Betreff
Freiflächenphotovoltaikanlagen
hier: Bearbeitung von Anfragen aus der Bürgerschaft
Vorlage
FB60/1897/2023
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                 Beschlussvorschlag für den Rat:

 

1.       Die Verwaltung wird beauftragt eingehende Anfragen aus der Bürgerschaft zur Errichtung von Freiflächenphotovoltaikanlagen aufzunehmen und zu dokumentieren.

2.       Eine Konzeption, wie und wo im Billerbecker Stadtgebiet Freiflächenphotovoltaikanlagen entstehen können sollen, wird nicht vor dem Jahr 2024 durch die Verwaltung erarbeitet.

 


Sachverhalt:

Der Kreis Coesfeld hat am 07.12.2022 das fortgeschriebene integrierte Klimaschutzkonzept verabschiedet, in dem sich der Kreis unter anderem zur Zielsetzung der Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2040 bekennt.

Zum Erreichen dieses Zieles ist der Ausbau von Erneuerbaren Energien erforderlich, wozu neben Windenergie- und Biogasanlagen auch Photovoltaikanlagen einen wichtigen Beitrag leisten sollen.

Die Studie „Klimaneutrale Münsterlandkreise 2040“, welche von der Stadt Münster und den vier Münsterlandkreisen in Auftrag gegeben wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass für den Kreis Coesfeld eine Gesamtleistung aus Photovoltaikanlagen von ca. 2,4 GW erforderlich sein wird. Neben 1,2 GW, welche auf Photovoltaik-Dachanlagen entfallen sollen, wird dabei auch eine notwendige Energiegewinnung von 1,2 GW aus Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) errechnet. Hierfür müssten laut überschlägiger Rechnung ca. 0,9 % der Fläche des Kreises Coesfeld für PV-FFA zur Verfügung gestellt werden. In Billerbeck gibt es bereits eine Freiflächenanlage auf einer Fläche von ca. 7,5 ha und in der Gärtnersiedlung ist eine weitere Fläche in der Größenordnung von ca. 8 ha angedacht. Dies entspricht etwa 0,17 % der Fläche Billerbecks.

 

Durch die beanspruchten Flächen werden Flächenkonkurrenzen zwischen verschiedenen Nutzungsarten wie der Landwirtschaft, dem Naturschutz, der Energiegewinnung oder Siedlungs- und Verkehrsflächen sowie der landschaftsorientierten Erholung weiter vorangetrieben.

Der Kreis Coesfeld arbeitet daher an einem Leitfaden zur Steuerung von PV-FFA im Kreis Coesfeld, um den Kommunen des Kreises und allen weiteren Akteuren, die sich mit der Thematik befassen, eine Planungs- und Entscheidungshilfe anzubieten, welche sowohl die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen als auch naturschutz- und agrarstrukturrelevante Aspekte aufgreifen soll. Vermieden werden soll so ein unkontrollierter Ausbau von PV-FFA und stattdessen ein möglichst verträglicher Ausbau sichergestellt werden.

Die Veröffentlichung des Leitfadens ist für das zweite Quartal des Jahres 2023 angekündigt.

Im Leitfaden enthalten sein soll sowohl eine Zusammenstellung eines umfassenden Kriterienkatalogs als Arbeitshilfe für den Abwägungsprozess in den Kommunen als auch eine geodatenbasierte PV-FFA Potentialanalyse, in der Flächen

  • in denen es theoretisch möglich ist eine PV-FFA zu errichten,
  • die sich für die Errichtung von PV-FFA in besonderem Maße eignen oder
  • die eine pauschale Bewertung nicht zulassen und im Einzelfall geprüft werden müssen

gekennzeichnet werden.

 

Grundsätzlich sollte die Nutzung von Dachflächen für Photovoltaikanlagen weiter vorrangig angestrebt werden, da die dezentrale Errichtung von PV-Anlagen in Kombination mit einem möglichen Eigenverbrauch die Flächeninanspruchnahme für die Energieerzeugung am besten reduziert.

Ferner sind PV-Dachanlagen im Regelfall genehmigungsfrei zu errichten, während PV-FFA einen umfangreichen Vorplanungs- und Planungsprozess benötigen. Im Gegensatz zu Windenergieanlagen und privilegierten energetischen Biomasseanlagen sind PV-FFA in Billerbeck an keinem Standort bauplanungsrechtlich privilegiert.

 

Aktuelle Gesetzesänderungen sollen die Umsetzung von PV-FFA in bestimmten Gebieten erleichtern.

Bedeutende Gesetzesänderungen sind zum einen die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), welches unter anderem die Vergütung (§ 21 EEG) und die finanzielle Beteiligung der Kommunen (§ 6) verbessern sowie den Netzanschluss vereinfachen soll (§ 8). In Bezug auf PV-FFA von Belang ist außerdem die Förderfähigkeit von Anlagen, die auf ehemaligen Moorböden errichtet werden oder von Anlagen, die entlang von Autobahnen und Schienenwegen auf einer Breite von 500 m (zuvor 200 m) errichtet werden (§ 37).

Das Baugesetzbuch (BauGB) wurde zum anderen insofern angepasst, als dass die Nutzung solarer Strahlungsenergie auf einer Breite von 200 m entlang von Autobahnen und Schienenwegen des übergeordneten Netzes mit mindestens zwei Hauptgleisen privilegiert ist (§ 35 Abs. 1 S 8 BauGB). Solche Flächen existieren in Billerbeck jedoch nicht.

