Betreff
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 26. April 2016
- Entwicklung in neuen Wohngebieten (Klimaschutz und sozialer Wohnungsbau) -
Vorlage
FBPB/1357/2018
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                  Beschlussvorschlag für den Rat:

 

Die Verwaltung wird beauftragt einen Bebauungsplanentwurf für das Baugebiet Buschenkamp zu entwickeln, der drei Grundstücke für die in der Sitzungsvorlage beschriebenen Gebäudeformen ausweist. Zudem sollen Kriterien und Vergabeverfahren für diese Grundstücke ausgearbeitet werden, die in einem nächsten Schritt erneut vorgestellt werden.


Sachverhalt:

 

Verwaltungsseitig wurde zum Thema Klimaschutzsiedlung sowohl mit der Energieagentur abgeklärt, welche Anforderungen zwingend sind und welche nicht, als auch mit Nachbarkommunen gesprochen welche Erfahrung mit der Umsetzung bzw. dem Versuch zur Umsetzung gemacht wurden.

Insgesamt ist zu bedenken, dass die Baukosten in den letzten Jahren immens gestiegen sind. Dies liegt nicht nur an der guten Auftragslage im Baugewerbe, sondern auch an den immer höheren Standards und Ansprüchen. Mit der letzten Novellierung der Energiesparverordnung 2016 ist zudem eine weitere Erhöhung des Neubaustandards erfolgt.

Im Allgemeinen ist der Bau eines Hauses für einen Privathaushalt eine echte Belastungsprobe. Diese finanzielle Herausforderung ist oft nur zusammen mit den Eltern zu bewerkstelligen und bindet die Bauherren häufig bis zum Rentenalter. Eine Baukostenerhöhung ist für viele daher durch Ausübung eines Zwangs nicht zu rechtfertigen.

Die Erfahrungen in anderen Kommunen im Münsterland haben gezeigt, dass die Grundstücke in den neueren Klimaschutzsiedlungen nur in Einzelfällen positiv angenommen wurden. Die Bauherren haben diese Grundstücke ansonsten nur gewählt, wenn kein anderes Grundstück zur Verfügung stand. Die Steigerung der Baukosten wird rechnerisch nicht durch die eingesparte Energie refinanziert. Hier ist freiwilliges Engagement gefragt. Die Einsparung von Energie wird zudem durch den Einbau von viel Technik erreicht, die natürlich anfällig für Defekte ist.

Aus den Kommunen wurde zudem berichtet, dass die Klimaschutzsiedlung immens viel Arbeitskraft der Verwaltung gebunden habe. Neben dem eigentlichen Verfahren war viel Hilfestellung für die Bauinteressenten notwendig, die die Vorgaben als Zwang betrachten.

 

Auch inhaltlich ergeben sich Problemstellungen aus den Vorgaben. So ist z. B. vorgegeben, dass kein Einstrahlungsverlust an der Gebäudefassade entstehen darf. Dies hängt mit der Nutzung der Sonnenenergie zusammen. Im Buschenkamp ist jedoch vorgesehen, die bestehende Heckenstruktur mit einzelnen Bäumen zu erhalten. Eine Beseitigung würde einen grundlegenden Eingriff in die Landschaft hervorrufen und ist auch im Rahmen der Vermeidung von artenschutzrechtlichen Konflikten zu betrachten.

 

Über diesen Link sind die verschiedenen Kriterien der Klimaschutzsiedlung aufgeführt:

https://energietools.ea-nrw.de/_database/_data/datainfopool/100_KSS_Planungsleitfaden_2011.pdf?_ga=2.32540158.1709423763.1528727904-1016378784.1528727904

 

Am Planungsleitfaden wird schnell deutlich, dass der Gedanke der Klimaschutzsiedlung eine sehr umfassende und grundlegende Planüberlegung beinhaltet. Sie ist für kompakten Wohnungsbau mit einem städtebaulichen Qualitätsprofil ausgelegt. Einige Einfamilienhäuser mit diesem Prädikat zu versehen, würde eine Abweichung von vielen Leitvorgaben erfordern.

 

Zusammenfassend wird vorgeschlagen keine Klimaschutzsiedlung zu entwickeln. Eine Alternative könnte im Zusammenhang mit dem nachfolgenden Projektvorschlag verwirklicht werden.

 

Der Gedanke, Flächen für öffentlich geförderten Wohnungsbau bei der Bauleitplanung zu berücksichtigen, wurde neben der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auch von Seiten der SPD-Fraktion unterstützt. Verwaltung wurden die Überlegungen weiterentwickelt.

 

Der öffentlich geförderte Wohnungsbau umfasst unterschiedliche Wohnformen und Fördermöglichkeiten, die in einer typischen Einfamilienhaussiedlung auch ganz unterschiedliche Wirkungen und Akzeptanz umfassen können. So sind in mehreren Nachbarorten Geschosswohnungsbau neben Einfamilienhäusern geplant worden, die zu massiven Protesten geführt haben. Es ist zu überlegen, ob hier nicht Varianten entwickelt werden können, die sich städtebaulich einfügen und bedarfsgerecht sind.

Es gibt Fördervarianten für selbstgenutzten Wohnraum und vermieteten Wohnraum, dabei gibt es zudem unterschiedliche Förderansätze für verschiedene Wohnformen.

Das Baugebiet Buschenkamp soll im Wesentlichen als Einfamilienhaussiedlung mit maximal zwei Wohneinheiten pro Gebäude und maximal zwei Geschossen entwickelt werden. Für solche Grundstücke sind heute gut 300 Interessenten in der Liste vorgemerkt. Auch wenn diese Liste bereinigt wesentlich weniger konkrete Bauwillige zeigen wird, darf die eigentliche Zielgruppe des Baugebietes nicht aus dem Auge gelassen werden. Neben den Billerbeckern sind viele junge Haushalte aus Münster oder anderen Kommunen, in denen die Preise für Baugrundstücke wesentlich höher liegen, auf der Suche nach einem Grundstück.

 

Das Baugebiet Buschenkamp liegt am Rand der Stadt und wirkt in den Außenbereich und in die Berkelaue. Geschosswohnungsbau würde sich städtebaulich nicht in die Umgebung einfügen. In der Rücksprache mit den Bauherren haben sich in der Vergangenheit auch viele für ein Baugebiet in Billerbeck entschieden, weil kein Geschosswohnungsbau zwischen den Einfamilienhäusern geplant wurde.

Insbesondere kleinere Wohnungen für Einzelpersonen werden und sind in zentraleren Bereichen zu entwickeln. Aufgrund des demographischen Wandels sind sie möglichst nahe der Versorgungseinrichtungen sinnvoll. Hier ist auch eine kontinuierliche Bautätigkeit im Bereich von Mietwohnungs- und Eigentumswohnungsbau festzustellen. Es sind zurzeit z. B. mehrere Gebäude für Mietwohnungen im Bau oder kurz vor der Realisierung. Diese liegen außerhalb der Einfamilienhausgebiete im Stadtgebiet (Holthauser Straße, Josefstraße, Nordstraße). Hier werden insgesamt 40 Wohnungen errichtet, von denen nur eine Wohnung für einen Haushalt mit zwei Kindern geeignet ist. (23 haben ein Schlafzimmer -inkl. 4 Kleinstwohnungen- und 16 haben zwei Schlafzimmer).

Zudem befinden sich Projekte in der konkreten Planungsphase. Diese umfassen in der Innenstadt ca. 20 Wohnungen, die ebenfalls ausschließlich auf Ein- bis Zweipersonenhaushalte ausgerichtet sind. Weitere Planungen sind abzusehen. Zwar gehen die Prognosen von einem steigenden Bedarf kleiner Wohnungen aus, eine ausschließliche Ausrichtung auf diesen Personenkreis führt jedoch zu einer sichtbaren Vernachlässigung der Haushalte mit Kindern.

 

Bei Entscheidungen für Grundstücksnutzungen in Randbereichen der Stadt sind auch marktwirtschaftliche Auswirkungen zu bedenken. Die zentral gelegenen Grundstücke sind in der Regel mit Altbebauung bestanden, die abgebrochen werden muss. Zusätzlich sind gegebenenfalls höhere Sicherungsmaßnahmen oder Einschränkungen im Zusammenhang mit einer Nachbarbebauung oder höhere Ausgaben für die Anlage von Stellplätzen notwendig. Eine verstärkte Zulassung von Mehrparteienhäusern in den Randbereichen, die günstiger zu bebauen sind, führt zu Veränderungen der Grundstückswerte im Zentrum. Nachnutzungen von Grundstücken könnten dadurch unattraktiver werden.

 

Für den Bereich Buschenkamp sollte überlegt werden, insbesondere Wohnungsbau für Haushalte mit Kindern zu ermöglichen. Denn in diesem Bereich gibt es außer dem  klassischen Einfamilien- oder Doppelhaus kein Angebot, auch im Mietwohnungsbereich ist das Angebot für Haushalte mit zwei Kindern und mehr sehr begrenzt. Der neue Standort für einen Kindergarten und viel Freiraum an der Berkel würde eine gute Ergänzung für dieses Ziel geben. Wie bereits im vorherigen Punkt ausgeführt, sind die Baukosten heute immens gestiegen. Für viele Haushalte ist das traditionelle Einfamilienhaus aus finanzieller Sicht nicht zu realisieren. Zudem möchte sich auch nicht jeder so lange finanziell binden oder viel Garten pflegen. Die Förderung von Wohneigentum ist jedoch eine anerkannte Maßnahme um Altersarmut vorzubeugen; insofern wäre zu überlegen, hier attraktive Alternativen anzubieten. Dabei sollte eine Möglichkeit zur Vermietung nicht ausgeschlossen sein. Eine Variante wäre der Bau von Reihen- oder Kettenhäusern im neuen Baugebiet. Weitere Alternativen wären denkbar, um z. B. durch horizontale Teilung barrierefreien Wohnraum zu schaffen. Um Wettbewerb zu erzeugen und eine Vielfalt von Angeboten zu schaffen, müssten mehrere Grundstücke für solche Bauformen vorgesehen werde. Dabei bestünde die Möglichkeit, bei der Vergabe der Grundstücke an verschiedene Bauträger Vorgaben zu entwickeln. Bei der momentanen Marktlage ist davon auszugehen, dass etliche Architekten/Bauträger Interesse an der Entwicklung solcher Grundstücke haben. Es wäre also möglich, Auswahlkriterien zu definieren und nach der Güte der Konzepte eine Auswahl zu treffen. Die in allgemeinen Wohngebieten einzuhaltende Grundflächenzahl und die Festsetzung auf zwei Geschosse würde das Bauvolumen eingrenzen und so zu einer Akzeptanz in der Nachbarschaft beitragen.

 

In der Vergangenheit wurden schon mehrere Grundstücke erfolgreich auf diese Art vermarktet, z. B. im Wohngebiet „An der Kolvenburg“ die Reihenhäuser oder in der Innenstadt die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses. Prinzip der Vergabe war nicht der höchste zu erzielende Grundstückspreis, sondern der Verkauf zu einem marktüblichen Festpreis an das beste Konzept.

 

Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen, drei Grundstücke im Baugebiet Buschenkamp für die Entwicklung von oben beschriebenem Wohnungsbau vorzusehen. Zudem sollen Beurteilungskriterien für die Auswahl der Konzepte entwickelt werden (z. B. Energiekonzept, stadtgestalterische Qualität, intelligente Grundrisse, Wohnungsgrößen).

 

i. A.                                                     i. A.

 

 

 

Michaela Besecke                           Gerd Mollenhauer                           Marion Dirks

Sachbearbeiterin                             Fachbereichsleiter                           Bürgermeisterin

 

 

 


Bezug:      Sitzung des Stadtentwicklungs- und Bauausschuss vom 28.06.2016,

                   TOP 2

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                                           -,-- €

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                                                      

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag:                                                                             


Anlagen:

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Ratsinfosystem