hier: Bearbeitung von Anfragen aus der Bürgerschaft
1. Die Verwaltung wird beauftragt eingehende Anfragen aus der Bürgerschaft zur Errichtung von Freiflächenphotovoltaikanlagen aufzunehmen und zu dokumentieren.
2. Eine Konzeption, wie und wo im Billerbecker Stadtgebiet Freiflächenphotovoltaikanlagen entstehen können sollen, wird nicht vor dem Jahr 2024 durch die Verwaltung erarbeitet.
Sachverhalt:
Der Kreis Coesfeld
hat am 07.12.2022 das fortgeschriebene integrierte Klimaschutzkonzept
verabschiedet, in dem sich der Kreis unter anderem zur Zielsetzung der
Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2040 bekennt.
Zum Erreichen
dieses Zieles ist der Ausbau von Erneuerbaren Energien erforderlich, wozu neben
Windenergie- und Biogasanlagen auch Photovoltaikanlagen einen wichtigen Beitrag
leisten sollen.
Die Studie
„Klimaneutrale Münsterlandkreise 2040“, welche von der Stadt Münster und den
vier Münsterlandkreisen in Auftrag gegeben wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass
für den Kreis Coesfeld eine Gesamtleistung aus Photovoltaikanlagen von ca. 2,4
GW erforderlich sein wird. Neben 1,2 GW, welche auf Photovoltaik-Dachanlagen
entfallen sollen, wird dabei auch eine notwendige Energiegewinnung von 1,2 GW
aus Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) errechnet. Hierfür müssten laut
überschlägiger Rechnung ca. 0,9 % der Fläche des Kreises Coesfeld für PV-FFA
zur Verfügung gestellt werden. In Billerbeck gibt es bereits eine
Freiflächenanlage auf einer Fläche von ca. 7,5 ha und in der Gärtnersiedlung
ist eine weitere Fläche in der Größenordnung von ca. 8 ha angedacht. Dies
entspricht etwa 0,17 % der Fläche Billerbecks.
Durch die
beanspruchten Flächen werden Flächenkonkurrenzen zwischen verschiedenen
Nutzungsarten wie der Landwirtschaft, dem Naturschutz, der Energiegewinnung
oder Siedlungs- und Verkehrsflächen sowie der landschaftsorientierten Erholung
weiter vorangetrieben.
Der Kreis Coesfeld
arbeitet daher an einem Leitfaden zur Steuerung von PV-FFA im Kreis Coesfeld,
um den Kommunen des Kreises und allen weiteren Akteuren, die sich mit der
Thematik befassen, eine Planungs- und Entscheidungshilfe anzubieten, welche
sowohl die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen als auch naturschutz- und
agrarstrukturrelevante Aspekte aufgreifen soll. Vermieden werden soll so ein
unkontrollierter Ausbau von PV-FFA und stattdessen ein möglichst verträglicher
Ausbau sichergestellt werden.
Die
Veröffentlichung des Leitfadens ist für das zweite Quartal des Jahres 2023
angekündigt.
Im Leitfaden
enthalten sein soll sowohl eine Zusammenstellung eines umfassenden
Kriterienkatalogs als Arbeitshilfe für den Abwägungsprozess in den Kommunen als
auch eine geodatenbasierte PV-FFA Potentialanalyse, in der Flächen
- in denen
es theoretisch möglich ist eine PV-FFA zu errichten,
- die sich
für die Errichtung von PV-FFA in besonderem Maße eignen oder
- die eine
pauschale Bewertung nicht zulassen und im Einzelfall geprüft werden müssen
gekennzeichnet
werden.
Grundsätzlich
sollte die Nutzung von Dachflächen für Photovoltaikanlagen weiter vorrangig
angestrebt werden, da die dezentrale Errichtung von PV-Anlagen in Kombination
mit einem möglichen Eigenverbrauch die Flächeninanspruchnahme für die
Energieerzeugung am besten reduziert.
Ferner sind
PV-Dachanlagen im Regelfall genehmigungsfrei zu errichten, während PV-FFA einen
umfangreichen Vorplanungs- und Planungsprozess benötigen. Im Gegensatz zu
Windenergieanlagen und privilegierten energetischen Biomasseanlagen sind PV-FFA
in Billerbeck an keinem Standort bauplanungsrechtlich privilegiert.
Aktuelle
Gesetzesänderungen sollen die Umsetzung von PV-FFA in bestimmten Gebieten
erleichtern.
Bedeutende
Gesetzesänderungen sind zum einen die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
(EEG), welches unter anderem die Vergütung (§ 21 EEG) und die finanzielle
Beteiligung der Kommunen (§ 6) verbessern sowie den Netzanschluss vereinfachen
soll (§ 8). In Bezug auf PV-FFA von Belang ist außerdem die Förderfähigkeit von
Anlagen, die auf ehemaligen Moorböden errichtet werden oder von Anlagen, die
entlang von Autobahnen und Schienenwegen auf einer Breite von 500 m (zuvor 200
m) errichtet werden (§ 37).
Das Baugesetzbuch
(BauGB) wurde zum anderen insofern angepasst, als dass die Nutzung solarer
Strahlungsenergie auf einer Breite von 200 m entlang von Autobahnen und
Schienenwegen des übergeordneten Netzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
privilegiert ist (§ 35 Abs. 1 S 8 BauGB). Solche Flächen existieren in
Billerbeck jedoch nicht.
