Beschluss:

Zu dem Vorhaben wird das gemeindliche Einvernehmen nicht erteilt.


Herr Wiesmann erklärt sich für befangen. Er begibt sich in den Zuschauerraum und nimmt an der Beratung und Beschlussfassung dieses Tagesordnungspunktes nicht teil.

 

Frau Besecke erläutert den Sachverhalt unter Bezugnahme auf die Sitzungsvorlage und verweist auf die Vorberatung im Bezirksausschuss und im Stadtentwicklungs- und Bauausschuss.

 

Frau Rawe fragt mehrmals kritisch nach, warum in der Sitzungsvorlage nicht auf das von den Münsterland-Kreisen in Auftrag gegebene Rechtsgutachten bzgl. des „Löhne-Urteils“ eingegangen werde. Es sei die Pflicht der Verwaltung, den Rat umfassend zu informieren.

 

Frau Besecke führt aus, dass das „Löhne-Urteil“ nach Auskunft des Kreises keine unmittelbare Auswirkung auf die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens habe. Sie werde aber selbstverständlich über das Ergebnis des Rechtsgutachtens berichten, sobald es vorliege. Auch sei es nicht Aufgabe der Verwaltung verschiedene Möglichkeiten zu eruieren, nach denen Vorhaben evtl. unzulässig seien. Die Stadt sei auch nicht Auftraggeber des Gutachtens und der Kreis habe die Verwaltung nicht offiziell darüber informiert, dass er ein Gutachten in Auftrag gegeben habe.

Frau Dirks weist ebenfalls darauf hin, dass die Verwaltung der falsche Adressat sei, Genehmigungsbehörde sei der Kreis Coesfeld. Die Verwaltung könne nicht die Informationspflicht des Kreises übernehmen.

 

Herr Geuking erklärt sich für befangen und begründet dies damit, dass er Kläger sei und nach seiner Auffassung das Verfahren hätte ruhen müssen.

 

Frau Mollenhauer verliest dann folgende Stellungnahme:

„Nach den vorausgegangenen Diskussionen im Bezirks- und Bauausschuss gehe ich davon aus, dass Sie in dieser Ratssitzung das gemeindliche Einvernehmen versagen werden. Und dies – wie auch schon in früheren Sitzungen geschehen – entgegen Ihrer Verpflichtung gem. § 43 GO ausschließlich nach dem Gesetz zu handeln. Dieser Verpflichtung haben Sie sich bei Ihrer Einführung ins Ratsmandat eidesstattlich unterworfen. Wie kann ich es mir als Ratsmitglied anmaßen, einem Antragsteller für ein Bauvorhaben, bei dem sämtliche zur Zeit gültigen gesetzlichen Vorgaben eingehalten sind, die Genehmigung zu versagen, weil meine persönlichen Wertevorstellungen diesem Bauvorhaben nicht entsprechen. Auch vor dem Hintergrund, dass der Kreis in seinem Schreiben vom 10.07.2014 bereits signalisiert hat, dass das Einvernehmen zu erteilen ist, da das Bauvorhaben gem. § 35 BauGB privilegiert ist. Wir können für Ihre Ängste und Sorgen bezüglich Nitrat im Grundwasser und Umweltbelastungen durchaus Verständnis aufbringen; nur sind diese Probleme nicht durch Boykottierung bestehender für jedermann gültigen Gesetze zu lösen. Mit der Versagung schaden Sie einem gesamten Berufsstand. Einem Berufsstand, der u. a. unsere landwirtschaftliche Region entscheidend mitprägt. Wie lange wollen Sie Entscheidungen zurückstellen? Bis die Gesetzgebung so geändert ist, dass Sie Ihren Wertevorstellung entspricht? Rein juristisch würde ich sagen, Sie handeln grob fahrlässig, um nicht zu sagen vorsätzlich.“

 

Herr Knüwer widerspricht dem. Der Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens stünde immer noch entgegen, dass es immer noch keine verlässlichen Tierzahlen für die Stadt und den Kreis gebe. Diese Zahlen seien auch wichtig, um den Status „staatl. anerkannter Erholungsort“ für Billerbeck aufrecht zu erhalten. Irgendwann werde bei der rasanten Zunahme von Stallbauten diese Auszeichnung versagt werden. Aus seiner Sicht sei das ein wichtiger Belang, der der Erteilung des Einvernehmens entgegenstehe.

 

Frau Dirks teilt hierzu mit, dass die Stadt Billerbeck das Prädikat „staatl. anerkannter Erholungsort“ gerade wieder neu bekommen habe. Dafür sei u. a. die Qualität der Luft ausschlaggebend gewesen. In diesem Zusammenhang sei von Tierplatzzahlen nicht die Rede gewesen.

