Betreff
Regionale
hier: Projekt "Wohnen mit (Mehr-)Wert - Werterhaltung älterer Wohngebiete im ländlichen Raum -Beispielhaftes Projekt in einem noch auszuwählenden Wohngebiet in Billerbeck
Vorlage
FBPB/848/2013
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                    Beschlussvorschlag für den Rat:

Die Verwaltung wird beauftragt, im Rahmen einer freihändigen Vergabe Angebote für die Durchführung des modellhaften Prozesses zur Auswahl eines geeigneten Wohngebietes unter modellhafter Einbindung der Bürger einzuholen.


Sachverhalt:

 

In den o. a. Sitzungen ist über die weitere Vorgehensweise zum Regionale-2016-Projekt „Wohnen mit (Mehr-)Wert“ beraten worden. Nachdem das Projekt im vergangenen Jahr den C-Stempel der Regionale bekommen hatte, steht nun die Erarbeitung einer Projektstudie an, die die Qualifizierung des Projektes für die nächste (B-)Stufe leisten soll.

 

 

Zum aktuellen Zwischenstand des Projektes ist folgendes auszuführen:

 

1. Projektziel

Im Rahmen der Projektidee "Wohnen mit (Mehr-)Wert" soll in einem ausgewählten Wohngebiet in Billerbeck erprobt werden, wie es gelingen kann, mittels einer konzentrierten Aufbereitung und Anwendung der vielen bereits vorhandenen Beratungs- und Unterstützungsangebote bei den Einzeleigentümern von Immobilien ein Höchstmaß an Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit der eigenen Wohnzukunft und dem hierfür erforderlichen Umgang mit der Immobilie zu erzeugen. Im Idealfall mündet dies in möglichst viele konkrete (Umbau-)Maßnahmen in dem ausgewählten Wohngebiet. Diese sind jedoch nicht primäres Ziel der Projektidee. Vielmehr geht es darum, den Prozess im ausgewählten Quartier intensiv zu begleiten und zu "erforschen". Die Leitfrage lautet dabei

 

"Wie kann eine Kommune die Auseinandersetzung von Einzeleigentümern mit ihrer persönlichen Wohnzukunft und mit den sich ergebenden Auswirkungen auf ihre Immobilien unterstützen?"

 

Als regionales Spezifikum sollen die organisierten Nachbarschaften vor Ort als Kommunikations- und Motivationsinstanz intensiv eingebunden werden. Die Arbeit im Rahmen des Projektes erfolgt so nicht nur mit der Vielzahl der Einzeleigentümer, sondern mit der örtlichen Nachbarschaft als Interessensgemeinschaft, die sich das Projekt zu Eigen macht.

 

Aus den Erkenntnissen, die in Billerbeck in der intensiven Auseinandersetzung mit einem Quartier gewonnen werden, sollen in der Folge allgemeine Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, die dann allen kommunalen Akteuren in der Region zur Verfügung stehen.

 

2. Projektstruktur

Für die Entwicklung der Projektidee "Wohnen mit (Mehr-)Wert" werden zwei aufeinander aufbauende Handlungsstränge definiert: Im ersten Handlungsstrang geht es zunächst um die Auswahl des für die Umsetzung der Projektidee am besten geeigneten Wohngebietes mit entsprechenden Strategien sowie die anschließende konkrete Arbeit im Wohngebiet. Im zweiten Handlungsstrang stehen die "Begleitforschung" und der Transfer der gewonnenen Erkenntnisse in die gesamte Bürgerschaft Billerbecks sowie in die Region im Mittelpunkt.

 

2.1. Erster Handlungsstrang: Auswahl eines Wohngebietes

Im ersten Handlungsstrang geht es um die Auswahl eines geeigneten Wohngebietes mit dafür geeigneten Strategien und die spätere Arbeit im Wohngebiet mit den handelnden Akteuren.  Ziel ist es, im ausgewählten Wohngebiet Vertrauen und dann das Bewusstsein zu schaffen, dass es in Zeiten des demographischen Wandels und vor dem Hintergrund der neuen energetischen Anforderungen wichtig ist, gemeinsam zu definieren, wie das Zusammenleben im Quartier gestaltet werden soll und welche Schritte dafür nötig sind.  Die dazu zu entwickelnden Instrumentarien sollen dokumentiert werden, um als Handreichungen für  ähnlich gelagerte Projekte zu dienen.

Im weiteren wird als Ziel definiert, für die gesamte Stadt und auch für die Region ein Informations- und Beratungssystem zum Thema Bestandsimmobilien zu schaffen. Dieses Beratungsangebot, das gemeinsam mit Architekten, Betrieben und Banken aufgebaut werden soll, soll dazu beitragen, das Thema  dauerhaft zu besetzen.

 

2.1.1.Studierendenprojekt als stadtweiter Auftakt

Zwei Studierende der Alanus-Hochschule in Alster/Bonn haben inzwischen ihre Masterarbeit zu dem Thema Entwicklung der älteren Wohngebiete erstellt. Anhand vorhandener Strukturdaten haben sie für ihre Arbeit das Wohngebiet „Kerkeler“ ausgewählt und sich hiermit intensiv beschäftigt. Die Arbeit wurde am 9. September präsentiert. Zu dieser Präsentation wurden auch Vertreter der Fraktionen eingeladen. Die Presse hat über das Projekt ebenfalls am 11. September berichtet.

 

2.1.2. Auswahl des am besten  geeigneten Wohngebietes

Als nächster Schritt sollen nun in einem Workshop mit zufällig ausgewählten Eigentümern Fachleute die Themen vorstellen, die in dem auszuwählenden Wohngebiet bearbeitet werden sollen: Barrierefreiheit, Variables Wohnen für jedes Lebensalter, soziale Dienstleistungen? Nach Auswertung der bei der Stadt vorhandenen Strukturdaten bieten sich drei Wohngebiete für eine vertiefte Analyse und Bearbeitung im Rahmen des Projektes an, die gemäß der Projektkonstruktion allerdings nur in einem Gebiet durchgeführt werden soll. Es gilt also, das am besten geeignete Wohngebiet auszuwählen. Hierfür sollen folgende Instrumente genutzt werden:

In einem Workshop mit zufällig ausgewählten Immobilieneigentümern aus den drei Wohngebieten „Kerkeler“, „Dreitelkamp I“ und „Zu den Alstätten“ wird die geplante Zielrichtung und Funktionsweise des Projektes sowie der konkrete Nutzen für und die Anforderungen an die Bewohner des letztlich ausgewählten Gebietes im Detail vorgestellt. Mit den Teilnehmenden soll daraufhin erarbeitet werden, welche Ziele sie für ihr Wohngebiet haben und was sie als (Mehr-)Wert sehen. Das Ziel besteht darin, zu ermitteln, in welchem Wohngebiet sich am ehesten Begeisterung für das Projekt wecken lässt und wo es eine aktive Nachbarschaft gibt, die sich das Thema zu Eigen machen will. Bestenfalls entsteht zwischen den Nachbarschaften ein "Wettbewerb" um die Auswahl.

Die Durchführung eines solchen modellhaften Prozesses zur Einbindung der Bürger als Baustein des Regionale-2016-Prozesses soll an ein Fachbüro vergeben werden. In die Vorüberlegung wurde im vergangenen Jahr bereits die Bergische Universität Wuppertal eingebunden, die umfangreiche Erfahrungen mit solchen Bürgerbeteiligungen hat und ihr Interesse am Billerbecker Projekt bekundet hat.

 

Als Ergänzung zu den bei der Stadt Billerbeck bereits vorhandenen Strukturdaten werden in den drei Wohngebieten per Befragung (möglichst Vollerhebung) weitere Informationen erhoben. Leitfragen sind: Wie ist der tatsächliche Sanierungszustand der Immobilien? Welche Pläne haben die Eigentümer der Immobilien für die Zukunft? Dabei soll es auch um das Thema Wohnumfeld gehen. Welche Unterstützungsleistungen brauchen die Menschen in ihrem Wohngebiet. Hilfe bei der Gartenarbeit/Hausarbeit,  Hilfe beim Einkauf und sonstigen Wegen, Hilfe bei der Pflege oder bei der Kinderbetreuung? Was kann die Nachbarschaft da leisten? Das Thema Mobilitat  (z.B. Bürgerbus) dürfte ein wichtiges Thema sein.  Wie komme ich in die Stadt, wenn ich in meinem Wohngebiet auch im Alter wohnen bleibe. Mit der Erhebung soll eine Studierender beauftragt werden.

