Sachverhalt:
In der Sitzung des Rates der Stadt Billerbeck vom 20. Juli 2004 wurde
die Verwaltung durch Beschluss ermächtigt, der vom Kreis Coesfeld seinerzeit
geplanten Optionierung gem. § 6 a SGB II (alte Fassung) unter dem Vorbehalt
zuzustimmen, dass eine auskömmliche Finanzierung der Leistungen und der
Personal- und Sachkosten gesichert ist und dass alle Gemeinden und Städte des
Kreises Coesfeld das Optionsmodell unterstützen.
Der Kreistag hat daraufhin in seiner Sitzung am 14.07.2004 den Beschluss
gefasst, dass der Kreis Coesfeld bereit ist, eigenverantwortlich die kommunale
Trägerschaft bei der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe nach dem
Sozialgesetzbuch - Zweites Buch (SGB II) zu übernehmen. Die Kreisverwaltung war
zugleich beauftragt worden, die Zulassung als kommunaler Träger über die
oberste Landsbehörde beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu
beantragen.
Mit der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 24.09.2004 ist der Kreis
Coesfeld als zugelassener kommunaler Träger für das SGB II anerkannt worden.
Die Zulassung trat am 01.01.2005 in Kraft; sie ist bis zum 31.12.2010
befristet. Zugleich hat der Kreis Coesfeld in Abstimmung mit den Städten und
Gemeinden des Kreises Coesfeld die Aufgaben der Grundsicherung für
Arbeitsuchende auf die Städte und Gemeinden zur Entscheidung im eigenen Namen
übertragen. Hiervon ausgenommen sind die
Planung und Umsetzung der Maßnahmen zur beruflichen und sozialen Eingliederung
sowie die einzelfallbezogene Hilfeplanung im Bereich der beruflichen
Integration. Die Gemeinden haben zudem die Zuständigkeit für die berufliche Vermittlung
auf dem 1. Arbeitsmarkt sowie die Schaffung und Organisation von sogenannten
Plus-Jobs erhalten.
Über die Erstattung der Personalkosten für die übertragenen Aufgaben hat
es bisher einvernehmliche Regelungen mit dem Kreis Coesfeld gegeben. Auch sind
Gemeinden in verschiedenen Gremien auf Kreisebene vertreten, wie z.B. in der
Lenkungsgruppe, der Besprechungsrunde der Leiter der Zentren für Arbeit oder
der Arbeitsmarktkonferenz. Die seitens des Rates der Stadt Billerbeck
geforderte auskömmliche Finanzierung der Personal- und Sachkosten ist für die
Optionszeit erfolgt. Es ist nunmehr aber auch zwingend erforderlich, dass diese
auskömmliche Finanzierung auch im Falle einer Entfristung der Option weiterhin durch
den Kreis gewährleistet wird.
Nicht zuletzt durch die höchstrichterliche Entscheidung, dass die sog.
ARGE’n nicht verfassungskonform seien, hierüber wurde dem HFA berichtet, ist es
nunmehr erforderlich, die Aufgabenwahrnehmung ab Jan. 2011 zu regeln.
Umsetzung auf Bundesebene
In der Vergangenheit hat es auf der Ebene des Bundesgesetzgebers
unterschiedliche Vorschläge zur Neuorganisation des SGB II ab dem 01.01.2011
gegeben. Alle waren bisher nicht mehrheitsfähig.
Im Rahmen einer interfraktionellen Arbeitsgruppe ist es im März 2010
gelungen, einen konsensfähigen Entwurf für eine neue Verwaltungsorganisation im
Bereich des SGB II zu entwerfen. Dieser sah vor, über den Weg einer
Verfassungsänderung das bisherige Optionsmodell zu verstetigen und die
Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Arbeitsverwaltung in einem
ARGE-Nachfolgemodell abzusichern. Zudem soll die Zahl der zugelassenen
kommunalen Träger von zur Zeit 69 auf insgesamt 110 erhöht werden.
Das Bundeskabinett hat diesen Gesetzesentwurf am 31.03.2010 beschlossen.
Eine Entscheidung des Bundesrates über die Grundgesetzänderung zur SGB
II-Neuorganisation ist am 09. Juli 2010 getroffen worden.
Es ist nunmehr vorgesehen, dass die aktuell zugelassenen kommunalen
Träger vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung
über den 31.12.2010 hinaus unbefristet zugelassen werden, wenn sich diese bis zum 30. Sept. 2010 gegenüber der
zuständigen obersten Landesbehörde verpflichten, eine Zielvereinbarung über die
Leistungen nach diesem Buch mit der zuständigen Landesbehörde abzuschließen und
Daten zu erheben, um eine bundeseinheitliche Datenerfassung,
Ergebnisberichterstattung, Wirkungsforschung und Leistungsvergleiche zu
ermöglichen.
