Betreff
Antrag auf Änderung des Bebauungsplanes "Wüllen"
hier: Grundlagenermittlung zur Änderung des Bebauungsplanes
Vorlage
FBPB/805/2013
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                  Beschlussvorschlag für den Rat:

Die Verwaltung wird beauftragt, mit dem Antragsteller das Konzept eines Mehrgenerationenhauses weiter aufzuarbeiten. Dabei ist jedoch das Maß der baulichen Nutzung, wie im Sachverhalt beschrieben, beizubehalten. Zudem wird die Verwaltung beauftragt, im Rahmen ihrer zeitlichen Möglichkeiten eine gesamte Überarbeitung des Bebauungsplanes vorzubereiten.


Sachverhalt:

 

Bezüglich des in oben genannter Sitzung beratenen Antrages wurde verwaltungsseitig das Plangebiet „Wüllen“ grundlegend betrachtet. Verwaltungsseitig wurden sämtliche in den Bauakten vermerkten Vorgänge geprüft. Zum einen sind die bisher vom Bebauungsplan erteilten Befreiungen und Abweichungen aufgelistet worden, des Weiteren alle abgelehnten Bauvorhaben oder in den Akten vermerkten Problemstellungen. Zudem wurde der Bebauungsplan in Teilbereichen geändert, so dass auch an den jeweiligen Begründungen städtebauliche Zielrichtungen erkennbar sind.

 

Der o. g. Antrag bezog sich zum einen auf den Wunsch, ein geändertes Maß der baulichen Nutzung zuzulassen (es ist eine zweigeschossige Bauweise gewünscht), zum anderen möchte der Bauherr ein Mehrfamilienhaus als Mehrgenerationenhaus verwirklichen. Beide Punkte sind separat aufgearbeitet worden.

 

Von folgenden Festsetzungen des Maßes der baulichen Nutzung wurde relativ häufig abgewichen, so dass hier eine Änderung sinnvoll erscheint:

-       Garagen sind nur innerhalb der überbaubaren Flächen oder an den dafür ausgewiesenen Stellen zulässig.

o   Flächen wurden sehr eng ausgewiesen und nicht immer an Stellen, an denen typischer Weise eine Garage geplant würde.

-       Traufhöhe 3,00 m (ohne Definition des oberen Schnittpunktes)

o   Traufhöhe und festgesetzte Drempelhöhe passen nicht zusammen.

-       Drempelhöhe darf 0,40 m nicht überschreiten (ohne Definition der Bezugspunkte).

o   Es gibt einige Befreiungen bis 60 cm (gemessen von Oberkante Rohdecke bis Oberkante Fußpfette).

-       Dacheindeckungen dürfen nur in dunklen Farbtönen erfolgen.

o   Es gibt schwarze und rote Dacheindeckungen; dunkel ist nicht definiert.

 

Folgende Festsetzungen müssten bei einer Überarbeitung des Planes für die Grundstücke neu überdacht werden:

-       Vorgartenflächen sind ungenau und teilweise sehr großzügig festgesetzt. Dies führt immer wieder zu Problemen bei Eckgrundstücken, da dort kaum Möglichkeiten zur Errichtung von Garagen bestehen. Der städtebauliche Wunsch, dass die Anlagen und Straßenräume dadurch großzügig wirken, ist durch angepflanzte Hecken in der Wirklichkeit gerade bei Eckgrundstücken nicht zu sehen.

-       Von der Dachneigung wurde zwar in einigen Fällen abgewichen, insgesamt ergibt sich jedoch ein relativ homogenes Bild. Im Bereich der Kleinsiedlungshäuser an der Annettestraße entspricht die festgesetzte Dachneigung jedoch nicht dem Bestand (steileres Dach, schmalere Gebäude).

-       In einzelnen Bereichen wären Anpassungen der Baulinien/Baugrenzen und Firstrichtung entsprechend der verwirklichten Gebäude sinnvoll.

