Der Rat der Stadt Billerbeck fordert den Gemeinsamen Bundesausschuss
auf, den Erhalt des Perinatalzentrums Level 1 an den Christopherus-Kliniken in
Coesfeld durch Rücknahme der „Mindestmengenregelung“ sicherzustellen. Zur
Untermauerung dieser Forderung beschließt der Rat anliegende Resolution.
Sachverhalt:
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das oberste Beschlussgremium der
gemeinsamen Selbstverwaltung des Gesundheitssystems, hat beschlossen, dass ab
1.1.2011 die Behandlung und Pflege von
frühgeborenen Kinder mit einem Geburtsgewicht von unter 1250 Gramm nur noch
in Krankenhäusern abgerechnet werden können, die mindestens 30 solcher Kinder
pro Jahr betreuen.
Greift diese sog. Mindestmengenregelung, wäre die Existenz des
Perinatalzentrums der Christopherus-Kliniken in Coesfeld bedroht.
Bislang gilt die Coesfelder Station als sog. Level I-Zentrum, das von anerkannten Neonatologen und ärztlichen Geburtshelfern geleitet wird und eine räumlich miteinander verbundene Entbindungsstation,
Operationssaal, und Neugeborenen-Intensivstation hat. Level 1-Zentren verfügen
zudem über eine ständige Arztbereitschaft und einen Neugeborenen-Notarzt für
die Nachbarabteilungen. Die Abteilungen weisen die Erfüllung der
Voraussetzungen gegenüber den Krankenkassen bei den örtlichen Pflegesatzverhandlungen nach. Diese Regelung wurde
2006 eingeführt. Bereits 2010 wurde sie ergänzt durch eine „Mindestmenge“ von
14 Frühgeburten im Jahr.
Das Coesfelder Perinatalzentrum betreut durchschnittlich um die 30 frühgeborene Kinder im Jahr und hat vor allem
Sorge, dass diese Zahl weiter heraufgesetzt wird. Es versorgt das gesamte
Westmünsterland, die nächsten Kliniken auf diesem Niveau sind die Uni-Klinik
Münster und das Franziskus-Hospital.
In einem kurzfristig einberaumten Termin für Vertreter der beiden Kreise
Coesfeld und Borken sowie der Städte und Gemeinden im Einzugsgebiet machten
Geschäftsführung und ärztliche Leitung am 8. Dezember in Coesfeld deutlich, was die Einführung der „Mindestmengenregelung“
für die Versorgung in der Region bedeutet.
Alle waren sich einig, dass Quantität kein Qualitätsindikator ist. Es
mache keinen Sinn, gut gewachsene, funktionierende Infrastrukturen zu
zerstören. Die Zahl 30 sei willkürlich gegriffen und halte keiner
wissenschaftlichen Überprüfung stand. Von dem Fachwissen und der Kompetenz, die
wir den Frühgeborenen bieten, profitieren auch alle anderen Neugeborenen.
Maßstab müsse vielmehr sein, dass unter einem Dach die Zusammenarbeit zwischen
Geburtshilfe, Pränataldiagnostik und Frühgeborenen-Intensivstation gut
funktioniert und damit die Überlebenschancen der Kinder steigen.
Man könne eine gute Versorgung in kleinen Häusern und schlechte Versorgung in großen Häusern genauso finden wie umgekehrt. In kleineren Einheiten passiert vieles eben nicht am Fließband wie in größeren Kliniken. Dort gebe es unter Umständen viel zu viel Routine. So sei es möglich, Perinatalzentren mit schlechten Ergebnissen zu schließen, ohne starre Mindestmengen festzulegen. Wenn funktionsfähige Strukturen wie in Coesfeld, die in den vergangenen zehn Jahren mit großem Engagement und mit einem breit angelegten Netzwerk aufgebaut worden sind, zerstört würden, sei dies nicht mehr rückgängig zu machen.
Kurze Wege sowie eine gute Erreichbarkeit seien die entscheidenden
Punkte, die eine gute Versorgung ausmachen. Schließlich verbleiben die Frühgeborenen
oft noch Wochen nach der Geburt in der Klinik. Die gesamte Familie müsse dabei
in den Blick genommen werden, wie dies in Coesfeld auch geschehe. Mindestmengen
seien der falsche Denkansatz. Es gelte,
Frühgeburten zu vermeiden und jede Schwangerschaft zu halten, so lange es
möglich ist.
Die Vertreter der Städte und Gemeinden verständigten sich darauf, den
jeweiligen Räten und Kreistagen den Entwurf einer Resolution vorzulegen und um
Zustimmung zu bitten. Diese Resolution ist in der Gemeinde Legden auf
Initiative von Eltern bereits verabschiedet werden. Sie wird dann, versehen mit
dem Votum aus der ganzen Region, den
zuständigen Gremien zugeleitet.
Die Christopherus-Kliniken haben gemeinsam mit anderen betroffenen
Zentren vor dem zuständigen Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Klage
eingereicht. In der zweiten Januar-Hälfte wird eine Eilentscheidung erwartet,
daher soll die Resolution aus der Region vor dieser Entscheidung vorliegen.
I.
A.
Hubertus
Messing Marion
Dirks
Fachbereichsleiter Bürgermeisterin
Anlagen:
Resolutionsentwurf