Betreff
Erneute Verschiebung des § 2b UStG für juristische Personen des öffentlichen Rechts
Vorlage
FBF/0645/2023
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                       Beschlussvorschlag für den Rat:

 

- dient der Information -

 


Sachverhalt:

 

Völlig überraschend für die gesamte kommunale Welt und der Steuerberater wurde aufgrund verschiedener Verbändemitteilungen eine neue Gesetzesinitiative der Bundesregierung für eine mögliche Verlängerung der Anwendung des „alten“ Umsatzsteuerrechts für juristische Personen des öffentlichen Rechts Mitte November bekannt. Als Begründung für die Verlängerung wurde die starke Belastung der Kommunen durch den Ukraine-Krieg, der Energiekrise, der anstehenden Grundsteuerreform und das fehlende fachkundige Personal angeführt. Die Verlängerung wurde im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 umgesetzt. Noch Anfang Dezember plädierten einige Bundesländer gegen den Entwurf des Jahressteuergesetzes, so dass die im Haushalt 2023 verplanten Ansätze für die Umsatzsteuer und Vorsteuer entsprechend der Umsetzung des § 2b USTG zum 01.01.2023 nicht geändert wurden. Am 02.12.2022 hat der Deutsche Bundestag das Jahressteuergesetz 2022 in zweiter und dritter Lesung auf Basis der Empfehlung des Finanzausschusses beschlossen.

 

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16.12.2022 dem Jahressteuergesetz 2022 zugestimmt. Das förmliche Gesetzgebungsverfahren ist – bis auf die Verkündung im Bundesgesetzesblatt (Verkündung im Januar 2023) – abgeschlossen.

 

Dies bedeutet für juristischen Personen des öffentlichen Rechts, dass das „alte“ Umsatzsteuerrecht durch die öffentliche Hand noch bis einschließlich 31.12.2024 weiterhin angewendet werden kann. Die Anwendung des § 2b Umsatzsteuergesetz wird damit „final“ für zwei weitere Jahre aufgeschoben. Eine wesentliche Auswirkung auf das Planergebnis des Haushaltes 2023 ergibt sich hierdurch nicht. Die Stadt Biller-beck ist weiterhin mit ihren Betrieben gewerblicher Art (wie z.B. die Produkte Freibad, Mensa, Kultur, Tourismus) steuerpflichtig. Es wären jedoch eine Mehrzahl steuerpflichtige Fälle hinzugekommen, die auf privatrechtlicher Grundlage nach dem Gesetzeswortlaut § 2b UStG erfolgen (z.B. Verkauf von Standesamtsbücher, Amtsblattverkauf, Konzessionsabgaben, Kopien im Bürgeramt, Personalgestellung ab der Verrechnung von 1€ etc., Schlauchreinigung Feuerwehr, Volkshochschule). Die Anwendung des § 2b UStG zum 01.01.2023 hätten damit bei einigen Eingangsrechnungen zu Kostenerhöhungen um den Wert der Umsatzsteuer geführt, die aber nicht als Vorsteuer hätte geltend gemacht werden können.

 

Wie in der bisherigen Übergangsregelung („Corona-Steuerhilfegesetz) wird die Weiteranwendung des „alten“ Umsatzsteuerrechts „automatisch“ erfolgen. Ein gesonderter Antrag wie für 2016 ist nicht nötig. Danach richtet sich die Umsatzbesteuerung der juristischen Person nach körperschaftsteuerlichen Grundsätzen.

 

Die Weiteranwendung des „alten“ Umsatzsteuerrechts ist sehr zu begrüßen, denn eine Vielzahl der Sachverhalte ist immer noch nicht abschließend geregelt. So sind seit 2016 immer wieder Sachverhalte, die als steuerpflichtig angesehen wurden, im Nachhinein durch BMF Schreiben als nicht steuerbar gedeutet worden (z.B. Leistungen im Friedhof- und Bestattungswesen (erst mit BMF-Schreiben vom 23.11.2020! endgültig geregelt), Kopiergeld Schule). Auch legen die Länder Sachverhalte unterschiedlich aus, obwohl es sich um ein Bundesgesetz handelt, so dass hier eine große Rechtsunsicherheit besteht. Es bleibt nun zu hoffen, dass die Zeit genutzt wird und der § 2b UStG praxistauglich vom Gesetzgeber umgesetzt wird (z.B.: Personalgestellung Stadtverwaltung wird in der GIWo bzw. Netz GmbH eingesetzt, interkommunale Zusammenarbeit, beides hätte nach aktueller Rechtslage eine Steuerpflicht ausgelöst). Die Umstellung auf den §2b UStG ist unheimlich groß, da jede einzelne wirtschaftliche Tätigkeit, das heißt jeder einzelne Sachverhalt in den 72 Produkten, die wie einzelne Unternehmen gesehen werden können, sowie des Abwasserbetriebes der Stadt Billerbeck, umsatzsteuerlich bewertet werden muss. Hinzu kommen Tätigkeiten, die für die zukünftige Einhaltung der steuerlichen Verpflichtungen notwendig sind (Mitarbeiter für ihren Fachbereich bzgl. der Umsatzsteuer noch mehr zu sensibilisieren, Einführung eines Tax-Compliance Systems, Dienstanweisungen verfassen, Buchhaltungsprogramm in steuerlicher Hinsicht mit seinen Vorlagen und Verknüpfungen anpassen).

 

Hoheitliche Sachverhalte unterliegen weiterhin ab 01.01.2025 nicht der Steuerpflicht. D.h. aber auch die bisher umsatzsteuerlich unbeachtlichen Tätigkeiten in der Vermögensverwaltung können ab 01.01.2025 der Umsatzsteuer (soweit diese nicht nach § 4 UStG steuerbefreit sind) unterliegen. Die Stadt gibt jedoch lediglich eine konsolidierte Umsatzsteuererklärung ab. Umsatzsteuervoranmeldungen müssen aber gegebenenfalls bereits monatlich ab 01.01.2025 mit richtigen Werten abgegeben werden, ansonsten könnte es sich um vorsätzliche Steuerhinterziehung/Verkürzung handeln. Der Tatbestand des Vorsatzes ist immer zu vermeiden.

 

i.A.

 

 

 

Marion Lammers                                                                 Marion Dirks

Fachbereichsleiterin                                                          Bürgermeisterin

 


Bezug:       Sitzung des Rates am 22.09.2016, TOP 3 ö. S. sowie Mitteilung in der

                   Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 10.03.2020, TOP 4.1

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                                                       

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                                                            

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                            

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag: