Sachverhalt:
Die FDP Fraktion hat mit Schreiben vom 21. Dezember 2011 erklärt, dass
aufgrund des Austrittes ihres bisherigen Mandatsträger Hubert Maas aus dem
Ortsverband Billerbeck zum 31. Dezember 2011 keine FDP Fraktion ab dem 01.
Januar 2012 mehr besteht. Das Schreiben der FDP Fraktion sowie das Schreiben
von Herrn Maas sind als Anlage beigefügt.
Hieraus folgen nach den Vorschriften der Gemeindeordnung mehrere
rechtliche Konsequenzen.
- Mit Wegfall des Fraktionsstatus werden keine Aufwandsentschädigungen
für die Vorsitzenden und Stellvertreter sowie keine Fraktionszuwendungen mehr
gezahlt.
- Die bisher von der FDP Fraktion gestellten sachkundigen Bürger gem.
§ 58 Abs. 3 GO NW verlieren nicht automatisch ihr „Mandat“. Da aber
nach den Urteilen des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichtes
der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit greift, muss vom Rat geprüft werden,
ob durch die Auflösung der FDP Fraktion sich die Mehrheitsverhältnisse im
Rat verschoben haben. Wenn der Rat jetzt eine andere Ausschussbesetzung
vornehmen würde, weil kein Vorschlag der FDP-Fraktion zur Abstimmung steht,
würden die Ausschüsse wahrscheinlich anders besetzt werden. Um dieses zu
erreichen, könnte durch einstimmigen Ratsbeschluss der Ausschuss bzw. die
Ausschüsse komplett neu besetzt werden. Kommt dieser einstimmige Beschluss
nicht zu Stande, so könnte mit einfacher Mehrheit der Ausschuss bzw. die
Ausschüsse aufgelöst werden und eine Neubesetzung nach den Grundsätzen der
Verhältniswahl (Verfahren Hare/Niemeyer) erfolgen.
- Das Vorschlagsrecht für die Besetzung von Ausschüssen ist für die
FDP nicht mehr gegeben. Daraus folgt, dass eine Ersetzung der
freigewordenen Ausschuss-Sitze (gilt auch für sachkundige Bürger) nur
durch einen einstimmigen Ratsbeschluss oder im Wege der Auflösung von
Ausschüssen und anschließenden Neubesetzung erreicht werden kann.
(vergleiche Kommentar Rehn Cronauge zu § 50 Abs. 3 GO NW)
- Der Bezirksausschuss müsste nicht zwingend neu besetz werden, da es
hier bei der Besetzung auf die für die Partei in den
Außenbereichswahlkreisen abgegebenen Stimmen ankommt. Herr Maas und die
bisherigen sachkundigen Bürger Bieker und Wittlerbäumer müssten sich
allerdings zu der stellvertretenden Mitgliedschaft im Bezirksausschuss
erklären. Bei einem Verzicht der Mitgliedschaft würde keine Änderung
erforderlich sein.
Die
Wahl der Ausschussmitglieder ist im § 50 Abs. 3 GO NW geregelt. Dort heißt es:
Haben
sich die Ratsmitglieder zur Besetzung der Ausschüsse auf einen einheitlichen Wahlvorschlag geeinigt,
ist der einstimmige Beschluss des
Rates über die Annahme dieses Wahlvorschlages ausreichend.
Kommt
ein einheitlicher Wahlvorschlag nicht
zustande, so wird nach den Grundsätzen der Verhältniswahl in einem Wahlgang abgestimmt. Dabei sind
die Wahlstellen auf die Wahlvorschläge der Fraktionen und Gruppen (mehrere
Fraktionen können sich zu Gruppen zusammenschließen) des Rates entsprechend dem
Verhältnis der Stimmenzahlen, die auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallen,
zur Gesamtzahl der abgegebenen gültigen Stimmen zu verteilen. Jedem
Wahlvorschlag werden zunächst so viele Sitze zugeteilt, wie sich für ihn ganze
Zahlen ergeben. Sind danach noch Sitze zu vergeben, so sind sie in der
Reihenfolge der höchsten Zahlenbruchteile zuzuteilen. Bei gleichen
Zahlenbruchteilen entscheidet das Los.
Dieses
Verfahren nach Hare/Niemeyer ersetzt zu dieser Legislaturperiode das bisher
angewandte Auszähl- und Zugriffsverfahren nach d´Hondt.
Bezüglich
der Zulässigkeit von Listenverbindungen gem. § 50 Abs. 3 Satz 3 GO NW hat das
Bundesverwaltungsgericht mit seiner Entscheidung vom 10.12.2003 folgende
Leitsätze gebildet:
- Gemeinderatsausschüsse müssen die Zusammensetzung
des Plenums (Rat) und das darin wirksame politische Meinungs- und
Kräftespektrum widerspiegeln. (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung)
- Bei der Besetzung der Ausschüsse sind deshalb – zur Erlangung eines zusätzlichen
Sitzes gebildete – gemeinsame Vorschläge mehrerer Fraktionen
unzulässig.
Unter
Berücksichtigung dieser Leitsätze ist eine Listenverbindung zur Verteilung von
Ausschusssitzen zulässig,
- wenn sie unter Beachtung des Meinungs- und
Kräftespektrums im Rat
(Leitsatz 1) erfolgt und
- nicht zum Nachteil einer anderen Fraktion geht, die
nicht an der Listenverbindung beteiligt ist. (Leitsatz 2)
Das
bedeutet, dass eine Verbindung von Ausschusssitzen nur zwischen den beteiligten
Fraktionen der Listenverbindung stattfinden darf.
Die Sitzverteilung nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren:
z.B. bei 9 Ausschüssen:
Anzahl der Ausschusssitze: |
9 |
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Anzahl der Ratsmandate
(insgesamt): |
26 |
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Abgegebene Stimmen für
Wahlvorschlag der |
CDU |
12 |
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Abgegebene Stimmen für
Wahlvorschlag der |
SPD |
7 |
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Abgegebene Stimmen für
Wahlvorschlag der |
GRÜNE |
4 |
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|||||||||
Abgegebene Stimmen für
Wahlvorschlag der |
*** |
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||||||||||
Abgegebene Stimmen für
Wahlvorschlag der |
*** |
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Sitze 1. Runde
(Vorkomma-Stelle) |
Nachkommastelle |
Rang |
Sitze 2. Runde (höchste
Nachkomma-Stelle) |
Gesamtsitze |
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Ausschusssitze |
CDU |
4,154 |
4 |
0,154 |
3 |
0 |
4 |
|||||
Ausschusssitze |
SPD |
2,423 |
2 |
0,423 |
1 |
1 |
3 |
|||||
Ausschusssitze |
GRÜNE |
1,385 |
1 |
0,385 |
2 |
1 |
2 |
|||||
Ausschusssitze |
*** |
0,000 |
0 |
0,000 |
0 |
0 |
0 |
|||||
Ausschusssitze |
*** |
0,000 |
0 |
0,000 |
0 |
0 |
0 |
|||||
|
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|
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Sitze in erster Runde
vergeben |
7 |
In zweiter Runde zu
vergebende Sitze |
2 |
|
2 |
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Sofern
die Summe der Ausgangssitze nicht der Gesamtsitzzahl entspricht, |
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werden
die verbliebenen Restsitze den Parteien mit den höchsten Restwerten
zugeschlagen. |
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Bei
gleichen Restwerten entscheidet das Los! |
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Nach
den derzeitigen Fraktionsstärken würde sich bei einem Ausschuss mit 9
Mitgliedern folgende Sitzverteilung ergeben:
CDU-Fraktion: 4
SPD-Fraktion: 3
Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 2
Für die
Wahl der Ausschussmitglieder müssen von den Fraktionen Wahlvorschläge mit den
vorgesehenen Mitgliedern für jeden einzelnen Ausschuss abgegeben werden.
Hierbei ist folgendes zu berücksichtigen:
Für die
Ausschüsse müssen die Wahlvorschläge bei Anwendung der Vertretungsregelung des
Beschlussvorschlages zu TOP 3 ö. S. neben den vorgesehenen ordentlichen
Mitgliedern auch alle Personen beinhalten, die stellvertretende
Ausschussmitglieder des jeweiligen Ausschusses werden sollen. Dabei sollte
bedacht werden, dass mit Festlegung der Reihenfolge in den Wahlvorschlägen
zugleich die Reihenfolge der Stellvertretung festgelegt wird.
Soweit sachkundige Bürger gemäß § 58 Abs. 3 GO
NW (mit Stimmrecht) bestellt werden sollen, müssen sie zusammen mit den
Ratsmitgliedern in einem Wahlgang gewählt werden.
Deshalb
müssen diese in den Wahlvorschlägen entweder am Anfang aufgeführt oder so platziert
werden, dass sie unter die zu erwartenden Sitze fallen (z. B. bei 4 Sitzen max.
an 4. Stelle des Wahlvorschlages).
In den
Haupt- und Finanzausschuss, den Rechnungsprüfungsausschuss und den Wahlprüfungsausschuss
können keine sachkundigen Bürger
bestellt werden.
Fraktionen,
die in einem Ausschuss nicht vertreten sind, sind gemäß § 58 Abs. 1 Satz 7 GO
NW berechtigt, für diesen Ausschuss ein Ratsmitglied oder einen sachkundigen
Bürger, der dem Rat angehören kann (d. h. für den Rat wählbar ist), zu
benennen. Das benannte Ratsmitglied oder der benannte sachkundige Bürger wird
vom Rat zum Mitglied des Ausschusses bestellt. Sie wirken in dem Ausschuss mit beratender Stimme mit.
Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 11 GO NW hat ein
Ratsmitglied das Recht, mindestens einem der Ausschüsse als Mitglied mit
beratender Stimme anzugehören. Es ist deshalb Sache des Ratsmitgliedes,
gegenüber dem Rat zu erklären, welchem der Ausschüsse es mit beratender Stimme
angehören will. Der Rat ist laut Kommentierung zur GO NW gebunden, das
Ratsmitglied für diesen Ausschuss zum Mitglied mit beratender Stimme zu
bestellen.
Die
Bürgermeisterin ist nicht stimmberechtigt.
I.
A.
Hubertus
Messing
Marion Dirks
Fachbereichsleiter Bürgermeisterin
Anlagen:
Schreiben vom 16.12.2011
Schreiben vom 21.12.2011