Sachverhalt:
Bekanntermaßen wurden der Stadt Billerbeck in den vergangenen Monaten
viele Flüchtlinge zugewiesen. Insbesondere in den Sitzungen des Haupt- und
Finanzausschusses wurde hierüber bereits informiert. Zur Zeit stellt sich die
Situation so dar, dass aktuell insgesamt 273 Personen zu betreuen sind. Die
Flüchtlinge kommen dabei aus insgesamt 24 unterschiedlichen Ländern und bringen
somit unterschiedliche Kulturen und
Sprachen mit nach Billerbeck und haben darüber hinaus auch jeweils eine eigene
und auch teilweise höchst dramatische Fluchtgeschichte erleben müssen. Im
Vordergrund stand in den letzten Monaten sicherlich die besondere Schwierigkeit
der Unterbringung in Billerbeck. Seitens der Stadt Billerbeck wird dabei eine
dezentrale Unterbringung an mehreren Standorten verfolgt. Es konnte dabei bisher auf den Bau eines
weiteren großen Übergangsheimes verzichtet werden und eine Unterbringung in
Turnhallen bzw. die Beschlagnahmung privaten und freistehenden Wohneigentums
zur Vermeidung von Obdachlosigkeit war auch nicht notwendig.
Seit Ende Januar 2016 hat sich die Zuweisung von weiteren Flüchtlingen
deutlich entschärft. So wurden seitdem nur 2 Personen zugewiesen. Innenminister
Jäger machte deutlich, dass er auch für den Monat März 2016 hofft, keine
Zuweisungen in die Kommunen vornehmen zu müssen, da der Flüchtlingsstrom
insgesamt in den Wintermonaten erfahrungsgemäß zurückgeht und die Flüchtlinge,
die Nordrhein-Westfalen erreichen, nur einigen Großstädten zugewiesen werden, die im letzten Jahr ihr
Aufnahmesoll nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) nicht erreicht haben.
Aktuell bedeutet dieses eine kurzfristige Verschnaufpause in Sachen Unterkunft.
Zukünftig wird aber sowohl von Seiten des Bundes als auch des Landes wieder von
einer verstärkten Zuweisung ausgegangen. Vereinzelt wird dabei der
Flüchtlingsstrom schon wieder in einem Ausmaß entsprechend dem Jahr 2015
prognostiziert.
Neben der Unterbringungsproblematik erhält bei dieser Flüchtlingskrise
auch die Betreuung und Integration von Flüchtlingen eine besondere Bedeutung.
Aus diesem Grunde hat sich im Laufe des letzten Jahres herausgestellt, dass es
Sinn macht, ein Netzwerk Flüchtlingsarbeit zu gründen, in dem sich auch die
vielen ehrenamtlich Tätigen einbinden können. Als Leitbild wurde dabei
vereinbart, dass Wertschätzung den Flüchtlingen gegenüber erbracht wird, sie
willkommen geheißen werden und für materielle und psychosoziale Unterstützung
gesorgt wird. Ebenso sollen die Fähigkeiten von Flüchtlingen wahrgenommen
werden, mit denen sie sich dann in das Gemeinschaftsleben in Billerbeck
einbringen können. Als ganz wichtiger Aspekt ist dabei das Erlernen der
deutschen Sprache zu nennen, damit die Integration in die Gesellschaft gelingen
kann.
Am 28.10.2015 wurde daraufhin das Netzwerk Flüchtlingsarbeit Billerbeck
in der Alten Landwirtschaftsschule unter Einbeziehung von rund 150 ehrenamtlich
Tätigen und Interessierten gegründet. Die Leitung des Netzwerkes haben Frau
Marion Dirks und Herr Andreas Geilmann übernommen. Sie fungieren gleichzeitig
als Ansprechpartner für die Öffentlichkeit. Zur stadtweiten Vernetzung,
Kooperation und Bündelung der ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kräfte haben
sich daraufhin Arbeitsgruppen gebildet, die die Themenschwerpunkte „Willkommen
und Alltag“, „Sprache und Kultur“, „Beschäftigung und Arbeit“ und „Spenden“
haben.
