Sachverhalt:
Über die Flüchtlingssituation wurde in den Ausschüssen immer wieder
informiert. Insbesondere war das Thema Integration und ehrenamtliche Betreuung
im Ausschuss für Generationen und Kultur von Interesse, während der Haupt- und
Finanzausschuss hauptsächlich über die Wohnsituation bzw. Anzahl der Flüchtlinge
informiert worden ist.
Aufbauend auf die Sitzungsvorlage für den HFA vom 26.01.2017 wurden
Anfang 2017 in Billerbeck insgesamt 203 Flüchtlinge betreut. Im Laufe des
letzten Jahres wurden im Sommer nochmals rd. 50 Flüchtlinge zugewiesen. Unter
Berücksichtigung von Beendigungen des Aufenthaltes in Billerbeck betreuen wir
aktuell noch 234 Personen aus 23 unterschiedlichen Nationen.
(Zur besseren
Lesbarkeit der Grafik wird auf die farbliche Version der Sitzungsvorlage im
Ratsinformationssystem verwiesen)
Die in dem Schaubild (blaue Farben) genannten Länder Syrien, Iran, Irak,
Somalia und Eritrea haben dabei eine hohe Bleibewahrscheinlichkeit. Hier handelt
es sich also um Menschen, die aus Herkunftsländer mit einer Schutzquote von
über 50 % kommen.
Bei den restlichen Flüchtlingen (grauer Bereich) ist die
Bleibewahrscheinlichkeit eher gering, aber dennoch auch nicht ausgeschlossen.
Von den insgesamt 234 Menschen haben inzwischen 144 Flüchtlinge
zumindest den subsidiären Flüchtlingsschutz erhalten und damit den
Rechtskreiswechsel in das Leistungsrecht des Sozialgesetzbuches – Zweites bzw.
Zwölftes Buch (SGB II / XII) erhalten. Da in diesen Fällen mit der positiven
Beendigung des Asylverfahrens auch die Verpflichtung endet, in einer
Gemeinschaftsunterkunft wohnen zu müssen, suchen aktuell viele Flüchtlinge auch
zusammen mit der Stadt Billerbeck und insbesondere mit den ehrenamtlichen
Betreuern nach privaten Wohnungen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass in
den meisten Fällen eine Wohnsitzverpflichtung nach der
Ausländerwohnsitzregelungsverordnung (AWoV) für die Stadt Billerbeck besteht,
worauf ich bereits in der Sitzungsvorlage vom 26.01.2017 eingegangen bin. Unter
großen Anstrengungen ist es inzwischen gelungen, dass von den vorgenannten 144
Flüchtlingen bisher 76 Flüchtlinge einen privaten Mietvertrag abschließen
konnten. Für weitere 68 Menschen wird somit noch eine Wohnung gesucht.
Grundsätzlich sind sie sogar dazu verpflichtet, die für das Asylverfahren zur
Verfügung gestellte Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft zu
verlassen. Große Anerkennung ist hier insbesondere den ehrenamtlich Tätigen
auszusprechen, die sich bis an ihre Grenzen bei der Wohnungssuche und dem
Einleben in das neue Wohnumfeld einsetzen.
Aktuell betreibt die Stadt Billerbeck noch 9 Gemeinschaftsunterkünfte,
die dezentral auf das Stadtgebiet verteilt sind. Von diesen Unterkünften stehen
4 Objekte im Eigentum der Stadt Billerbeck und 5 Objekte sind mit
unterschiedlichen Laufzeiten angemietet.
Bisher erfolgte die Unterbringung in den Objekten fast ausschließlich
vor dem Hintergrund, dass zugewiesene Flüchtlinge aufzunehmen sind, ihnen also
ein Obdach zu geben ist. Im Rahmen der Möglichkeiten wurde dabei darauf
geachtet, dass weitgehend keine Belegung mit unterschiedlichen Religionen oder
Herkunftsstaaten in einem Zimmer erfolgte. Ebenfalls ist auf
Geschlechtertrennung geachtet worden. Angesichts der vielen Herkunftsstaaten war
und ist eine komplette Trennung der verschiedenen Ethnien aber nicht möglich.
Selbst innerhalb einer Nation gibt es unterschiedliche ethnische Gruppen, also eine abgrenzbare Menschengruppe, der
aufgrund ihres intuitiven Selbstverständnisses und Gemeinschaftsgefühls eine
eigenständige Identität als Volksgruppe zuerkannt wird. Da es in
Nordrhein-Westfalen keine Regelung eines Mindeststandards gibt, erfolgte auch
angesichts des besonderen Zuweisungsdruckes im Jahr 2015 eine Unterbringung,
die oftmals dazu führte, dass eine Person lediglich eine Schlafstelle incl.
anteiliger Sozialräume / Küchennutzung von einer Größenordnung zwischen 6 und
10 qm umfasste. Diese Größe wiederum entsprach den Leitlinien einiger weniger
anderer Bundesländer für Gemeinschaftsunterkünfte.
