Betreff
Nachverdichtung der Siedlungsbereiche mit Mehrfamilienhäusern hier: Generelle Überlegungen zur Menge der Wohneinheiten in stadtnahen Wohngebieten im Rahmen einer konkreten Anfrage an der Bernhardstraße
Vorlage
FBPB/622/2010
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                  Beschlussvorschlag für den Rat:

 

Die Errichtung von Gebäuden mit mehr als zwei Wohneinheiten soll entsprechend des in der Sitzungsvorlage dargelegten Konzeptes gesteuert werden.


Sachverhalt:

 

An der Bernhardstraße möchte eine Eigentümergemeinschaft ein älteres Wohnhaus abbrechen und durch ein neues Gebäude mit vier Wohneinheiten ersetzen. Grundsätzlich ist das Vorhaben nach § 34 BauGB zulässig, da es sich perfekt in die Umgebungsbebauung einpasst. Sowohl Trauf- und Firsthöhe als auch die Bautiefe werden übernommen. Es sind auch keine Dachausbauten geplant, die Unruhe in die Dachlandschaft bringen würden.

 

Verwaltungsseitig wird das Vorhaben trotzdem kritisch gesehen. Das Grundstück ist nur 500 qm groß, wovon ein großer Teil durch die Zufahrt und die notwendigen Stellplätze überbaut würde. Die Bernhardstraße ist auf der südöstlichen Seite durch großzügige Einfamilienhausbebauung geprägt, auf der anderen Seite durch zweigeschossige Zweifamilienhausbebauung. In den Gärten wurden in der Vergangenheit zusätzliche Wohnhäuser errichtet. Auch hier sind teilweise zweigeschossige Zweifamilienhäuser entstanden. Bisher sind nur auf dem Nachbargrundstück drei Wohneinheiten in einem Wohngebäude, welches als Reihenhaus über Eck gebaut wurde.

 

Problematisch wird verwaltungsseitig bei dem geplanten Wohnhaus das Verhältnis Wohneinheiten zu Grundstücksfläche gesehen. Dabei ist zu bedenken, dass auf einem Grundstück mit vier Wohneinheiten erheblich mehr Unruhe zu erwarten ist als auf einem mit z. B. zwei Wohneinheiten. Nicht nur der zu erwartende Fahrzeugverkehr durch die Bewohner und deren Besucher, sondern auch die Fluktuation durch Wohnungswechsel und die Nutzung mehrere Balkone und Terrassen ist in einem Einfamilienhausgebiet eher unüblich. Die Wertsteigerung des zu bebauenden Grundstückes führt in der Regel zu einer Wertminderung der benachbarten Grundstücke. Ein weiteres Problem in der Bernhardstraße ist die Sackgassenlage und die schmale Straße. Wenn zukünftig weitere Häuser mit mehreren Wohneinheiten hinzukämen, wird die Verkehrsproblematik verstärkt. Am Rüschenkamp wurde diesem Problem entgegengetreten, indem nur eine eingeschossige Bauweise mit 1,5 Stellplätzen pro Wohneinheit zugelassen wird. Dies ist hier jedoch nicht umsetzbar.

 

Verwaltungsseitig wird die Entwicklung zu mehr Wohnungsbau jedoch nicht generell abgelehnt. Es ist grundsätzlich positiv, wenn nicht erhaltenswerte Bausubstanz abgebrochen wird und im Rahmen einer Neubebauung Wohnraum geschaffen wird. Jedoch sollte, trotz entsprechender Zeitungsmeldungen über zu erwartenden Wohnraummangel, nicht jeder Bauwunsch unkritisch befürwortet werden.

 

Im Rahmen der Bauberatungen wird diese Diskussion mit Bauwilligen relativ häufig geführt. In den meisten Fällen wird eine verträgliche Einigung gefunden. Es ist jedoch auch sinnvoll eine solche Diskussion genereller zu führen, um im Rahmen eines abgestimmten Konzeptes die städtebauliche Entwicklung auf einen politisch legitimierten Konsens zu stützen. Verwaltungsseitig ist daher ein Plan erstellt worden, in dem die Verdichtungspotentiale in Billerbeck dargestellt sind. Der Plan macht ausdrücklich keine Aussagen zu Verdichtungspotentialen in älteren Wohngebieten durch zusätzliche Baufelder oder Anbauten bei Einfamilienhäusern. Das ist ein Thema, welches in der Regel im Zusammenhang mit dem Generationswechsel oder dem generationsübergreifenden Bauen aufgegriffen wird. Hier geht es um Geschosswohnungsbau mit mehr als zwei Wohneinheiten.

