Betreff
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 14.09.2015
hier: Informationen bezüglich der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für Flüchtlinge
Vorlage
FBS/0043/2015
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                    Beschlussvorschlag für den Rat:

 

Der Rahmenvereinbarung zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte wird zum jetzigen Zeitpunkt nicht beigetreten.  Die Erfahrungen der Stadt Dülmen sind abzuwarten. 

 

 

 


Sachverhalt:

 

Mit Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 14.09.2015 wird die Verwaltung beauftragt, Informationen bezüglich der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für Flüchtlinge zusammenzustellen. Dieser Antrag ist durch Beschluss des Rates vom 29.09.2015 an den HFA verwiesen worden.

 

Flüchtlinge, die in der Regel ab Zuweisung ihren laufenden Lebensunterhalt nicht selbst sicherstellen können, erhalten Leistungen nach dem Asylbewerber-leistungsgesetz (AsylbLG). Zu diesem Zeitpunkt unterliegen sie keiner gesetzlichen Krankenversicherung und erhalten daher im Rahmen der §§ 4 und 6 AsylbLG Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt bzw. sonstige Leistungen zur Sicherung der Gesundheit von den Gemeinden.

 

Nicht zu diesem Kreis der Berechtigten gehören Flüchtlinge, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben und anerkannte Flüchtlinge. Sie erhalten entweder Leistungen analog der Vorschriften nach dem Sozialgesetzbuch – Zwölftes Buch oder Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch, wonach sie dann Pflichtversicherte einer Krankenkasse sind.

Also nur für den ersten Personenkreis, also der Leistungsbezieher nach dem AsylbLG direkt, wurde am 28.08.2015 zwischen dem Land NRW, vertreten durch das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA) und den Verantwortlichen von acht Krankenkassen eine Rahmenvereinbarung zur Übernahme der Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge gegen Kostenerstattung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Verbindung mit dem Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch unterzeichnet. Die Rahmenvereinbarung ist der Sitzungsvorlage als Anlage beigefügt.

 

Auf der Grundlage der Vereinbarung ist keine Kommune verpflichtet, die Gesundheitskarte für Asylbewerber einzuführen. Vielmehr hat jede Kommune nach § 3 der Rahmenvereinbarung ein freiwilliges Beitrittsrecht. Ziel dieser Vereinbarung soll es sein, den Zugang zum Gesundheitssystem durch Nutzung einer elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zu vereinfachen und die Gemeinden nachhaltig von Verwaltungsaufgaben zu entlasten.

 

Derzeit müssen Asylbewerber im Falle der Notwendigkeit eines Arztbesuches quartalweise bei der Verwaltung vorstellig werden und bekommen dort im Regelfall einen individuellen Behandlungsschein ausgestellt. Nach den Vorschriften des AsylbLG erfolgt dieses jedoch nur dann, wenn eine akute Erkrankung oder die Behandlung von Schmerzzuständen vorliegt und die Behandlung notwendig und unaufschiebbar ist. Unter Umständen ist vorab auch eine Überprüfung durch das Kreisgesundheitsamt notwendig. Die Abrechnung der Behandlungsscheine erfolgt seit Jahren erfolgreich zentral vom Kreis Coesfeld gegen eine pauschale Kostenerstattung. Krankenhaus- oder Apothekenrechnungen und Rechnungen für die Beschaffung von Arznei- und Hilfsmitteln werden direkt von der Stadt abgerechnet. Dieses Verfahren soll um das gem. § 4 der Rahmenvereinbarung in Verbindung mit der Anlage 1 zur Vereinbarung ergänzend definierten Leistungsanspruch ersetzt werden. Eine Einsparung bezogen auf die reinen Behandlungskosten wird der Vertragsabschluss nicht zur Folge haben. Es ist wahrscheinlich, dass die Kosten sogar noch steigen, da die Krankenkassen die Leistungsentscheidungen auf der Grundlage der Vorschriften nach dem Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch treffen und das Kriterium der Aufschiebbarkeit nicht von den Krankenkassen geprüft wird. Eine Aussage über die Höhe der Kostensteigerung kann hier nicht gegeben werden. Die Aufwendungen werden zwar von der Krankenkasse zur Zahlung angewiesen, sind aber in vollem Umfang von der Kommune zu erstatten.

 

Folgende weitere Kosten fallen für den Fall des Vertragsabschlusses an:

 

Nach § 6 der Rahmenvereinbarung ist für jeden Leistungsberechtigten ein Betrag in Höhe von 10,00 € für das Ausstellen einer elektronischen Gesundheitskarte von der Stadt zu zahlen. Bei der prognostizierten Zahl der Leistungsberechtigten zum Ende des Jahres 2015 von rd. 270 Flüchtlingen entspricht dieses einem Betrag von zusätzlich                        2.700,00 €                 für das Jahr 2016.

