Sachverhalt:
Für
die Unterhaltung der Fließgewässer sind im Billerbecker Stadtgebiet die Wasser-
und Bodenverbände zuständig. Der Aufwand für die Unterhaltung der Fließgewässer,
in welche dieses Wasser entweder direkt oder über den Umweg eines Kanals
gelangt, werden, soweit diese nicht durch eigene Einnahmen oder durch Zuschüsse
gedeckt sind, der Stadt Billerbeck in Rechnung gestellt. Die an die einzelnen
Verbände zu zahlenden Beiträge werden als Gebühr auf die Eigentümer bzw.
Erbbauberechtigten der Grundstücke im Verbandsgebiet umgelegt.
Am
16.07.2016 ist das neue Landeswassergesetz NRW (GV.NRW.2016, S. 559 ff.) in
Kraft getreten. Der Landesgesetzgeber hatte das Ziel, mit der Neuregelung in §
64 LWG NRW die Erhebung der Gewässerunterhaltungsgebühr zu vereinfachen und
mehr Rechtssicherheit zu schaffen, da viele Verwaltungsgerichte in der
Vergangenheit eine Vielzahl von Satzungen auf der Grundlage des alten § 92 Abs.
1 LWG NRW für rechtswidrig erklärt haben. Schon nach alter Rechtslage war eine
Differenzierung zwischen versiegelter und unversiegelter Flächen vorzunehmen
und diejenigen Satzungen, die darauf verzichteten, wurden regelmäßig als
rechtswidrig erklärt. Durch die Gesetzesänderung soll neben der
Rechtssicherheit aber auch ein Anreiz gesetzt werden, Grundstücke nicht
komplett zu versiegeln oder wieder Flächen zu entsiegeln, was hinsichtlich der
Starkregenereignisse zu befürworten ist.
Nach § 64 LWG NRW
können die Gemeinden den ihnen aus der Unterhaltung der Gewässer zweiter
Ordnung und der sonstigen Gewässer entstehenden Aufwand zur Erhaltung und zur
Erreichung eines ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluss sowie die von
ihnen an die Kreise oder Wasserverbände abzuführenden Beträge innerhalb des
Gemeindegebietes als Gebühren nach den §§ 6 und 7 des Kommunalabgabengesetzes
durch Satzung umlegen. Die Gemeinden erheben Abgaben im Rahmen der gesetzlichen
Vorschriften. Reichen sonstige Erträge wie Mieten und Zuschüsse nicht aus, sind
Gebühren und Beiträge zu erheben (Grundsatz der Finanzmittelbeschaffung § 77 GO
NRW), erst danach sind Steuern zu erheben. Aufgrund der Haushaltssituation der
Stadt Billerbeck ist diese gehalten, Wasserverbandsgebühren zu erheben.
Gemäß § 64 LWG
NRW sollen nun die entstehenden Aufwendungen für die Unterhaltung zu 90 Prozent
auf die Eigentümer versiegelter Flächen und zu 10 % auf die übrigen Flächen
entfallen. Dies stellt zunächst eine Vereinfachung dar, denn das OVG hatte in
der Vergangenheit (AZ 9 A 3953/06) ausdrücklich klargestellt, dass auf der
Grundlage des § 92 Abs. 1 Satz 6 LWG NRW a.F. eine Unterscheidung der maßgeblichen
Flächen zur Umlage des Unterhaltungsaufwandes zu erfolgen hat und auch auf eine
„besondere Unterscheidung für Waldflächen“ hingewiesen. Die bloße
Unterscheidung zwischen versiegelter und sonstiger Flächen ist nach § 64 LWG NRW
n.F. somit einfacher gestaltet.
Nach der
geänderten Gesetzeslage muss nun die Summe der versiegelten (z.B. Gebäude-
und Nebengebäudeflächen, Zufahrten/Flächen mit Beton, Asphalt, Schotter, aber
auch Ökopflaster, Terrassen, Kiesflächen) und nicht versiegelten (übrigen)
Fläche (z.B. Acker, Wiese, Weide, Waldflächen, Rasenfläche, Blumenbeete) je
Quadratmeter aufgeteilt nach Wasser- und Bodenverbänden für alle Grundstücke im
Stadtgebiet ermittelt werden.
