.

 

Herr Knüwer schlägt eine Ergänzung des Beschlussvorschlages vor. Es sollte eingefügt werden „soweit der städt. Haushalt dieses Geld zur Abwendung der Haushaltssicherung benötigt“.

Diese Ergänzung wird vom Ausschuss als nicht hilfreich angesehen.

 

Herr Dr. Meyring stellt fest, dass keine neuen Argumente vorgebracht werden und noch der HFA und Rat entscheiden müssen.

 

Herr Melzner appelliert noch einmal an die Ausschussmitglieder dem Beschlussvorschlag zu folgen. Wenn Liquidität an den städt. Haushalt transferiert werden könne, ohne dass es den Bürger etwas koste, dann sollte man das in Anbetracht der Situation tun. Andere Gemeinden gingen da schon ganz andere Wege. In Coesfeld würden in diesem Jahr 900.000,-- € des Eigenbetriebes an den städt. Haushalt abgeführt und Rosendahl habe den Eigenbetrieb wieder integriert. Im Übrigen gehe es hier nicht um Eigenkapital, sondern um Gewinne.

 

Zum Hinweis des Herrn Melzner, dass es um Gewinnverwendung gehe führt Herr Hein aus, dass es aber bei näherer Betrachtung eben keine Verwendung von liquiden Mitteln sei, sondern es gehe um die Kreditaufnahme für die Auskehrung von Überschüssen, die bereits durch Beitragszahler, also immer auch Gebührenzahler, finanziert wurden. Coesfeld und Dülmen vollzögen eine echte Eigenkapitalverzinsung und eben keine reine Gewinnauskehrung. Er gehe davon aus, dass somit in Coesfeld und Dülmen auch im Gegensatz zu Billerbeck Eigenkapital des städt. Haushalts zur Verfügung gestellt wurde, das dort verzinst wird.

Zur Ausführung von Herrn Schlieker, dass die Stadt doch damals auch Anlagevermögen zur Verfügung gestellt habe, weise er darauf hin, dass dieses Anlagevermögen ausschließlich über Beiträge und Gebühren und über Schulden, die der Abwasserbetrieb übernommen habe, finanziert wurde. Kein Cent aus allgemeinen Haushaltsmitteln stecke im Abwasserbetrieb.

 

Der Betriebsausschuss fasst folgenden


Stimmabgabe: 1 Ja-Stimme, 1 Enthaltung, 7 Nein-Stimmen

 

Damit ist der Beschlussvorschlag der Verwaltung abgelehnt.