Dazu kommen die Neuzuweisungen für das Jahr 2016 in noch nicht absehbarer Höhe. Ebenfalls nicht abzuschätzen ist die Anzahl der Ersatzausstellungen, die pro Karte 8,00 € betragen.

Die Flüchtlinge haben zudem zusätzliche Aufwendungen für ein Lichtbild.

 

Gem. § 9 der Rahmenvereinbarung fallen zusätzlich Umlagekosten für die Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen an. Diese sind einmalig pro Jahr mit 10,00 € pro Leistungsberechtigten zum Stand 01.07. zu entrichten und entsprechen somit im Jahr 2016 bei geschätzten (270 Altfälle + 70 Neufälle bis zur Jahresmitte) insgesamt                   3.400,00 €    

 

Gem. § 11 der Rahmenvereinbarung entstehen Verwaltungsaufwendungen, die die Stadt an die Krankenkasse zu zahlen hat. Diese betragen 8 % der entstandenen Leistungsaufwendungen pro Hilfeempfänger, mindestens aber 10,00 € pro Leistungsberechtigten pro Monat. Welche Leistungsaufwendungen pro Hilfeempfänger zukünftig zu zahlen sein werden ist angesichts der nicht zu prognostizierenden Entwicklung im Bereich der Zuweisungen fast nicht seriös planbar. Ein Indiz für zusätzliche Kosten kann jedoch die Anzahl der nicht angeforderten Krankenscheine sein. Für diese Personen wären auf jeden Fall monatlich 10,00 € wie folgt zu entrichten, für die bisher kein Aufwand angefallen ist:

 

Monat

Leistungs-

berechtigte

ausgestellte Kranken- scheine

nicht ange- forderte Krankensch.

X 10,00 €

zusätzlicher Aufwand

Jan. 2015

44

21

23

X 10,00 €

230,00 €

Febr. 2015

64

36

28

X 10,00 €

280,00 €

März 2015

69

47

22

X 10,00 €

220,00 €

April 2015

74

31

43

X 10,00 €

430,00 €

Mai 2015

81

58

23

X 10,00 €

230,00 €

Juni 2015

83

70

13

X 10,00 €

130,00 €

Juli 2015

90

31

59

X 10,00 €

590,00 €

Aug. 2015

98

53

45

X 10,00 €

450,00 €

Sept. 2015

128

72

56

X 10,00 €

560,00 €

Okt. 2015

172

56

116

X 10,00 €

1.160,00 €

Nov. 2015

217

127

90

X 10,00 €

900,00 €

 

5.180,00 €

 

Dieser Betrag erhöht sich noch um die Verwaltungsaufwendungen für die Anzahl der ausgestellten Krankenscheine, wo also Krankenhilfe gewährt worden ist, um mindestens (602 Leistungsmonate x 10,00 € =)                     6.020,00 €                 bzw. 8 % der Leistungsaufwendungen.

 

Ziel der Rahmenvereinbarung soll eine gewisse Verfahrensvereinfachung sein. Angesichts des erforderlichen Datenaustausches mit der Krankenkasse (siehe Vordrucke zur Anmeldung, Abmeldung und Veränderungsmeldung zur Gesundheitsversorgung) und der Notwendigkeit der Einziehung der Karte bei Änderung der Leistungsberechtigung erscheint mir dieses Ziel jedoch nicht erreichbar. Dazu kommt, dass gem. § 10 der Rahmenvereinbarung monatliche Abschlagszahlungen von 200,00 € je Leistungsberechtigten zu zahlen sind (mittlerweile soll diese Abschlagszahlung in der Höhe verhandelbar sein, da sie doch bei Weitem zu hoch angesetzt worden sind) und die Notwendigkeit, dass alle Leistungen von der Krankenkasse mit der Kommune abgerechnet werden, ist eine nachhaltige Entlastung von Verwaltungsaufgaben nicht erkennbar. 

 

Im Kreis Coesfeld wird aktuell mehrheitlich die Auffassung vertreten, dieser Rahmenvereinbarung nicht beitreten zu wollen. Lediglich in der Stadt Dülmen ist der Abschluss eines Vertrages beabsichtigt, wobei auch dort noch nicht klar erkennbar ist, welche Vor- oder Nachteile mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte einhergehen.

 

Aus diesem Grunde wird vorgeschlagen, der Rahmenvereinbarung zum jetzigen Zeitpunkt nicht beizutreten und die Erfahrungen der Stadt Dülmen abzuwarten. Insgesamt ist darüber hinaus die Einführung einer Pflichtversicherung mit entsprechenden Gesetzesänderungen weitaus mehr geeignet, die Kommunen wirklich zu entlasten und im Rahmen einer Solidargemeinschaft abzusichern. 

 

 

 

 

I.A.

 

 

 

Martin Struffert                                                                       Marion Dirks

Fachbereichsleiter                                                               Bürgermeisterin

 


Bezug:    

  

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                                                 

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                                                       

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                     

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag:                                                                                 


 


Anlagen:

 

Rahmenvereinbarung