Bisher wurde
lediglich im Außenbereich der Aufwand, der zur Herstellung des ordnungsgemäßen
Zustandes des Wasserablaufes entstanden ist, grundstücksbezogen umgelegt.
Der Aufwand für
die innerstädtischen Grundstücke i.H.v. von rund 4.000 € wurde dem allgemeinen
Haushalt belastet.
Für die
Berechnung der Niederschlagswassergebühr liegt dem Abwasserbetrieb der Stadt
Billerbeck der relevante Wert der versiegelten und abflusswirksamen Flächen im
kanalisierten (angeschlossenen) Innenstadtbereich vor. Bei der Wasser- und
Bodenverbandsgebühr werden jedoch im Gegensatz zur Niederschlagswassergebühr
alle versiegelten Flächen herangezogen und nicht nur die Flächen, von denen das
Niederschlagswasser abflusswirksam in die öffentliche
Regenwasserkanalisation gelangen kann. Bei der Niederschlagswassergebühr werden
beispielsweise Terrassen- und Kiesflächen, sowie versickerungsfähiges Pflaster
nicht berücksichtigt. Somit können die Flächenangaben, die als Grundlage für
die Niederschlagswassergebühr dienen, nicht verwendet werden.
Die
Niederschlagswassergebühr ist eine Benutzungsgebühr für die tatsächliche Benutzung
der öffentlichen Kanalisation durch die Einleitung von Niederschlagswasser. Bei
der Gewässerunterhaltungsgebühr kommt es nicht auf die Benutzung an. Hier wird
der Aufwand, der entsteht, dass die Stadt ihre Pflicht zur Unterhaltung der
Gewässer wahrnimmt, als Gebühr erhoben.
Zur Ermittlung
der versiegelten und übrigen Flächen (91,36 qkm, rund 10.500 Grundstücke), nach
denen sich die detaillierten Grundstücksflächen, welche als Gebührenmaßstab für
die Wasser- und Bodenverbandsgebühr zu Grunde zu legen sind, stehen aus
Verwaltungssicht zwei Alternativen zur Verfügung:
Alternative A: Datenermittlung mittels Überfliegung
und Fremdvergabe der
Datenauswertung des Stadtgebietes:
Vorteil: - exakte und nachvollziehbare Daten
- geringe zusätzliche
Personalkosten, da Überprüfung der Daten nur
vereinzelt stattfinden muss
Nachteil: - hohe Kosten, die im Jahr der Zahlung
umgelegt werden müssen
Alternative B: Datenermittlung mittels
Selbstauskunft der Grundstückseigentümer:
Vorteil: - Beteiligung der
Eigentümer/Erbbauberechtigte am Erhebungsprozess
Nachteil: - geringe Rücklaufquote, daher höherer
Personalaufwand durch
nochmaliges Anschreiben der Bürger
- Überprüfung der
mitgeteilten Daten durch Abgleich mit den
tatsächlichen Flächen, geringe
Nachvollziehbarkeit
- hohe telefonische und
persönliche Rückfragen (fehlende
Personalressourcen)
Beispiele nach dem neuen LWG NRW:
a)
Innenbereich (Verbandsgebiet Obere Berkel)
Grundstück 1.000 qm, hiervon 400 qm versiegelt, 600 qm Rasen und Blumenbeete:
für
400 qm versiegelte Fläche wird der kalkulierte Gebührensatz gezahlt, in der zu
90% der Gewässerunterhaltungskosten einkalkuliert worden sind
für 600 qm übrige
Fläche wird nur der Gebührensatz angesetzt, in welchem 10% der Kosten
einkalkuliert worden sind.
|
2018 (Jahr der Erfassung der Daten) |
ab 2019 |
|
Alternative A |
Alternative B |
||
Versiegelte
Fläche |
6,57 € |
6,99 € |
3,52 € |
Übrige
Fläche |
0,09 € |
0,10 € |
0,05 € |
Gesamt: |
6,66 € |
7,09 € |
3,57 € |
Bisher wurde
keine Gebühr abgerechnet.