Umsetzung auf Kreisebene
Seit dem 01.01.2005 hat der Kreis Coesfeld im engen Schulterschluss mit
den kreisangehörigen Städten und Gemeinden und auch in guter Zusammenarbeit mit
unterschiedlichen Akteuren auf dem Gebiet der Arbeitsmarktpolitik das SGB II
erfolgreich umgesetzt. Dies wird auch dadurch belegt, dass der Kreis Coesfeld
seit 2007 die niedrigste Arbeitslosenquote aller Kreise und kreisfreien Städte
in Nordrhein-Westfalen hat.
Aus diesem Grund hat sich der Kreistag in seiner Sitzung am 24.02.2010
mit der Neuorganisation des SGB II über den 31.12.2010 hinaus beschäftigt und
in einer verabschiedeten Resolution gefordert, dass die Absicherung und
Aufstockung der zugelassenen kommunalen Träger im Grundgesetz verankert wird.
Die Resolution hatte folgenden Inhalt:
Resolution an den Deutschen
Bundestag und die Landesregierung
Wir begrüßen die von der
Bundesregierung fraktionsübergreifend angestrebte Grundgesetzänderung zur
Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Wir erwarten die Schaffung
eines rechtssicheren Rahmens für eine optimale Betreuung der Arbeitsuchenden
und ihrer Familien vor Ort. Oberstes Ziel müssen weiterhin die Integration in
Arbeit und die Unabhängigkeit von staatlichen Leistungen sowie die
Leistungsgewährung aus einer Hand sein.
Der Kreis Coesfeld nimmt seit
dem Jahr 2005 eigenverantwortlich die Aufgaben nach dem SGB II als zugelassener
kommunaler Träger wahr. Die Bürgerinnen und Bürger erhalten im Kreis Coesfeld
sowohl Transferleistungen als auch berufliche Integrationsleistungen aus einer
Hand. Diese Aufgabe wird im engen Schulterschluss mit den kreisangehörigen
Städten und Gemeinden erfolgreich umgesetzt. Aus Sicht des Kreises Coesfeld hat
sich die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung als Optionsträger bewährt.
Der Kreis Coesfeld möchte
daher über den 31.12.2010 hinaus die Aufgabe weiterhin in kommunaler
Verantwortung wahrnehmen.
Auch für die anderen Träger
der Grundsicherung für Arbeitsuchende sollte gelten, dass sie künftig eine
echte Wahlfreiheit haben, ob sie die Aufgaben weiterhin in Form einer
Arbeitsgemeinschaft oder als zugelassener kommunaler Träger wahrnehmen möchten.
Wir fordern alle
Verantwortlichen in Bund und Ländern parteiübergreifend dazu auf, ein rasches
Verfahren zu ermöglichen und schnell zu einer einvernehmlichen Lösung zu
kommen. Die Arbeitsuchenden und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den
Verwaltungen haben ein Recht auf Klarheit und Sicherheit.
Im Rahmen der Aussprache ist von den Mitgliedern der im Kreistag
vertretenen Fraktionen gefordert worden, dass der Kreis Coesfeld auch über den
31.12.2010 hinaus das SGB II eigenverantwortlich umsetzt.
Ebenso haben sich die Mitglieder der Lenkungsgruppe zur Umsetzung des
SGB II im Kreis Coesfeld, die Leiter der örtlichen Zentren für Arbeit sowie die
Bürgermeister und Bürgermeisterinnen in ihrer Konferenz am 07.06.2010 für die
Fortführung der kommunalen Trägerschaft ausgesprochen. Sie haben zudem deutlich
gemacht, dass sie dies in ihren politischen Gremien noch beraten werden.
Fazit
Die Erfahrungen der letzten Jahre, über die laufend im Haupt- und
Finanzausschuss der Stadt Billerbeck Bericht erstattet worden ist, haben
gezeigt, dass durch die Wahrnehmung der Option ein hohes Maß an Bürgernähe und
Transparenz aufgebaut worden ist. Ebenso ist die Hilfegewährung aus einer Hand
und vor Ort ein weiterer großer Vorteil der Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II
für den Bürger.
Aus diesem Grunde wird verwaltungsseitig die Ansicht vertreten, die
Absicht des Kreises Coesfeld, die Aufgabe als zugelassener kommunaler Träger
der Grundsicherung für Arbeitssuchende über den 31.12.2010 hinaus unter
Beteiligung der kreisangehörigen Gemeinden und Städte auf Augenhöhe unbefristet
fortzuführen, zu unterstützen.
Im Auftrag
Martin Struffert Marion
Dirks
Fachbereichsleiter Bürgermeisterin