Die Entscheidung für ein konkretes Wohngebiet, das im weiteren Verlauf des Projektes in den Fokus rücken soll, wird an Hand

  • der vorab ermittelten Strukturdaten,
  • der zusätzlich per Befragung erhobenen Informationen und
  • der Ergebnisse des Workshops/der Bereitschaft der Bewohner zum Mitmachen

getroffen.

 

2.1.3  Aufbau eines Quartiersmanagements in Kooperation mit der Nachbarschaft

Nach Auswahl des Wohngebietes muss müssen substantielle Gespräche mit den Einzeleigentümern aufgenommen werden. Hierfür soll für eine bestimmt Zeit (z.B. ein Jahr) die Position eines "Kümmerers" bzw. Quartiersmanagers vorgesehen werden, der alle vorhandenen Beratungsangebote zu den verschiedenen Aspekten von Bestandsimmobilien (Substanzermittlung, Wertermittlung, Energieberatung, Objektsuche, Barrierefreiheit, Förderung etc.) und Wohnkarrieren koordiniert und hierfür eng mit externen Partnern wie Architekten, Kreditinstituten, Kreishandwerkerschaft etc. zusammenarbeitet. Der "Kümmerer" spielt die zentrale Rolle im Projekt und bildet die Schnittstelle zwischen Beratungsanbietern und -nachfragern sowie der Stadtverwaltung. Die Kenntnis des "Kümmerers" über die Situation und die Pläne der einzelnen Immobilieneigentümer ist dabei ebenso wichtig für das Gelingen des Projektes, wie ein Vertrauensverhältnis und ein "direkter Draht" zu den Eigentümern und den Nachbarschaften als Multiplikatoren. Hierfür erscheint es hilfreich, wenn der "Kümmerer" seinen Sitz nicht im Rathaus hat, sondern ständig vor Ort im Wohngebiet präsent ist – z.B. in einem "Info-Container" oder in einer leerstehenden Immobilie. Begleitet wird das Quartiersmanagement durch eine breite stadtweite Öffentlichkeitsarbeit mit Workshops, "Tagen der offenen Tür", einem Internetauftritt und weitere Aktivitäten. Ziel ist das Signal: Hier im Gebiet passiert etwas!

 

Im Idealfall lassen sich Immobilieneigentümer durch die Arbeit des Quartiersmanagements dazu motivieren, den Zustand ihrer Immobilie und ihre künftigen Wohnvorstellungen kritisch zu hinterfragen und aktiv zu werden, so dass das Wohngebiet sich nach der Projektlaufzeit tatsächlich verändert hat.

 

Es ist zu prüfen, ob das Quartiersmanagement in Form eines Projektes in der LEADER-Region Baumberge organisiert werden kann.

 

Der Quartiersmanager übernimmt die weitere Projektsteuerung und muss einen direkten Draht zu den Eigentümern aufbauen. Er muss durch geeignete Instrumentarien Vertrauen schaffen und Informationen bündeln: Sonntägliche Frühstücksgespräche, Büro direkt im Wohngebiet (z.B. Container oder in einem der Häuser)

 

 

2.2. Zweiter Handlungsstrang

2.2.1. Transfer der Erfahrungen und Werkzeuge

Parallel zum ersten Handlungsstrang, der sich um die Implementierung und Umsetzung der Aktivitäten vor Ort dreht, sollen in einem zweiten Handlungsstrang alle Erkenntnisse aus dem Projekt gesichert und für Dritte verfügbar gemacht werden. Ziel ist es, die unter "Laborbedingungen" im Wohngebiet gewonnenen Ergebnisse zur Beeinflussung von Entscheidungen privater Immobilieneigentümer in der Folge für interessierte Akteure innerhalb und außerhalb der Region verfügbar und für ihre eigene Arbeit nutzbar zu machen. Bei diesem Strang handelt es sich also um eine Art Forschungsprojekt und daran anschließende Transfer-Aktivitäten.