b)
Außenbereich
Hoffläche 27.000 qm, hiervon 6.850 qm versiegelte Fläche, 20.150 qm übrige Fläche,
30 ha Acker
|
2018 (Jahr der Erfassung der Daten) |
ab 2019 |
|
Alternative A |
Alternative B |
||
Versiegelte
Fläche |
124,53 € |
135,15 € |
46,58 € |
Übrige
Fläche |
2,22 € |
2,42 € |
0,81 € |
Übrige
Fläche (Acker) |
33,00 € |
36,00 € |
12,00 € |
Gesamt: |
159,75 € |
173,57 € |
59,39 € |
Bisher wurden
118,70 € an Gebühren abgerechnet.
Die vorhandenen
Daten aus der Überfliegung für das Stadtgebiet datieren aus dem Jahr 2014 sind
damit veraltet. Weiterhin können sie nicht als Grundlage verwendet werden, da
die Aufnahmen aus einem Sommerflug stammen. Die Belaubung verdeckt Flächen. Ein
aktueller Datenbestand ist allerdings Voraussetzung dafür, dass die Gewässerunterhaltungsgebühr
verursachungsgerecht und zugleich rechtmäßig erhoben werden kann. Die Notwendigkeit
zur Verwendung von aktuellen Daten ergibt sich aus dem Urteil des VG Düsseldorf
vom 19.05.2017 AZ 17 K 146/15.
Aus Sicht der
Verwaltung führt nur Alternative A) zu verwendbaren und nachvollziehbaren
Daten. Aufgrund dieser Datenbasis wurde vorsichtig nach einem neu ermittelten
Gebührenkalkulationsmodell kalkuliert. Da die tatsächlichen Flächengrößen für
versiegelte und übrige Flächen nicht vorliegen, handelt es sich vorerst um
Schätzgrößen. Als Basis wurden die Flächenangaben der Wasser- und
Bodenverwände, die mit der Gebietsfläche der Stadt identisch sind und die
Flächenangaben aus der Niederschlagswassergebühr für den Innenbereich zugrunde
gelegt. Danach wurde eine Schätzgröße für die versiegelte und übrige Fläche
ermittelt. In die Gebührenkalkulation fließen jetzt neu auch die Personal- und
Verwaltungskosten in beiden Alternativen ein, die zur Erhebung und
Ersterfassung ins EDV-System anfallen. Dieses wurde durch die Landesgesetzgebung
entsprechend geregelt.
Die umzulegenden
Verbandsbeiträge sind mit den aktuellen Beträgen angesetzt worden.
Der
Sitzungsvorlage beigefügt sind die Gebührenkalkulationen für die Alternative A
und B.
Die
Gebührenveranlagung für das Jahr 2018 wird auf der Basis der jetzt geschätzten
Daten festgesetzt. Eine genaue Spitzabrechnung erfolgt durch Nachkalkulation in
den Folgejahren. Da jedoch ein rückwirkender Satzungserlass rechtlich nicht
zulässig ist, ist gleichwohl ein Satzungsbeschluss in diesem Jahr erforderlich.
Nach in Kraft treten der Satzung zur Umlage der Kosten zur Gewässerunterhaltung
und Genehmigung des Haushaltes 2018 Anfang des gleichen Jahres könnte der
Auftrag an ein Unternehmen vergeben werden.
Die beigefügte
Satzung zur Umlage der Kosten zur Gewässerunterhaltung ist in Anlehnung an die
Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes entsprechend der neuen
gesetzlichen Vorgaben angepasst worden.
Um
Beschlussfassung entsprechend des Vorschlages wird gebeten.
i. A.
Marion Lammers Marion
Dirks
Fachbereichsleiterin Bürgermeisterin
Anlagen:
1. Entwurf der Satzung der Stadt Billerbeck zur Umlage der Kosten der Gewässerunterhaltung gemäß § 64 LWG NRW
2. Entwurf einer Gebührenkalkulation, Alternative A
3. Entwurf einer Gebührenkalkulation, Alternative B