-       Die Geschossflächenzahl wird in neueren Bebauungsplänen nicht mehr ausgewiesen. Diese gibt an, wie viel Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig ist. Ohne Vorgabe der zulässigen Menge der Wohneinheiten pro Grundstücksfläche oder Wohngebäude ist sie sinnvoll. Sofern in einer Bebauungsplanänderung Regelungen zu den Wohneinheiten getroffen werden sollen, könnte sie aufgrund der Vorgaben durch die Grundflächenzahl, der Geschosse und der Drempelhöhe entfallen. Zusätzlich könnte noch eine Begrenzung der Firsthöhe aufgenommen werden, so dass der Baukörper in seinem Volumen trotzdem klar begrenzt wäre.

 

Insgesamt betrachtet hat sich nach Aufstellung des Bebauungsplanes „Wüllen“ 1980 das Baugebiet bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung homogen entwickelt. Auch wenn es etliche Befreiungen und Abweichungen gibt, wurde jedoch der Grundzug der Planung mit dem klassischen eineinhalbgeschossigen Wohnhaus beibehalten. Im ganzen Plangebiet gibt es nur einen zweigeschossigen Anbau an der Annettestraße aus Mitte der 1970èr (vor dem Bebauungsplan).

 

Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen, eine Änderung des Bebauungsplanes bezüglich einer höheren Geschossigkeit nicht weiter zu verfolgen. Diese Änderung würde die Grundzüge der Planung betreffen. Der rechtskräftige Bebauungsplan war Entscheidungsgrundlage etlicher  Anlieger, dort ein Grundstück oder Wohnhaus zu erwerben. Eine so grundlegende Änderung lässt sich auch nicht mit dem allgemeinen Ziel einer städtebaulich sinnvollen Nachverdichtung begründen, da diese auch unter Einhaltung der vorhandenen baulichen Maßstäbe erreicht werden kann. Die Ausweisung für ein einzelnes Grundstück würde jegliche städtebauliche Gliederung und den Gleichheitsgrundsatz missachten.

 

Der Wunsch der Anlieger, den Charakter des Wohngebietes mit Ein- und Zweifamilienhäusern zu wahren und auf der anderen Seite der Wunsch einiger Grundstückeigentümer, Mehrfamilienhäuser zu errichten, hat im Baugebiet „Wüllen“ bereits eine langjährige Geschichte. Hier die Chronologie:

 

Bei der Planung des Wohngebietes „Wüllen“ wurden zur Landstraße hin Reihenhäuser geplant und im hinteren Bereich eingeschossige Häuser. In der Begründung des Bebauungsplanes wird als Planungsziel angegeben, dass dort Einfamilienhäuser geplant seien. Man ging bei der Planung von ca. 3,5 Personen pro Wohngebäude aus.

1982 wird aus diesem Grund ein Bauvorhaben mit drei Wohneinheiten abgelehnt.

 

Da Mitte der 1980èr klar wurde, dass die Reihenhäuser nicht zu vermarkten waren, wurde der Bebauungsplan mit der Zielsetzung geändert, dort freistehende Einfamilienhäuser und Doppelhäuser zu planen. In der Begründung sind als Planungsziel Einzel- und Doppelhäuser formuliert.

1990 wird in der Natz-Thier-Str. ein Wohnhaus mit 7 Wohneinheiten beantragt. Aufgrund der vom Antragsteller gewünschten Überschreitung der Baugrenze war die Nachbarzustimmung erforderlich. Diese wurde versagt und eine öffentliche Diskussion  über die Erhaltung des Charakters des Gebietes begann. Das Vorhaben wurde mit Anpassungen verwirklicht. Danach wurde zwei Grundstücke weiter ein Vierfamilienhaus geplant. Auch hier sollten Baugrenzen überschritten werden. Aufgrund der Nachbarproteste wurde das Vorhaben stark verkleinert und es entstand ein Doppelhaus mit Einliegerwohnung.