In der Arbeitsgruppe „Willkommen und Alltag“ (Leitung Frau Rebecca
Wehling, DRK- Kreisverband Coesfeld e.V. und Martin Struffert, Stadt
Billerbeck) wurden bisher sogenannte Erstbegleitungen am Ankunftstag der
Flüchtlinge zur Unterkunft organisiert. Ebenso haben sich erste Kontakte von
Ehrenamtlichen und Flüchtlingsfamilien ergeben, in denen sich um eine
Alltagsbegleitung gekümmert wird. Für drei Gemeinschaftsunterkünfte wurden
Hauspaten gefunden, die regelmäßig den Kontakt mit den Flüchtlingen halten.
Darüber hinaus nehmen in dieser Gruppe Ehrenamtliche teil, die den Kontakt zu
Verbänden herstellen. Aus der Arbeitsgruppe heraus wird sich auch eine
Unterstützung für das Sozialbüro der Pfarrcaritas ergeben, welches gerade den Fahrdienst
für Flüchtlinge zur Coesfelder Tafel aufbauen möchte. Darüber hinaus ist diese
Gruppe für viele weitere Ideen offen. Manche Interessierte sind hier sicherlich
noch nicht oder vielleicht nur wenig zum Einsatz gekommen, gleichwohl leisten
sie allein durch ihre Interessenbekundung einen großen Beitrag, um das Thema
Flüchtlinge positiv in Billerbeck zu begleiten.
Die Gruppe „Sprache und Kultur“ (Leitung Frau Renate Langenheder und
Frau Maria Schlieker, Flüchtlingsinitiative „Hiergeblieben“) kümmert sich
insbesondere um die Bereiche Sprache und Sprachkurse. So sind zur Zeit etwa 35
Sprachpaten im Einsatz. Sprachkurse werden aktuell in den Räumen des
evangelischen Kirchenzentrums angeboten, aber auch in den Lernwelten Kirch und
direkt in einer Gemeinschaftsunterkunft im Außenbereich. Darüber hinaus wird im
ev. Kirchenzentrum der offene Treff angeboten. Hier gibt es die Möglichkeit zum
Spielen und Erzählen, es werden aber auch Probleme der Flüchtlinge
angesprochen. Ebenfalls können Flüchtlinge sich auch einfach nur hinsetzen,
ausruhen und genießen. Eine Mutter-Kind-Gruppe, begleitet durch den
DRK-Kreisverband Coesfeld e.V., wird
angeboten. Der Kooperationspartner Kinder-, Jugend- und Familienhilfe e.V.,
Billerbeck, kümmert sich im Rahmen der Schulsozialarbeit um die
Hausaufgabenunterstützung der Flüchtlingskinder. In Ergänzung zum vorstehenden
Sprachangebot konnte Ende 2015 durch eine voraussichtlich einmalige
Sonderförderung der Agentur für Arbeit ein Intensivkurs für 40 Flüchtlinge über
die Volkshochschule und die GEBA angeboten werden.
Die Netzwerkgruppe „Beschäftigung und Arbeit“ (Leitung Herr Martin
Althoff,
IBP e.V., und Martin Struffert, Stadt Billerbeck) hat sich zum Ziel
gesetzt, die Flüchtlinge in eine Beschäftigung oder Arbeit zu begleiten. Dabei
kann es sich auch um die Vermittlung eines Praktikums oder einer Stelle im
Bundesfreiwilligendienst handeln. Vielfach haben Flüchtlinge Kompetenzen und
ungenutzte Potentiale. Es hat mittlerweile Kontakte zwischen den Ehrenamtlichen
und einigen Flüchtlingen gegeben, in denen es in erster Linie darum ging
herauszufinden, wer hat welche Interessen, Qualifikationen und
Fortbildungsbedarfe. Insgesamt wurde aber auch festgestellt, dass sich der Weg
in Arbeit aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgebiete und ggfl. durch
Einholung von Arbeitserlaubnissen schwierig gestaltet. Die Arbeitsgruppe wird
sich weiter regelmäßig treffen.
