Sachverhalt:
Völlig überraschend für die gesamte
kommunale Welt und der Steuerberater wurde aufgrund verschiedener Verbändemitteilungen
eine neue Gesetzesinitiative der Bundesregierung für eine mögliche Verlängerung
der Anwendung des „alten“ Umsatzsteuerrechts für juristische Personen des
öffentlichen Rechts Mitte November bekannt. Als Begründung für die Verlängerung
wurde die starke Belastung der Kommunen durch den Ukraine-Krieg, der
Energiekrise, der anstehenden Grundsteuerreform und das fehlende fachkundige
Personal angeführt. Die Verlängerung wurde im Rahmen des Jahressteuergesetzes
2022 umgesetzt. Noch Anfang Dezember plädierten einige Bundesländer gegen den
Entwurf des Jahressteuergesetzes, so dass die im Haushalt 2023 verplanten
Ansätze für die Umsatzsteuer und Vorsteuer entsprechend der Umsetzung des § 2b
USTG zum 01.01.2023 nicht geändert wurden. Am 02.12.2022 hat der Deutsche
Bundestag das Jahressteuergesetz 2022 in zweiter und dritter Lesung auf Basis
der Empfehlung des Finanzausschusses beschlossen.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am
16.12.2022 dem Jahressteuergesetz 2022 zugestimmt. Das förmliche Gesetzgebungsverfahren
ist – bis auf die Verkündung im Bundesgesetzesblatt (Verkündung im Januar 2023)
– abgeschlossen.
Dies bedeutet für juristischen Personen des
öffentlichen Rechts, dass das „alte“ Umsatzsteuerrecht durch die öffentliche
Hand noch bis einschließlich 31.12.2024 weiterhin angewendet werden kann. Die
Anwendung des § 2b Umsatzsteuergesetz wird damit „final“ für zwei weitere Jahre
aufgeschoben. Eine wesentliche Auswirkung auf das Planergebnis des Haushaltes
2023 ergibt sich hierdurch nicht. Die Stadt Biller-beck ist weiterhin mit ihren
Betrieben gewerblicher Art (wie z.B. die Produkte Freibad, Mensa, Kultur,
Tourismus) steuerpflichtig. Es wären jedoch eine Mehrzahl steuerpflichtige
Fälle hinzugekommen, die auf privatrechtlicher Grundlage nach dem Gesetzeswortlaut
§ 2b UStG erfolgen (z.B. Verkauf von Standesamtsbücher, Amtsblattverkauf,
Konzessionsabgaben, Kopien im Bürgeramt, Personalgestellung ab der Verrechnung
von 1€ etc., Schlauchreinigung Feuerwehr, Volkshochschule). Die Anwendung des §
2b UStG zum 01.01.2023 hätten damit bei einigen Eingangsrechnungen zu
Kostenerhöhungen um den Wert der Umsatzsteuer geführt, die aber nicht als
Vorsteuer hätte geltend gemacht werden können.
Wie in der bisherigen Übergangsregelung
(„Corona-Steuerhilfegesetz) wird die Weiteranwendung des „alten“
Umsatzsteuerrechts „automatisch“ erfolgen. Ein gesonderter Antrag wie für 2016
ist nicht nötig. Danach richtet sich die Umsatzbesteuerung der
juristischen Person nach körperschaftsteuerlichen Grundsätzen.
Die Weiteranwendung des „alten“
Umsatzsteuerrechts ist sehr zu begrüßen, denn eine Vielzahl der Sachverhalte
ist immer noch nicht abschließend geregelt. So sind seit 2016 immer wieder
Sachverhalte, die als steuerpflichtig angesehen wurden, im Nachhinein durch BMF
Schreiben als nicht steuerbar gedeutet worden (z.B. Leistungen im Friedhof- und
Bestattungswesen (erst mit BMF-Schreiben vom 23.11.2020! endgültig geregelt),
Kopiergeld Schule). Auch legen die Länder Sachverhalte unterschiedlich aus,
obwohl es sich um ein Bundesgesetz handelt, so dass hier eine große
Rechtsunsicherheit besteht. Es bleibt nun zu hoffen, dass die Zeit genutzt wird
und der § 2b UStG praxistauglich vom Gesetzgeber umgesetzt wird (z.B.:
Personalgestellung Stadtverwaltung wird in der GIWo bzw. Netz GmbH eingesetzt,
interkommunale Zusammenarbeit, beides hätte nach aktueller Rechtslage eine
Steuerpflicht ausgelöst). Die Umstellung auf den §2b UStG ist unheimlich groß,
da jede einzelne wirtschaftliche Tätigkeit, das heißt jeder einzelne
Sachverhalt in den 72 Produkten, die wie einzelne Unternehmen gesehen werden
können, sowie des Abwasserbetriebes der Stadt Billerbeck, umsatzsteuerlich
bewertet werden muss. Hinzu kommen Tätigkeiten, die für die zukünftige
Einhaltung der steuerlichen Verpflichtungen notwendig sind (Mitarbeiter für
ihren Fachbereich bzgl. der Umsatzsteuer noch mehr zu sensibilisieren,
Einführung eines Tax-Compliance Systems,
Dienstanweisungen verfassen, Buchhaltungsprogramm in steuerlicher Hinsicht mit
seinen Vorlagen und Verknüpfungen anpassen).
Hoheitliche Sachverhalte unterliegen weiterhin ab 01.01.2025 nicht der Steuerpflicht. D.h. aber auch die bisher umsatzsteuerlich unbeachtlichen Tätigkeiten in der Vermögensverwaltung können ab 01.01.2025 der Umsatzsteuer (soweit diese nicht nach § 4 UStG steuerbefreit sind) unterliegen. Die Stadt gibt jedoch lediglich eine konsolidierte Umsatzsteuererklärung ab. Umsatzsteuervoranmeldungen müssen aber gegebenenfalls bereits monatlich ab 01.01.2025 mit richtigen Werten abgegeben werden, ansonsten könnte es sich um vorsätzliche Steuerhinterziehung/Verkürzung handeln. Der Tatbestand des Vorsatzes ist immer zu vermeiden.
i.A.
Marion Lammers Marion
Dirks
Fachbereichsleiterin Bürgermeisterin