Aufgrund der Wohnungsnot Anfang der 1990` erweiterten sich die Wünsche nach Mehrfamilienhäusern von Investoren auf den noch freien Grundstücken immer weiter. 1991 wird ein als Doppelhaus bezeichnetes Wohngebäude mit zwei Einliegerwohnungen im Keller im Bereich Karl-Wagenfeld-Straße genehmigt.

1994 werden im Kreuzungsbereich der Natz-Thier-Straße zwei Mehrfamilienhäuser mit je 5 Wohneinheiten geplant. Da auch diese nicht den Festsetzungen des Bebauungsplanes entsprachen, sollte eine Änderung des Bebauungsplanes erfolgen. Diese mündete in Proteste durch die Anlieger. Sie monierten die massive Bebauung und die zu gering dimensionierten Verkehrsflächen und Parkplätze für diese Bebauung. Daraufhin wurde der Bebauungsplan für diesen Teilbereich dahingehend geändert, dass für die betroffene Baureihe maximal 2 Wohneinheiten pro Wohngebäude zugelassen wurden und eine Mindestgrundstücksgröße von 350 qm festgesetzt wurde.

1995 sollen auf dem Grundstück der 6. Änderung des Bebauungsplanes „Wüllen“ (Ecke Kapellenweg/Natz-Thier-Straße) zwei Vierfamilienhäuser errichtet werden. Aufgrund der Diskussionen wurde die Planung nicht weiter verfolgt.

1995 wird am „Wüllen“ der Überschreitung der Baugrenze nur zugestimmt, wenn maximal zwei Wohneinheiten entstehen (Stadtentwicklungs- und Bauausschuss vom 23.05.1995).

1996 wird eine vereinfachte Änderung des Bebauungsplanes für ein Grundstück in der Karl-Wagenfeld-Straße durchgeführt, als Bedingung wurde formuliert, dass nicht mehr als zwei Wohneinheiten entstehen.

1999 wird auf dem o. g. Eckgrundstück Kapellenweg/Natz-Thier-Straße der Bebauungsplan dahingehend geändert, dass zwei Doppelhäuser zulässig sind.

2004 erfolgt in der 6. Änderung eine weitere Anpassung und im Ergebnis wurden zwei Einfamilienhäuser und ein Doppelhaus verwirklicht. Der Bebauungsplan setzte jedoch weiterhin genau die Menge der Wohneinheiten (für alle drei Gebäude vier) fest.

2008 wird die 7. Änderung des Bebauungsplanes für ein Grundstück an der Natz-Thier-Straße durchgeführt. Dabei werden unter Beibehaltung des Maßes der baulichen Nutzung zusätzlich drei Wohnungen für Menschen mit besonderem Wohnbedarf zugelassen. Für die Anlieger war damals wichtig, dass zum einen eine besondere Wohnform berücksichtigt werden sollte und die Gebäude von ihrem Charakter ins Gebiet passen. Dieses Projekt ließ sich nicht verwirklichen (s. vorheriger Tagesordnungspunkt).

 

An den Planunterlagen lässt sich immer wieder erkennen, dass der Wunsch einiger Grundstückseigentümer, ihre Grundstücke mit Mehrfamilienhäusern zu bebauen, einherging mit dem Wunsch, das Maß der baulichen Nutzung zu überschreiten. Aufgrund der Vorgaben durch den Bebauungsplan ist der Charakter des Gebietes vorgegeben. Dies lässt sich auch daran erkennen, dass bei den heute intensiver bebauten Grundstücken bezüglich zulässiger Grenzbebauung, Anlage von Carports und Garagen immer wieder Probleme auftreten, da hierfür kein Platz mehr ist. Der Grundgedanke des damaligen Plangebers widerspricht einer intensiveren Nutzung der Grundstücke.

 

Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen, weiterhin den Gebietscharakter des Wohngebietes „Wüllen“ zu erhalten. Zwar lassen sich bei einzelnen Festsetzungen in der Planzeichnung Verbesserungen erreichen, ein willkürlicher Wechsel ohne städtebauliches Grundkonzept erscheint jedoch nicht gebietsverträglich.