Unterdessen steigt
auch die Anzahl der Projektideen für PV-FFA auf Billerbecker Stadtgebiet, die
gegenüber der Verwaltung vorgetragen werden. Bekannt sind bislang acht
Projektideen, bei denen 13 zumeist eher kleine Flächen für PV-FFA genutzt
werden sollen.
Aufgrund des hohen
Arbeitsaufwandes durch eine erforderliche Änderung des Flächennutzungsplanes
und der Aufstellung eines Bebauungsplanes je PV-FFA-Projekt in Verbindung mit
den knappen Kapazitäten in der Verwaltung, wurden die bekannten Projektideen bislang
aufgenommen und im FB Planen und Bauen gesammelt. Verwaltungsseitig wird
vorgeschlagen so auch zunächst weiter zu verfahren. Es sollte vermieden werden,
dass nunmehr auch alle Interessierten für solche Anlagen Bürgeranträge stellen,
welche mit viel Verwaltungsaufwand und Zeit durch die politischen Gremien gehen
ohne eine gesamtstädtische Betrachtung zu haben. Eine Beschäftigung mit dem
Thema vor 2024 ist jedoch nicht realistisch.
Der Leitfaden zur
Steuerung von PV-FFA im Kreis Coesfeld in der finalen Version, könnte im
späteren Verfahren vorgestellt werden. Möglich ist so eine gesamtstädtische
Betrachtung und Bewertung aller bis dahin vorliegenden Projektideen. Es ist
davon auszugehen, dass aufgrund der Möglichkeit auf zahlreichen Flächen im
Kreis Coesfeld PV-FFA auch ohne Bauleitplanung zu errichten, die Verteilung
innerhalb des Kreises sehr ungleich sein wird. Maßgeblich wird auch sein, ob
die Anlagen für Investoren ausreichend wirtschaftlich attraktiv sind. Eine
erforderliche Bauleitplanung mit Kosten, welche durch die Betreiber zu zahlen
sind, schmälert die Rendite nicht unwesentlich.
Zurzeit wird die
Änderung des Regionalplanes durchgeführt, der Landesentwicklungsplan soll ebenfalls
geändert werden. Dort sind maßgebliche Fragestellungen zur landesplanerischen
Zulässigkeit solcher Anlagen enthalten. So ist die Raumbedeutsamkeit von
Anlagen ein wichtiger zu betrachtender Aspekt. Bei Anlagen ab einer Größe von
über 10 ha ist von einer Raumbedeutsamkeit auszugehen, bei Anlagen zwischen 2
ha und 10 ha erfolgt eine Entscheidung zur Raumbedeutsamkeit im Einzelfall nach
vorgegebenen Kriterien:
- Lage
- Emissionen
- Maß der
Beeinträchtigung des Landschaftsbilds
- Vorbelastung
- Vereinbarkeit
mit der Standortumgebung
- Summeneffekt
angrenzender und mittelbar benachbarter Anlagen.
Dazu beitragen,
dass PV-FFA als nicht raumbedeutsam eingeschätzt werden, können unter anderem
- das in
der Regel geringe Maß der Versiegelung
- das
jeweilige Maß der Verschattung oder
- die
Durchlässigkeit bestimmter Anlagen für z. B. Kleintiere.
Grundsätzlich
müssen die in den Regionalplänen festgelegten Nutz- und Schutzfunktionen
gewahrt bleiben. In Waldbereichen, Bereichen zum Schutz der Natur oder
Überschwemmungsbereichen wird die Errichtung von PV-FFA daher in der Regel
nicht mit den Zielen der Raumordnung vereinbar sein.
Bei einer Wahrung
der Nutz- und Schutzfunktionen ist eine Inanspruchnahme von Flächen für die
raumbedeutsame Nutzung der Solarenergie insbesondere möglich, wenn es sich um
- die
Wiedernutzung von gewerblichen, bergbaulichen, verkehrlichen oder
wohnungsbaulichen Brachflächen oder baulich geprägten militärischen
Konversionsflächen
- Aufschüttungen
oder
- den
bereits genannten Standorten entlang von Bundesfernstraßen oder
Schienenwegen mit überregionaler Bedeutung handelt.
Die Frage, ob
beispielsweise in der Nähe des Industriegebietes Hamern eine Anlagenerweiterung
auf eine Größe von über 10 ha gewünscht wird, um etwa auch eine Versorgung des
Gewerbegebietes zu ermöglichen, müsste im Beteiligungsverfahren zur Änderung
des Regionalplanes Münsterland angeregt werden.
Auch wäre auf
Dauer eine Überschreitung der 10 ha in der Gärtnersiedlung denkbar, wenn
weitere Betriebsflächen nicht mehr gewerblich genutzt werden sollten. Beide
Bereiche entsprächen jedoch nicht den oben genannten Flächenkategorien mit der
Möglichkeit einer raumbedeutsamen Nutzung.
Die Beratungen zu
einer Stellungnahme zur Landesplanung sollen nach den Sommerferien erfolgen.
Die Fragestellung soll jedoch bereits jetzt in die Fraktionen getragen werden,
um mögliche Gedanken anzustoßen.
i. A. i.
A.
Tobias Mader Michaela Besecke Marion
Dirks
Sachbearbeiter Fachbereichsleiterin Bürgermeisterin
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