 

Herr Flüchter hält Frau Mollenhauer entgegen, dass man hier zum Wohle der Stadt und aller Bürger sitze und nicht, um irgendwelche Paragraphen einzuhalten.

 

Frau Dirks stellt heraus, dass der Rat die Verwaltung der Gemeinde sei und kein politisches Gremium.

 

Herr Tauber weist bzgl. der von Frau Mollenhauer angesprochenen Verpflichtung der Ratsmitglieder gem. § 43 GO darauf hin, dass sie zum Wohle der Stadt Billerbeck und insbesondere zum Wohle der Bürger zu entscheiden hätten. Alles was Recht sei, müsse nicht Recht sein. Wenn festgestellt werde, dass die Lebensgrundlagen gefährdet seien, dann sehe er sich in der Verantwortung für die nachfolgende Generation.

 

Frau Rawe weist mit Nachdruck den Vorwurf von Frau Mollenhauer zurück, gegen Recht und Gesetz zu handeln. Dass sich geltendes Recht auch verändern könne, mache genau das „Löhne-Urteil“ deutlich.

 

Frau Mollenhauer wiederholt, dass man nach § 43 GO verpflichtet sei, nach Recht und Gesetz und zum Wohle der Bürger zu handeln. Man könne im Leben nicht immer abwarten, bis irgendeine Gesetzgebung geändert werde. Wenn ein Antragsteller alle Vorgaben erfülle, dann könne man ihm nicht sagen, dass aufgrund eines Urteils ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben wurde und das Ergebnis abgewartet werden müsse, weil sich daraus evtl. eine Gesetzesänderung ergeben könne. Im Übrigen sei kein Fall auf einen anderen 1 : 1 übertragbar. Sie seien Vertreter der Bürger und wenn ein Bürger einen Stall beantrage und alle Vorgaben erfülle, dann verstehe sie nicht, dass dies nicht mitgetragen werde. Sie habe Verständnis dafür, dass die SPD und Grünen andere Wertevorstellungen hätten, man müsse aber doch vom Status quo ausgehen. Ansonsten maße man sich etwas an, was gegenüber den Bürgern nicht Recht sei.

 

Herr Schulze Temming hält der Äußerung von Herrn Tauber, „alles was Recht sei, müsse nicht Recht sein“ entgegen, dass man doch nicht wider besseren Wissens gegen das Gesetz entscheiden könne.

 

Wenn festgestellt werde, dass ein Gesetz nicht mehr dem Zeitgefühl entspreche, dann werde es geändert, so Herr Flüchter.

 

Herr Wilkens führt an, dass man nichts Vorsätzliches tue, sondern nach seinem Gewissen entscheide.

 

Herr Dr. Sommer erklärt, dass sich ihm nicht erschließe, warum gegen geltendes Recht verstoßen werde. Die Gesetzesauslegung sei für ihn eine Grauzone.

 

Frau Dirks gibt zu bedenken, dass es hier um das gemeindliche Einvernehmen gehe. Was hier diskutiert werde, betreffe das Genehmigungsverfahren, welches vom Kreis durchgeführt werde.

 

Herr Tauber stellt zum o. a. Einwand von Herrn Schulze Temming richtig, dass er meine, alles was Recht sei, müsse nicht richtig sein. Im Übrigen gehe es hier nicht um die Entscheidung irgendeines Gerichtes, sondern um das Oberverwaltungsgericht.

 

Herr Schulze Temming weist darauf hin, dass in einem Gerichtsurteil immer nur ein Einzelfall betrachtet werde. Der Kreis Coesfeld werde das Urteil sicherlich berücksichtigen. Das sei aber kein Punkt, der für die Stadt von Belang sei. Gegen das Vorhaben des Familienbetriebes lägen keine entgegenstehenden Belange vor.

 

Herr Knüwer meint, dass der Kreis entscheiden solle, ob ein gemeindlicher Belang verletzt werde oder nicht. Nach seiner Meinung sei dies der Fall.

 

Frau Dirks erläutert, dass der Bezirksausschuss dem Stadtentwicklungs- und Bauausschuss vorgeschlagen habe, das gemeindliche Einvernehmen zu erteilen während der Stadtentwicklungs- und Bauausschuss diesem Beschlussvorschlag nicht gefolgt sei. Sodann lässt Frau Dirks über den Beschlussvorschlag des Stadtentwicklungs- und Bauausschusses, das Einvernehmen nicht zu erteilen, abstimmen.

 


Stimmabgabe: 12 Ja-Stimmen, 12 Nein-Stimmen

 

Damit ist der Beschluss abgelehnt und das Einvernehmen gilt als erteilt.