Gemessen an diesen Parametern verfügt die Stadt Billerbeck zurzeit noch
über 56 freie Schlafgelegenheiten bei beengter Unterbringung. So gesehen könnte
man meinen, dass wir in Billerbeck einen beruhigenden Zustand haben. Allerdings
ist diese vermeintliche Ruhe trügerisch und die freien Plätze sind schnell
verbraucht. Nach dem letzten E-Mail-Verkehr mit der Bezirksregierung Arnsberg
hat die Stadt Billerbeck ihr Aufnahmesoll nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz
von 100 % noch nicht erreicht. Demnach müssen wir noch ca. 20 Personen
aufnehmen, voraussichtlich die ersten 10 noch im Januar 2018. Dazu kommt, dass
nach aktuellem Recht die Begrenzung des Familiennachzuges ab Mitte März 2018
entfallen wird. Ob und inwieweit die Ergebnisse der Sondierungsgespräche bzw.
die Koalitionsverhandlungen in Berlin noch Auswirkungen entfalten, kann zum
jetzigen Zeitpunkt nicht eingeschätzt werden. Jedenfalls haben einige
Flüchtlinge angedeutet und auch bereits konkret nachgefragt, dass sie ihre
Angehörigen nach Billerbeck holen möchten. Insgesamt wären zum jetzigen
Zeitpunkt dafür noch weitere 26 Plätze notwendig, welche dem Aufnahmesoll nicht
zugerechnet werden. Letztlich wird mittelfristig noch eine angemietete
Gemeinschaftsunterkunft geschlossen werden, da eine notwendige Renovierung in
keinem Verhältnis zum Nutzen steht. Dann werden weitere 17 Flüchtlinge in
anderen Wohnraum ziehen müssen. Wie lange darüber hinaus noch eine weitere
angemietete größere Unterkunft längerfristig zur Verfügung steht, ist ebenfalls
heute nicht bekannt. Hier müssen wir auf jeden Fall darauf vorbereitet sein,
dass eine Kündigung des Mietverhältnisses mit einer kurzen Frist erfolgen kann.
Eine Lösung des Problems ist in der Eröffnung der neuen Unterkünfte
Ludger-Hölker-Straße und Osterwicker Straße 1 zu sehen. Diese Unterkünfte sind
ursprünglich mit Fördergeldern gebaut worden, damit einer Zweckbindung
unterworfen und für Flüchtlinge geplant, die noch im Anerkennungsverfahren
sind. Es würde sich also um Flüchtlinge handeln, die der Stadt Billerbeck neu
zugewiesen werden. Wie bereits vorstehend benannt, können diese Flüchtlinge
jedoch anderweitig untergebracht werden, so dass in Absprache mit dem Kreis
Coesfeld beabsichtigt ist, diese Wohneinheiten förderunschädlich freizustellen
oder umzuwidmen. Dann gelten aber die allgemeinen Regelungen entsprechend den
Vorgaben des sozialen Wohnungsbaus. Die Personen sollten also ein Bleiberecht
von mindestens 1 Jahr haben und grundsätzlich potentielle Inhaber eines
Wohnberechtigungsscheines sein. Im Übrigen wäre es bei der jetzigen
Zuweisungslage und Unterbringungsmöglichkeiten ungerecht, wenn Neuzuweisungen
an den mitunter schon seit Jahren hier lebenden Flüchtlingen vorbei in die
neuen Wohnungen einziehen würden. Insoweit haben sich die Voraussetzungen gegenüber
denen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung der Fördergelder vorlagen,
gewandelt.
Wie zu Beginn bereits mitgeteilt, leben in Billerbeck noch 68 anerkannte
Flüchtlinge, die die Gemeinschaftsunterbringungen zu verlassen hätten, jedoch
bisher trotz größter Anstrengungen keinen eigenen Wohnraum auf dem privaten
Wohnungsmarkt gefunden haben. Diese Personen erfüllen grundsätzlich zur
Abwendung von Obdachlosigkeit die Voraussetzungen für eine vorübergehende
Einweisung in die neuen Objekte.
Bei der Vergabe der einzelnen und in sich abgeschlossenen Wohnungen wird
dabei zunächst auf das Bleiberecht abgestellt. Dann wird sicherlich danach
ausgesucht, ob es Familien mit Kindern gibt, da es nach Einschätzung der
Verwaltung eigentlich für kein Kind förderlich sein kann, in einer
Gemeinschaftsunterkunft leben zu müssen. Weitere Parameter wie Sauberkeit,
Nachbarschaftsverträglichkeit, Verlässlichkeit und nicht zuletzt die bereits
bekannten Meinungen der ehrenamtlich Tätigen und der Integrationswille fließen
in die Entscheidungsfindung ein. An dieser Stelle muss aber bereits darauf
hingewiesen werden, dass nicht jedem Wunsch, und wenn er für sich gesehen noch
so nachvollziehbar ist, entsprochen werden kann. Dagegen bleibt eine
Verpflichtung, weiterhin nach eigenem Wohnraum zu suchen, bestehen.
Diese Vorgehensweise eröffnet dann in einem zweiten Schritt die
Möglichkeit bei Bedarf auch für weitere bleiberechtsnahe und
integrationswillige Flüchtlinge eine angemessene Platzerweiterung in den
originären Gemeinschaftsunterkünften zu ermöglichen, indem zum Beispiel ein
Lernraum oder auch mal ein angemessenes Einzelzimmer zur Verfügung gestellt
werden kann. Zur Abwendung von Unruhe innerhalb der bestehenden
Gemeinschaftsunterkünfte kann eine Ausweitung des persönlichen Platzangebotes
förderlich sein, wenn man berücksichtigt, dass einige Flüchtlinge mitunter
schon seit Jahren unter den beengten Verhältnissen leben müssen, anfänglich
ohne ihr Verschulden lange auf ihre Registrierung, Asylantragstellung und nicht
zuletzt auf Integrationskurse warten mussten.
im Auftrag
Martin Struffert Marion Dirks
Fachbereichsleiter Bürgermeisterin