 

Dabei sind folgende Kriterien angewandt worden:

 

·           Infrastruktur
Hier ist sicherlich der zu erwartende Kraftfahrzeugverkehr von Bedeutung. An örtlichen Verbindungsstraßen wäre eine Häufung weniger problematisch als z. B. in Sackgassen.

·           Siedlungsstruktur
Es wurde unterschieden, ob das Gebiet von Einfamilienhäusern oder von Geschosswohnungsbau geprägt wird. Weiter fand die vorhandene Bebauungsdichte, die durch die Grundflächenzahl gekennzeichnet wird, Berücksichtigung. Aspekte wie z. B. das Verhältnis Menge der Wohnungen zur Grundstücksgröße, Nähe zum Zentrum sind in die Überlegungen eingeflossen (allerdings kann der Radius nur einen ungefähren Anhaltspunkt geben). Durch die Art der Straßenführung kann Erreichbarkeit stark differieren.

 

Im Ergebnis gibt es eine Gliederung in drei Bereiche. Als wesentliche Zäsur sind zum einen die Berkel im Süden und die Bahnlinie im Norden zu nennen. Auch die Landstraßen führen zu unterschiedlich geprägten Bereichen.

 

In dem im Plan weiß dargestellten Bereich sollten keine Mehrfamilienhäuser gebaut werden. Die in den Gebieten bestehenden Gebäude haben natürlich Bestandsschutz und können auch modernisiert werden. Durch Bebauungspläne ist dies weitestgehend geregelt. In den Bereichen außerhalb würde, wenn kein Bebauungsplan besteht, im Regelfall gegengesteuert. Im Plangebiet „Hilgenesch“ wurde zum Beispiel in 2003 durch Änderung des Bebauungsplanes festgelegt, dass nur 2 Wohneinheiten zulässig sind.

 

Der gelb markierte Bereich ist die historische/zentrale Innenstadt Billerbecks. Hier ergibt sich die Menge der Wohneinheiten über die zulässige Gebäudehöhe und den Platzbedarf für die nachzuweisenden Stellplätze. In wenigen Bereichen, wie zwischen der Bahnhofstraße und dem LIDL/K&K-Gelände, wäre eine Bebauungsplanung zur Neuordnung notwendig.

 

Die rot gekennzeichneten Flächen sind bereits heute durch Bebauungspläne überplant, in denen teilweise Regelungen zur Anzahl der Wohneinheiten getroffen wurde. Ggf. muss im Rahmen konkreter Planungen eine Anpassung erfolgen.

 

Der blaue Bereich ist geeignet für Gebäude mit mehr als zwei Wohneinheiten, allerdings sollte keine Verdichtung auf Kosten der Wohnqualität erfolgen. Generell sollte pro Wohneinheit mindestens 150 qm Grundstücksfläche zur Verfügung stehen. Gegebenenfalls ist die Aufstellung und Differenzierung über Bebauungspläne notwendig. Dies gilt insbesondere für Sackgassenlagen wie z. B. die Wiesenstraße.

 

Natürlich kann durch ein solches Konzept keine absolute Regelung getroffen werden. Bei Planungen, in denen erhaltenswerte Bausubstanz umgenutzt werden soll oder das Grundstück sich von den generellen Aussagen abhebt, wird eine Einzelfallentscheidung erforderlich sein.

 

Für das Grundstück an der Bernhardstraße bedeutet dies, dass drei Wohneinheiten zugestimmt werden könnte. Zusätzlich sollte der Bauherr trotzdem die geplanten vier Stellplätze errichten, da bei einem Dreiparteienhaus die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass zu einer Wohneinheit zwei Autos gehören. Sollte keine Einigung erzielt werden, müsste ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet werden.

 

Für alle anderen Vorhaben mit mehr als zwei Wohneinheiten bedeutet dies, dass entsprechend des dargelegten Konzeptes verfahren werden soll. In unbedenklichen Fällen kann eine Entscheidung durch die Bürgermeisterin entsprechend der Zuständigkeitsordnung erfolgen. In den übrigen Fällen entscheidet der Ausschuss, der bei der Notwendigkeit zur weiteren Ausdifferenzierung und Erörterung ein Bauleitplanverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung einleiten kann.

 

i. A.                                                     i. A.

 

 

 

Michaela Besecke                           Gerd Mollenhauer                           Marion Dirks

Sachbearbeiterin                             Fachbereichsleiter                           Bürgermeisterin

 


Anlagen:

Geplantes Vorhaben Bernhardstraße

Städtische Potentiale für Mehrfamilienhäuser