Die Gruppe „Spenden“ (Leitung Frau Marion Dirks) hat sich zur Aufgabe
gemacht, Geld- und Sachspenden aufzutun und diese weiter zu leiten. Wunsch ist
ebenfalls die Gründung eines kleinen Sozial-Kaufhauses, in dem für wenig Geld
gespendete Waren gekauft werden sollen, wobei sich hier nicht nur Flüchtlinge
bedienen sollen, sondern alle Bürger. Große Möbel sollen allerdings nicht zum
Sortiment gehören, da sich hier insbesondere das Caritas-Möbellager in Coesfeld
bereits etabliert hat. Bis auf weiteres soll auch die Weitergabe von Fernseher,
Fahrrädern und Schulmaterial nicht erfolgen, da sich hierum das Sozialbüro der
Pfarrcaritas kümmert. Die entgeltliche Weiterleitung von Spenden macht hier
auch Sinn, da nicht der Eindruck erweckt werden soll, dass in Deutschland jeder
Flüchtling Spenden bekommt, sondern dass es Teil unseres Systems ist, für eine
Leistung auch zahlen zu müssen. Genau hierfür gibt es im Übrigen auch
öffentlich rechtliche Leistungen, die den Flüchtling in die Lage versetzen z.B.
ergänzenden Hausrat selbst zu kaufen. Sehr positiv aufgenommen wurde die
durchgeführte Weihnachtsaktion, womit ein wichtiger Beitrag zur Willkommenskultur
geleistet worden ist. Die Gruppe Spenden hat darüber hinaus eine Seite bei
Facebook eröffnet; die Statistik dort zeigt, dass viele Nutzer mit den
Informationen zu Spenden erreicht
werden.
Zusammenfassend zum Netzwerk Flüchtlingsarbeit Billerbeck kann gesagt
werden, dass sich die einzelnen Gruppen weiterhin treffen und sich auch
entwickeln werden. Wichtig dabei ist, dass sich möglichst viele Billerbecker
mit dem Netzwerk identifizieren und somit eine grundsätzlich positive Stimmung
für Flüchtlinge in der Öffentlichkeit verbreiten.
Weiterhin geplant ist hier ebenfalls der Aufbau einer Homepage im
Internet. Diese soll einen weiteren Beitrag zur Vernetzung leisten. Auch sollen
regelmäßige Berichte über das ehrenamtliche Engagement erstellt werden, damit gute
Erfahrungen stetig in die Öffentlichkeit getragen werden.
Frau Marion Dirks als Ansprechpartnerin für die Öffentlichkeit und
Leitung des Gesamtnetzwerkes wird in der Sitzung weitere Fragen beantworten
können.
Neben dem offiziellen Netzwerk Flüchtlingsarbeit gibt es in Billerbeck
viele weitere Personen, die sich ehrenamtlich um die Betreuung und Integration
kümmern. Hier beispielhaft genannt sind Nachbarschaften von
Gemeinschaftsunterkünften oder ebenso Privatpersonen, die zum Beispiel
‚Karneval‘ erklären oder auch einfach nur mal so Spielzeug für
Flüchtlingskinder abgeben und sich auf ein Gespräch einlassen.
Aber auch hauptamtlich wird die Betreuung und Integration in Billerbeck
wahrgenommen. Neben den Mitarbeitern des FB Soziales kümmert sich seit Oktober
2015 auch Frau Rebecca Wehling, DKR-Kreisverband Coesfeld e.V., mit zunächst 10
Stunden pro Woche (ab Januar 2016 mit 30 Stunden pro Woche) um die soziale
Betreuung. Dabei begleitet sie nicht nur die ehrenamtlichen Helfer bei ihrer
Tätigkeit, sondern geht auch in die einzelnen Gemeinschaftsunterkünfte um zu
erklären, helfen und vermitteln. Frau Wehling stellt mittlerweile auch den
Kontakt zwischen Flüchtlingskindern und Schule sicher und kümmert sich im
Bedarfsfall um die Vermittlung eines Kindergartenplatzes. Darüber hinaus
begleitet sie Workshops (siehe nachstehenden Zeitungsbericht).
(Quelle: Billerbecker Anzeiger v. 3.03.2016)
Frau Wehling wird ihre tägliche Arbeit dem Ausschuss vorstellen. Da sie
innerhalb des DRK-Kreisverbandes Coesfeld zukünftig jedoch eine andere Aufgabe
wahrnehmen wird, kann die Situation genutzt werden, dass die Nachfolgerin, Frau
Monika Robert, vorgestellt wird, die den Aufgabenbereich übernehmen wird.
Im Auftrag
Martin Struffert Marion
Dirks
Fachbereichsleiter Bürgermeisterin