 

Unterdessen steigt auch die Anzahl der Projektideen für PV-FFA auf Billerbecker Stadtgebiet, die gegenüber der Verwaltung vorgetragen werden. Bekannt sind bislang acht Projektideen, bei denen 13 zumeist eher kleine Flächen für PV-FFA genutzt werden sollen.

Aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes durch eine erforderliche Änderung des Flächennutzungsplanes und der Aufstellung eines Bebauungsplanes je PV-FFA-Projekt in Verbindung mit den knappen Kapazitäten in der Verwaltung, wurden die bekannten Projektideen bislang aufgenommen und im FB Planen und Bauen gesammelt. Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen so auch zunächst weiter zu verfahren. Es sollte vermieden werden, dass nunmehr auch alle Interessierten für solche Anlagen Bürgeranträge stellen, welche mit viel Verwaltungsaufwand und Zeit durch die politischen Gremien gehen ohne eine gesamtstädtische Betrachtung zu haben. Eine Beschäftigung mit dem Thema vor 2024 ist jedoch nicht realistisch.

 

Der Leitfaden zur Steuerung von PV-FFA im Kreis Coesfeld in der finalen Version, könnte im späteren Verfahren vorgestellt werden. Möglich ist so eine gesamtstädtische Betrachtung und Bewertung aller bis dahin vorliegenden Projektideen. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der Möglichkeit auf zahlreichen Flächen im Kreis Coesfeld PV-FFA auch ohne Bauleitplanung zu errichten, die Verteilung innerhalb des Kreises sehr ungleich sein wird. Maßgeblich wird auch sein, ob die Anlagen für Investoren ausreichend wirtschaftlich attraktiv sind. Eine erforderliche Bauleitplanung mit Kosten, welche durch die Betreiber zu zahlen sind, schmälert die Rendite nicht unwesentlich.

 

Zurzeit wird die Änderung des Regionalplanes durchgeführt, der Landesentwicklungsplan soll ebenfalls geändert werden. Dort sind maßgebliche Fragestellungen zur landesplanerischen Zulässigkeit solcher Anlagen enthalten. So ist die Raumbedeutsamkeit von Anlagen ein wichtiger zu betrachtender Aspekt. Bei Anlagen ab einer Größe von über 10 ha ist von einer Raumbedeutsamkeit auszugehen, bei Anlagen zwischen 2 ha und 10 ha erfolgt eine Entscheidung zur Raumbedeutsamkeit im Einzelfall nach vorgegebenen Kriterien:

  • Lage
  • Emissionen
  • Maß der Beeinträchtigung des Landschaftsbilds
  • Vorbelastung
  • Vereinbarkeit mit der Standortumgebung
  • Summeneffekt angrenzender und mittelbar benachbarter Anlagen.

Dazu beitragen, dass PV-FFA als nicht raumbedeutsam eingeschätzt werden, können unter anderem

  • das in der Regel geringe Maß der Versiegelung
  • das jeweilige Maß der Verschattung oder
  • die Durchlässigkeit bestimmter Anlagen für z. B. Kleintiere.

 

Grundsätzlich müssen die in den Regionalplänen festgelegten Nutz- und Schutzfunktionen gewahrt bleiben. In Waldbereichen, Bereichen zum Schutz der Natur oder Überschwemmungsbereichen wird die Errichtung von PV-FFA daher in der Regel nicht mit den Zielen der Raumordnung vereinbar sein.

Bei einer Wahrung der Nutz- und Schutzfunktionen ist eine Inanspruchnahme von Flächen für die raumbedeutsame Nutzung der Solarenergie insbesondere möglich, wenn es sich um

  • die Wiedernutzung von gewerblichen, bergbaulichen, verkehrlichen oder wohnungsbaulichen Brachflächen oder baulich geprägten militärischen Konversionsflächen
  • Aufschüttungen oder
  • den bereits genannten Standorten entlang von Bundesfernstraßen oder Schienenwegen mit überregionaler Bedeutung handelt.

 

Die Frage, ob beispielsweise in der Nähe des Industriegebietes Hamern eine Anlagenerweiterung auf eine Größe von über 10 ha gewünscht wird, um etwa auch eine Versorgung des Gewerbegebietes zu ermöglichen, müsste im Beteiligungsverfahren zur Änderung des Regionalplanes Münsterland angeregt werden.

Auch wäre auf Dauer eine Überschreitung der 10 ha in der Gärtnersiedlung denkbar, wenn weitere Betriebsflächen nicht mehr gewerblich genutzt werden sollten. Beide Bereiche entsprächen jedoch nicht den oben genannten Flächenkategorien mit der Möglichkeit einer raumbedeutsamen Nutzung.

Die Beratungen zu einer Stellungnahme zur Landesplanung sollen nach den Sommerferien erfolgen. Die Fragestellung soll jedoch bereits jetzt in die Fraktionen getragen werden, um mögliche Gedanken anzustoßen.

 

 

i. A.                                                       i. A.

 

 

 

Tobias Mader                    Michaela Besecke                                           Marion Dirks

Sachbearbeiter                Fachbereichsleiterin                      Bürgermeisterin

 


Bezug:           

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                                                                                     

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                                                                                             

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                                                       

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag:                                                                                                                        


 


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