Verwaltungsseitig wird davon abgeraten, ein Mehrfamilienwohnhaus ohne besonderes Wohnkonzept zuzulassen. Entsprechend des Gleichheitsgrundsatzes müsste dies ansonsten für alle Grundstücke gleichermaßen gelten. Bei einer Bebauung mit Mehrfamilienhäusern auf allen noch freien Grundstücken des Bereiches Kapellenweg und Natz-Thier-Straße würden die Kapazitätsgrenzen der schmalen Erschließungsstraßen erreicht und die wenigen öffentlichen Stellplätze nicht ausreichen.

Das Anschreiben eines der betroffenen Grundstückseigentümer ist als Anlage beigefügt. Ob das Konzept aus dem vorherigen Sitzungspunkt noch einmal geändert würde, ist bei Eröffnung der Möglichkeiten zum Bau eines Mehrfamilienhauses offen. Interessenten gab es bereits. Im rückwärtigen Teil der Grundstücke Kapellenweg gibt es weitere unbebaute Flächen.

Zudem müssten auch vergleichbare Wohngebiete untersucht werden, um auch hier gegebenenfalls eine geänderte Richtung anzustreben. Dies würde eine Gesamtbetrachtung der Stadt voraussetzen. Hierbei ist auch die Rechtssicherheit, die ein bestehender Bebauungsplan den Grundstückseigentümern geben soll, zu berücksichtigen.

 

Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen, mit dem Antragsteller weiter an dem Konzept „Mehrgenerationenhaus“ zu arbeiten. Dabei wäre es notwendig, dass es dem Maß der baulichen Nutzung entspricht. Das würde natürlich nicht die Punkte betreffen, welche unter die sinnvollerweise zu ändernden Festsetzungen fällt (s. o.).

 

Die Planung sieht zudem eine zu dichte Nutzung auf dem Grundstück vor (s. Lageplan). Zusätzliche Stellplätze wären nötig und bei Einhaltung der Grundflächenzahl nur durch eine Erweiterung der zugeordneten Grundstücksfläche möglich. Zusätzlich sollte das bisher nur schwammig formulierte Mehrgenerationenhaus mit Inhalt gefüllt werden. Sofern hier klar erkennbar ist, dass es sich nicht um ein beliebiges Mehrfamilienhaus, sondern um ein Konzept mit entsprechenden Einrichtungen und Möglichkeiten handelt, sollte ein weiteres Mal darüber beraten werden, ob und wie der Bebauungsplan für dieses Grundstück geändert werden sollte.

 

Im Weiteren wird vorgeschlagen, dass insgesamt eine Neuaufstellung des Bebauungsplanes „Wüllen“ angestrebt werden sollte. Neben den o. g. Änderungen sollten hier dann auch Regelungen zur Begrenzung der Menge der Wohneinheiten einfließen. Neben den vielen aktuellen Planverfahren ist jedoch auch noch der Bebauungsplan „Kerkeler“ zu überarbeiten. Insofern ist ein Zeitplan zurzeit schwierig. Sofern der Auftrag an ein Planungsbüro vergeben würde, wäre mit über 10.000,- € Planungskosten nach Honorarordnung (niedrigste Honorarzone) zu rechnen.

 

 

 

i. A.                                                     i. A.

 

 

 

Michaela Besecke                           Gerd Mollenhauer                           Marion Dirks

Sachbearbeiterin                             Fachbereichsleiter                           Bürgermeisterin

 


Bezug:      Sitzung des Stadtentwicklungs- und Bauausschusses vom 15.11.2012, TOP 5 ö.S. und des Rates vom 13.12.2012, TOP13 ö.S.

 

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                                       500,- €

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                              09010/54310000

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag:                                                                             


 


Anlagen:

Eingabe eines Grundstückseigentümers

Lageplan des Antragstellers aus der o.g. Sitzung