Betreff
Aufhebung der Zweckbestimmung des Interessentenvermögens und Übertragung der Grundstücke in das Eigentum der Stadt Billerbeck
Vorlage
FBPB/761/2012
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                    Beschlussvorschlag für den Rat:

 

  1. Der Ratsbeschluss vom 14.07.1992 wird dahingehend geändert, dass die gesamten Zweckbestimmungen des Interessentenvermögens aufzuheben sind.
  2. Die Verwaltung wird beauftragt, bezüglich jeder Interessentengemeinschaft einen Satzungsentwurf zu erstellen und den entsprechenden politischen Gremien zur Entscheidung vorzulegen. Vor dem endgültigen Satzungsbeschluss ist eine öffentliche Bekanntmachung des Entwurfs durchzuführen sowie die Landwirtschaftskammer zu beteiligen.
  3. Die in der Anlage beigefügten Satzungsentwürfe (Entwurf der Satzung der Stadt Billerbeck über der Aufhebung der Zweckbestimmungen des Interessentenvermögens der Gesamtheit der Beteiligten in der Zusammenlegung von Gerleve und Übertragung des Eigentums auf die Stadt Billerbeck, Entwurf der Satzung der Stadt Billerbeck über die Aufhebung der Satzung der Stadt Billerbeck vom 04.11.1994 über die Änderung des Rezesses über die Zusammenlegung von Hamern vom 08.06.1914 und über der Aufhebung der Zweckbestimmungen des Interessentenvermögens der Gesamtheit der Beteiligten in der Zusammenlegung von Hamern und Übertragung des Eigentums auf die Stadt Billerbeck) sind öffentlich bekannt zu machen und die Beteiligung der Landwirtschaftskammer ist vorzunehmen.

Sachverhalt:

 

Auf dem Gebiet der Stadt Billerbeck existiert eine Vielzahl von Flurstücken, die im Eigentum sogenannter „Interessentengemeinschaften“ stehen. Hierbei handelt es sich um Flurstücke, die nach den Festsetzungen in einem Rezess eines Auseinandersetzungsverfahrens zur gemeinschaftlichen Nutzung bestimmt sind oder einem anderen gemeinschaftlichen Interesse dienen. Solche Rezesse wurden größtenteils zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschlossen, um die gemeinsame Nutzung vor allem von Wegen und Gewässern für die Belange der Landwirtschaft zu regeln. Auf dem Gebiet der Stadt Billerbeck ist die Existenz von 14 Interessentengemeinschaften bekannt, deren Beteiligte insgesamt über etwa 350 Flurstücke verfügen, was einer Fläche von 683.551 m² entspricht.

Hierbei handelt es sich um folgende Interessengemeinschaften:

 

  • Beteiligtengesamtheit von Osthellen
  • Interessenten des Blömerfeldes
  • Interessenten der Hohenheide des Tiefeldes und des Wiescherfeldes
  • Interessenten des Ackerfeldes Kley
  • Interessenten des Rüschenfeldes und der Rüschenfeldsheide
  • Interessenten der Struckforter Mark
  • Interessenten der Ostheller Mark
  • Teilnehmerschaft von Lutum
  • Die Gesamtheit der Beteiligten in der Zusammenlegung von Gerleve
  • Die Gesamtheit der Beteiligten in der Zusammenlegung von Westhellen
  • Gesamtheit der Beteiligten in der Zusammenlegung von Hamern
  • Interessenten der Fredenheide
  • Interessenten der Hamerer Mark
  • Teilnehmergesamtheit Gerleve

 

In dem „Gesetz über die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten“ vom 9. April 1956 sind Regelungen zur Behandlung des Interessentenvermögens enthalten. Nach § 3 dieses Gesetzes werden die gemeinschaftlichen Angelegenheiten nach Beendigung des Auseinandersetzungsverfahrens durch die Gemeinde verwaltet. Die Gesamtheit der an den gemeinschaftlichen Angelegenheiten Beteiligten wird Dritten gegenüber durch den Bürgermeister vertreten. Da der Rezess für Festsetzungen, die im gemeinschaftlichen Interesse getroffen werden, gemäß § 2 des o. g. Gesetzes die Wirkung von Gemeindesatzungen hat, können nach Beendigung des Auseinandersetzungsverfahrens Festsetzungen mit Zustimmung der Gemeindeaufsichtsbehörde nur durch Gemeindesatzung geändert oder aufgehoben werden.

Unter Berücksichtigung der ursprünglich in den Rezessen verfolgten Zielsetzungen (vor allem Erschließung landwirtschaftlicher Flächen sowie deren gemeinsame Be- und Entwässerung) lässt sich bei der Untersuchung der im Interessentenvermögen stehenden Flurstücke feststellen, dass diese nicht mehr überwiegend landwirtschaftlichen Interessen dienen bzw. diese Belange auch anderweitig gesichert sind.

So sind beispielsweise viele Flurstücke, bei denen es sich laut Rezess um Gräben handelte, heute in der Örtlichkeit nicht mehr vorhanden und überackert worden. Im Liegenschaftskataster wurde in diesen Fällen bereits vielfach die Nutzungsart „Graben“ aufgehoben und eine Korrektur in die tatsächliche Nutzung vorgenommen. Auch grüne Wege, die in früheren Zeiten der Erschließung kleinerer Ackerparzellen dienten, sind im Zuge der Zusammenlegung zu größeren Ackerflächen entbehrlich geworden. Vielfach sind auch diese überackert worden. Insbesondere das Interessentenvermögen, das sich durch die Ausdehnung der Wohngebiete mittlerweile nicht mehr im Außenbereich, sondern im (Innen-) Stadtbereich befindet, ist ebenfalls für die Zwecke der Landwirtschaft zwischenzeitlich uninteressant.

Des Weiteren wird eine Vielzahl der Interessentenwege mittlerweile nicht mehr ausschließlich für landwirtschaftliche Zwecke genutzt. Sie sind vielmehr für die Öffentlichkeit zugänglich und quasi in das öffentliche Straßennetz integriert. Da die Stadt Billerbeck diese pflegt und unterhält und dauerhaft für die Nutzung durch die Öffentlichkeit vorhält, spricht auch in diesen Fällen nichts dagegen, die Zweckbestimmung aufzuheben und diese Wege in das Eigentum der Stadt zu übertragen. Die Erschließungsfunktion der landwirtschaftlichen Flächen ist durch die Bereitstellung des Wegenetzes für die Öffentlichkeit gewährleistet, eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung ist nicht erforderlich. Eine Aufhebung der Zweckbestimmungen durch entsprechende Satzungen wäre somit sinnvoll.

Ein weiteres Argument für die Aufhebung der Zweckbestimmung und die Übertragung des Eigentums auf die Stadt Billerbeck ist die Tatsache, dass den Beteiligten heute keine natürlichen oder juristischen Personen mehr unmittelbar zugeordnet werden können und die Verwaltung und vor allem Unterhaltung insbesondere der Wege des Interessentenvermögens wie gesetzlich vorgesehen bereits durch die Stadt Billerbeck erfolgt. Eine Übertragung des Eigentums auf die Stadt Billerbeck hätte den Vorteil, dass die Stadt Billerbeck dann „frei“ über das Eigentum verfügen könnte. Die Veräußerung eines Flurstückes wäre dann unter Beachtung der Zuständigkeitsordnung und Fassung der erforderlichen politischen Beschlüsse möglich, ohne für jeden Einzelfall zunächst das Satzungsverfahren zur Aufhebung der Zweckbestimmung durchzuführen und die entsprechenden Genehmigungen der Aufsichtsbehörden einzuholen.

Bereits in der Vergangenheit wurde dieses ähnlich gesehen, so dass am 14.07.1992 durch den Rat der Stadt Billerbeck beschlossen wurde, die Zweckbestimmung der Wirtschaftswege aufzuheben und bezüglich jeder Interessentengemeinschaft jeweils einen Satzungsentwurf anzufertigen und dem Bezirksausschuss zur Vorberatung vorzulegen.

Offensichtlich wurde aufgrund dieses Ratsbeschlusses bisher die Interessentengemeinschaften Holthausen-Gantweg aufgelöst.

Da der Ratsbeschluss vom 14.07.1992 nur die Aufhebung der Zweckbestimmung der Wirtschaftswege beinhaltet, jedoch auch Flurstücke mit anderen Nutzungsarten (Gräben, Bäche etc.) im Eigentum der Interessentengemeinschaften stehen, wird verwaltungsseitig eine Änderung des Beschlusses dahingehend vorgeschlagen, dass alle Zweckbestimmungen aufzuheben sind und das Eigentum sämtlicher Flurstücke auf die Stadt Billerbeck übertragen wird. Die entsprechenden Satzungen sind nach und nach für die einzelnen Interessentengemeinschaften aufzustellen.

Aufgrund der Erweiterung des Industriegebietes Hamern, von der auch Flächen im Eigentum der Gesamtheit der Beteiligten in der Zusammenlegung von Hamern betroffen sind, und des Beschlusses des Rates vom 12.04.2011 über die Veräußerung einer Fläche aus dem Vermögen der Gesamtheit der Beteiligten in der Zusammenlegung von Gerleve, wird vorgeschlagen, mit der Aufhebung der Zweckbestimmungen der Flurstücke dieser Interessentengemeinschaften zu beginnen.

Für die Gesamtheit der Beteiligten in der Zusammenlegung von Hamern wurde bereits eine entsprechende Satzung im Amtsblatt der Stadt Billerbeck vom 23.11.1994 veröffentlicht, allerdings wurde die Eigentumsumschreibung aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen bisher grundbuchlich nicht vollzogen. Da diese Satzung nicht zu allen im Eigentum dieser Interessentengemeinschaft stehenden Flurstücke Regelungen enthielt, wird verwaltungsseitig vorgeschlagen, diese durch eine neue Satzung aufzuheben und entsprechend zu ändern.

Bei der Überprüfung der Rezesse zu den Zusammenlegungen Gerleve und Hamern wurde festgestellt, dass die in diesen Unterlagen verwandten Flurstücksbezeichnungen nicht mit den heutigen Flurstücksbezeichnungen übereinstimmen. Dieses ist auf die Neuordnung der Flure, aber auch auf Fortführungen des Liegenschaftskatasters durch Grundstücksteilungen und / oder –vereinigungen zurückzuführen. Anhand der Grundstücksgrößen ließen sich eine Vielzahl der in den Rezessunterlagen erwähnten Flurstücke den aktuellen Flurstücksbezeichnungen zuordnen, eine komplette Zuordnung ist allerdings nicht möglich. Bei der Überprüfung der Grundbücher (sofern vorhanden) wurde außerdem festgestellt, dass vereinzelt Flurstücke erst viele Jahre nach den Rezessen in das Eigentum der jeweiligen Interessentengemeinschaft übertragen wurden. Für diese Flurstücke besteht keine ausdrückliche Zweckbestimmung, da sie nicht Bestandteil des Rezesses waren. Da sie jedoch in das Eigentum der Beteiligten übertragen wurden, ist davon auszugehen, dass auch sie der gemeinschaftlichen Nutzung dienen sollten.

Es wird daher vorgeschlagen, die Zweckbestimmungen für alle Flurstücke der Gesamtheit der Beteiligten in der Zusammenlegung von Hamern bzw. Gerleve, die sich anhand des Aktuellen Liegenschaftsbuches und des Grundbuchs ermitteln lassen, aufzuheben, bei einer möglicherweise nicht (ausdrücklich durch Rezess) geregelten Zweckbestimmung einzelner Flurstücke wäre dieses unschädlich. Problematischer wäre der Umkehrschluss, wenn ein Flurstück einer Zweckbindung unterliegen würde und diese möglicherweise nicht aufgehoben würde.

Hinsichtlich der Wege ist grundsätzlich nach Auflösung der Zweckbestimmung die Übertragung des Eigentums auf die Stadt Billerbeck unproblematisch. Fraglich ist allerdings, ob die Gewässergrundstücke (Gräben und Bäche) aufgrund der Regelungen des Landeswassergesetzes NRW (LWG) auf die Stadt Billerbeck übertragen werden können. Nach § 3 LWG handelt es sich bei den Gräben und Bächen um sonstige Gewässer, die gemäß § 5 Absatz 1 LWG Bestandteil der Ufergrundstücke sind und deren Eigentümern gehören, sofern sie kein eigenes Grundstück bilden. Da die Gewässergrundstücke der Interessentengemeinschaften jedoch über eine eigene Flurstücksbezeichnung verfügen, dürfte der § 5 Absatz 1 LWG nicht anwendbar sein. Diese Auffassung wird auch vom Grundbuchamt des Amtsgerichtes Coesfeld geteilt, so dass diese Flurstücke auch in das Eigentum der Stadt Billerbeck übertragen werden können.

In der Anlage sind die entsprechenden Satzungsentwürfe beigefügt. Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen, vor der endgültigen Beschlussfassung über die Satzung eine öffentliche Bekanntmachung der Satzungsentwürfe und Offenlage der entsprechenden Flurstücke für die Dauer von einem Monat durchzuführen. Hierdurch wird der Tatsache Rechnung getragen, dass den Beteiligten der Interessentengemeinschaften keine natürlichen oder juristischen Personen mehr zugeordnet werden können, durch die Bekanntmachung und Offenlage jedoch jedermann die Gelegenheit erhält, sich über das Verfahren zu informieren und eventuelle Ansprüche geltend zu machen. Parallel ist die Landwirtschaftskammer zu beteiligen.

Anschließend sind die Satzungen nach der Beratung durch die entsprechenden politischen Gremien durch den Rat zu beschließen. Die Ratsbeschlüsse sind der Aufsichtsbehörde zur Zustimmung / Genehmigung vorzulegen. Daran schließt sich das für Satzungen übliche Verfahren (öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt Billerbeck) an.

 

Im Auftrag                               Im Auftrag

 

Jutta Greving             Gerd Mollenhauer                 Marion Dirks

Sachbearbeiterin                  Fachbereichsleiter                Bürgermeisterin

 

 

 

 


Anlagen:

 

Anlage 1:

           

Entwurf der Satzung der Stadt Billerbeck über der Aufhebung der Zweckbestimmungen des Interessentenvermögens der Gesamtheit der Beteiligten in der Zusammenlegung von Gerleve und Übertragung des Eigentums auf die Stadt Billerbeck

 

Anlage 2:

 

Entwurf der Satzung der Stadt Billerbeck über die Aufhebung der Satzung der Stadt Billerbeck vom 04.11.1994 über die Änderung des Rezesses über die Zusammenlegung von Hamern vom 08.06.1914 und über der Aufhebung der Zweckbestimmungen des Interessentenvermögens der Gesamtheit der Beteiligten in der Zusammenlegung von Hamern und Übertragung des Eigentums auf die Stadt Billerbeck