 

Es ist zu prüfen, ob bzw. unter welchen Bedingungen Frau Prof. Garbski Kieron vom Fachbereich Geographie an der Universität Münster, die bereits Interesse an der Projektidee bekundet hat,  für die Begleitforschung gewonnen werden kann.

 

 

2.2.2. Stadtweite Aktionen

Wenn auch das ausgewählte Wohngebiet im Focus steht, wird das Interesse aller Bürgerinnen und Bürger der Stadt geweckt. Daher sollen parallel geeignete Informationsveranstaltung zu den Themen Umgang mit Altbau. Barrierefreiheit und Energieeffizienz stattfinden.

Gedacht ist an eine  Vortragsreihe  zum Thema ältere Wohngebiete für alle Bürger (Ähnlich wie Fliegendes Klassenzimmer der Regionale). Kooperationspartner sind dabei Banken, Architekten, Kreishandwerkerschaft.

Darüber hinaus soll die regelmäßige Kommunikation über das Projekt durch eine eigene Internetseite gewährleistet werden, auf der alle Ergebnisse und Aktionen eingestellt werden.

Ziel ist ebenso der Aufbau eines  gebündelten Beratungsangebotes zum Thema Bestandsimmobilien (Substanzermittlung, Wertermittlung, Energieberatung, Objektsuche, Beratung über Barrierefreiheit, Überblick über Förderprogramme), getragen von Architekten, Banken, Kreishandwerkerschaft etc.

 

 

Wie in dem vorstehenden Überblick über den Sachstand des Projektes dargelegt ist, müsste nun als nächster Schritt die Auswahl des Wohngebietes im Rahmen eines Projektauftrages an ein externes Büro erfolgen. Die voraussichtlichen Kosten werden geschätzt mit ca. 25.000,- Euro, wovon 60 % über die Städtebauförderung und/oder die Regionale-Agentur gefördert werden, sodass ein Stadtanteil in Höhe von ca. 10.000,- Euro verbleibt.

 

In den o. a. Beratungen wurde intensiv über die möglichen Kosten des Gesamtprojektes diskutiert. Es wurde verwaltungsseitig deutlich gemacht, dass diese nicht konkret benannt werden können und sich auch erst im weiteren Verfahren konkreter fassen lassen werden, da sich denkbare Projekte erst im weiteren Prozess ergeben. Seitens der Bezirksregierung wurde deutlich gemacht, dass das Landesinteresse an diesem Projekt hoch ist und mit Förderungen in Höhe des individuellen Fördersatzes der Stadt Billerbeck (zurzeit 60 %) gerechnet werden kann. Inwieweit einzelne Maßnahmen auch aus anderen Töpfen mit einem höheren Fördersatz bezuschusst werden können, kann erst ermittelt werden, wenn konkrete Maßnahmen benannt sind. Die Regionale-Agentur und die Städtebauförderung der Bezirksregierung werden bei der Erschließung von Fördertöpfen behilflich sein.

Im aktuellen Projektstand geht es zunächst um die Auswahl des Wohngebietes und die weitere Qualifizierung des Projektes in der Regionale 2016. Die Auswahl und Abgrenzung des Gebietes ist zwingend erforderlich, da angedachte spätere Maßnahmen nur in einem festgelegten und beschlossenen Stadtumbaugebiet durch die Städtebauförderung bezuschusst werden können. Nach Auswahl des Gebietes soll daher das im städtebaulichen Entwicklungskonzept beschlossene Stadtumbaugebiet erweitert werden.

 

i.      A.

 

 

 

Gerd Mollenhauer                                                                   Marion Dirks

Fachbereichsleiter                                                                Bürgermeisterin

 


Bezug:     Stadtentwicklungs- und Bauausschuss vom 15. Mai 2012, TOP 3 ö. S., Rat vom 31. Mai 2012, TOP 7 ö. S.

 

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                        siehe Sachverhalt

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                                                       

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                     

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag: