Betreff
Strategische Ausrichtung des Wohnungsbaus
hier: Beratung über die Erkenntnisse aus der Pestel Studie und dem Vortrag zum sozialen Wohnungsbau
Vorlage
FBPB/1532/2020
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                  Beschlussvorschlag für den Rat:

 

Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen.


Sachverhalt:

 

Wie bereits zur Vorstellung der Pestel-Studie und dem Bericht zum Bedarf für den sozialen Wohnungsbau ausgeführt, sollen mit diesen Erkenntnissen Überlegungen erfolgen wie mit den Anforderungen an den Wohnbedarf der Zukunft umgegangen werden soll.

 

Als Diskussionsgrundlage werden hier noch einmal wesentliche Parameter zusammengefasst und Möglichkeiten der Kommune damit umzugehen aufgezeigt.

 

Beim Vortrag der Pestel-Studie wurde deutlich gemacht, dass die zugrunde liegenden Bevölkerungsentwicklungen sehr schwer zu prognostizieren sind. Eine Tendenz scheint jedoch sicher: Der Anteil ältere Menschen steigt und diese müssen mit geringeren Renten rechnen als die heutigen Ruheständler. Die Anzahl der Erwerbstätigen sinkt. Die Anzahl junger Menschen sinkt und damit verbunden die Anzahl von Fachkräften.  

 

Die Anzahl privater Haushalte ist dagegen schwieriger zu prognostizieren, da die erheblichen Wohnflächensteigerungen pro Person der letzten 30 Jahre einhergingen mit erheblichen Steigerungen des zur Verfügung stehenden Einkommens. Dies wird sich voraussichtlich nicht in gleichem Maße fortsetzen. Jedoch lässt sich als Schluss aus den erheblich gestiegenen Einpersonenhaushalten und dem steigenden Anteil älterer Menschen bereits ein wesentlicher Schluss ziehen:

Es werden kleine barrierefreie Mietwohnungen benötigt. Diese Wohnungen sollten in zentraler Lage mit fußläufig erreichbarer Grundversorgung verortet werden.

 

Auf der anderen Seite gibt es eine erhebliche Nachfrage nach Baugrundstücken für Einfamilienhäuser. Die Aussage von Herrn Riedel, dass das freistehende Einfamilienhaus auf der Wunschliste der jungen Familien ganz oben steht, kann verwaltungsseitig aufgrund eigener Erfahrung über Jahrzehnte bestätigt werden.

Fachkräfte und junge Familien sind das Rückgrat jeder Kommune. Ihre Zahl sinkt, daher möchte jede Kommune ihre Ansiedlung im eigenen Ort unterstützen. Da diese in der Regel in ihrer Ortswahl flexibler sind, spielen bei der Entscheidung verschiedene Aspekte eine Rolle. Neben dem zur Verfügung stehenden Wohnungsangebot spielen hier Kriterien wie Infrastruktur (Bahnanbindung, Kinderbetreuung, Naherholung, kulturelle und sportliche Angebote) eine große Rolle.

Aufgrund der stark gestiegenen Baupreise wird es jedoch immer schwieriger, trotz niedriger Zinsen, das klassische Einfamilienhaus zu erreichen. Die Schaffung von Wohneigentum ist jedoch ein wesentlicher Faktor zur Vorbeugung von Altersarmut und sollte daher als wichtiger Aspekt betrachtet werden. Als Alternative zum Einfamilienhaus sind für Familien auch Doppelhäuser oder ein Reihenhaus interessant. Diese kommen auch eher für die heute wenig genutzte öffentliche Förderung des selbst genutzten Wohneigentums in Frage.

Die Ausführung von Herrn Riegel zu den gestiegenen Wohnflächen auch im Einfamilienhausbau deckt sich mit den Eindrücken aus den Genehmigungsverfahren der letzten Jahre. Dabei werden zwar immer mehr Einfamilienhäuser so gebaut, dass sie später zu zwei separaten Wohneinheiten umgebaut werden können, dies ist jedoch noch nicht Standard.

 

Die Ausführungen von Herrn van Nerven zum sozialen Wohnungsbau gründen auch auf den Erkenntnissen aus der Pestel-Studie. Wie in v. g. Studie ausgeführt, sollen bei der Erneuerung der Wohnungen am Gantweger Kley/Brunnenweg vornehmlich kleinere Wohnungen (unter 50 m²) errichtet werden. Bedarf wird für die Gruppe der älteren Alleinstehenden und Familien mit mehreren Kindern gesehen. Der Bedarf an mittelgroßen Wohnungen (insb. Dreipersonenhaushalte) wird als geringer angesehen.

Die Senioren sollten dabei in den zentralen Lagen nahegelegene Einkaufsmöglichkeiten erreichen können. Das Neubaugebiet „Buschenkamp“ wird aufgrund der Lage als ungünstig für diese Zielgruppe angesehen. Allerdings ergäbe sich hier die Möglichkeit öffentlich geförderte Reihenhäuser für Familien zu errichten.  

 

Zwar wurde bei der Vorstellung der Pestel-Studie deutlich gemacht, dass Prognosen sehr schwierig sind und mit erheblichen Unsicherheiten gerechnet werden müssen, da sich Parameter plötzlich ändern können, dies sollte jedoch nicht zu einem Verschließen der Augen vor möglich sinkenden Bevölkerungszahlen führen. Um als Kommune auch dauerhaft attraktiv für junge Familien oder auswärtige Interessenten zu sein, ist neben vielen weiteren Parametern das Wohnumfeld ein wesentlicher Punkt.

Um die Wohnungen auch bei möglicherweise sinkenden Bevölkerungszahlen durch Zuzug belegen zu können, sind der Erhalt der städtebaulichen Qualität neben den sonstigen Kriterien ein wesentlicher Aspekt. Da Wohnimmobilien einmal gebaut i.d.R. über 80 Jahre an ihrem Standort genutzt werden, ist die Entwicklung in ihrem Umfeld wesentlich für ihren Wohnwert und damit für ihren Werterhalt. Hier hat die Stadtplanung unmittelbaren Einfluss. Eine Wohnbebauung sollte auch weiterhin nicht um jeden Preis begünstigt werden. Nur mit entsprechender Qualität trägt die Bebauung auch in Jahrzehnten noch zum Wert der Stadt bei. Hier ist von allen Seiten ein dauerhafter Lernprozess erforderlich, um auf neue Anforderungen reagieren zu können.

Die Beratung durch den Gestaltungsbeirat bei Projekten in prägnanten Lagen und die Wahrung der Maßstäblichkeit der Gebäude ist dabei ebenso wichtig wie auch ein Augenmerk auf wohnungsbegleitende Einrichtungen zu legen (z.B. neben den erforderlichen Stellplätzen auch abschließbare Fahrradgaragen).

 

Welche Schlüsse sollten aus diesen Erkenntnissen gezogen werden und welche Wege sollten weitergeführt werden, welche Weichen sollten neu gestellt werden kann? Dies ist  hier natürlich nicht abschließend festzustellen und unterliegt dauernden Weiterentwicklungen. Plakativ seien hier einige Maßnahmen aufgeführt:

 

Ø   Bei der Verwertung städtischer Grundstücke in zentralen Lagen ist zu prüfen ob die primäre Nutzung zur Schaffung günstigen Wohnraums für kleinere Haushalte möglich ist.

Ø   Förderung der Nachverdichtung bestehender Wohngebiete im Rahmen der Bauleitplanung unter Berücksichtigung des Maßstabs und der Struktur der vorhandenen Bebauung.

Ø   Weiterhin attraktives Angebot an Einfamilienhausgrundstücken vorhalten. Dies ist zur Ansiedlung der jungen Familien das wichtigste Angebot. Jedoch sollten die  Bauherren dazu angeregt werden ihr Haus bereits für eine spätere Nutzung „zu zweit im Alter“ zu planen.

Ø   Als Alternative zum Einfamilienhaus sollten im Baugebiet „Buschenkamp“ aktiv Partner für Doppelhäuser vermittelt und Reihenhäuser realisiert werden.

Ø   Erhalt der städtebaulichen Qualität und Weiterentwicklung der Wohnangebote

 

 

Aus den Ausführungen wird verwaltungsseitig kein dezidierter Beschlussvorschlag formuliert. In der Sitzung können natürlich auch Erörterungen und Ergänzungen erfolgen. Die Formulierung wird verwaltungsseitig als Grundlage betrachtet, um z. B. bei Grundstücksgeschäften oder anstehender Bauleitplanung Beschlussvorschläge in die jeweils zuständigen Ausschüsse zu bringen.

 

 

i. A.                                                    

 

 

 

Michaela Besecke                           Marion Dirks

Sachbearbeiterin                             Bürgermeisterin

 

 

 


Bezug:      Sitzung des Rates vom 10.10.2019, TOP 2 ö. S., und des Stadtentwicklungs- und Bauausschusses vom 24.11.2019, TOP 1 ö. S.

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                                           -,-- €

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                                                      

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag: