hier: Entwicklung der Ergebnisplanung sowie der Investitionen im Vergleich zur Planung
Sachverhalt:
Traditionell wird in der ersten Haupt- und Finanzausschusssitzung
nach den Sommerferien durch den Finanzzwischenbericht über den Stand der
Ausführung des Haushaltes informiert. Dieses Jahr erfolgten schon mehrere
Berichte zur Finanzlage.
Für die Planung müssen auch bei Ungewissheit
Schlüsse aus den aktuellen Entwicklungen gezogen werden, was bei
unvollständigen Informationen nicht immer einfach ist. Dies gilt umso mehr in
Zeiten wie der Finanz- und Bankenkrise 2008/9, der Flüchtlingsaufnahme im Jahr
2015 oder aktuell der Corona-Pandemie.
Der jetzt vorliegende Finanzzwischenbericht
beinhaltet die derzeit bekannten Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den
Haushalt 2020 der Stadt Billerbeck. Neben zahlreichen Verordnungen zum
inhaltlichen Umgang mit der Corona-Pandemie hat das zuständige Ministerium für
Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW (MHKBG) einen
Gesetzentwurf zur finanzwirtschaftlichen Behandlung der sogenannten
Corona-bedingten Schäden veröffentlicht. Der Entwurf des „Gesetzes zur Isolierung
der aus der COVID-19-Pandemie folgenden Belastungen in den kommunalen
Haushalten und zur Sicherung der kommunalen Handlungsfähigkeit sowie zur Anpassung
weiterer landesrechtlicher Vorschriften“
(NKF-COVID-19-Isolierungsgesetz-NKF-CIG) sieht unter anderem vor, die
Corona-bedingten Mindererträge und Mehraufwendungen zu ermitteln und zu
isolieren. Die ermittelte Haushaltsbelastung der jeweiligen Kommune soll bilanziell
gesondert aktiviert und ab dem Jahr 2025 über einen Zeitraum von bis zu 50
Jahren abgeschrieben werden. Damit würde eine Belastung des Haushaltes 2020
durch Corona-bedingte Schäden vermieden und auf die längere Zukunft verteilt.
Anstelle der dauerhaften Abschreibung soll alternativ in 2024 für die
Haushaltsaufstellung 2025 optional eine vollständige oder teilweise erfolgsneutrale
Ausbuchung des isolierten Betrages gegen das Eigenkapital möglich sein.
Das vorliegende Finanzcontrolling weist die
derzeitige Prognose inklusive der erwarteten Corona-bedingten
Auswirkungen (Verschlechterungen wie Verbesserungen) aus. Bereits zugesagte
oder zu erwartende Erstattungen Corona-bedingter Aufwendungen (z.B. Übernahme
von OGS Beiträgen durch das Land NRW) sind in der Prognose bereits
berücksichtigt. Nicht berücksichtigt sind hier etwaige finanzielle
Unterstützungen von Bund und Land aus „Schutzschirmen“ oder anderen geplanten
Maßnahmen. Der Schutzschirm des Bundes (Wirtschaftsstabilisierungsfonds,
KfW-Programme für Kredite und Liquidität, Soforthilfe und
Steuererleichterungen) sowie der NRW-Rettungsschirm greifen hier nicht. Für die
Kommunen in NRW wurde ein Kommunalschutzpaket u.a. zum haushälterischen Umgang
mit den Corona-bedingten Schäden diskutiert. Gewerbesteuerverluste sollen durch
Bund und Land NRW kompensiert werden. Gerade hinsichtlich der Steuerentwicklung
sind Ausfälle von bis zu 15 % auf Bundes, Landes und kommunaler Seite zu
befürchten, die allerdings zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht konkret
beziffert werden können. Weitere Erkenntnisse soll eine außerordentliche Steuerschätzung
des Landes NRW im September
2020 bringen.
Der Finanzzwischenbericht zum Stichtag
28.08.2020 weist hochgerechnet zum Jahresende über alle Bereiche einen
prognostizierten Fehlbetrag von 1,588 Mio. Euro aus. Dies entspricht gegenüber
dem Planansatz (227,6 T€ Jahresüberschuss) einer Verschlechterung von rund
1,816 Mio. Euro. Dieses Ergebnis ist noch mit vielen Unsicherheiten belastet.
Die Auswirkungen sind bislang nicht so hoch
ausgefallen wie anfangs befürchtet und durch die guten Jahresergebnisse der
letzten Jahre ist die Ausgleichsrücklage gut gefüllt. Aber aller Voraussicht
nach kann die fehlende Liquidität durch die Steuerausfälle durch den Bund und
das Land nicht ausgeglichen werden. Die Kommunen sollen in Folge der
Corona-Pandemie in diesem Jahr pauschal für die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer
entlastet werden. Weiterhin will der Bund dauerhaft bei den Leistungen der
Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitssuchende bis zu 74 Prozent
der Kosten übernehmen. Dies betrifft die Stadt nur indirekt. Der Entwurf dieses
„Gesetzes zur finanziellen Entlastung der Kommunen und der neuen Länder“ wird
am 09. September 2020 zur Lesung im Bundestag anstehen. Am 07. September findet
bereits eine Anhörung im Haushaltsausschuss statt. Bisher wurde nie von einer
pauschalen Entlastung gesprochen, sondern von einer 50% Übernahme der
Mindereinnahmen des Bundes und sowie 50% durch das Land NRW (Beschluss NRW
Kabinett im Juni 2020). Grund für die mögliche Änderung kann die vom Bundesrat
geforderte Änderung sein, der die Erstattung der erwarteten
Gewerbesteuermindereinnahmen jeder Kommunen als nicht leistbar und belastbar
sieht.
Die „Corona-bedingten Schäden“ betragen rund
1,773 Mio. Euro. Hierzu wird eine Aufstellung in der Sitzung präsentiert.
Sollten diese Schäden abgegrenzt und isoliert werden, wie es der
Gesetzesentwurf vorsieht, kommt es buchhalterisch zu einem außerordentlichen
Ertrag der aktiviert und dann abgeschrieben wird. Bei einer Neutralisierung der
Prognose um die Corona-bedingten Schäden (Eliminierung des Corona-Effektes)
ergibt sich ein Jahresergebnis von 185 T€. Unter dieser Betrachtung der
Isolierung der Corona-bedingten Schäden verbessert sich die aktuelle Prognose
gegenüber der beschlossenen Planung um rund 1,773 Mio. Euro. Hierbei wird
unterstellt, dass es zu keinen weiteren wirtschaftlichen Auswirkungen einer
„zweiten Coronawelle“ kommen wird.
Prognose mit Corona-bedingten
Schäden -1.588.000 €
Prognose mit bereinigtem
Ergebnis + 185.000 €
Die Steuerschätzung aus Mai 2020 auf
Bundesebene wies auch für die Folgejahre drastische Ertragsverluste aus.
Die Juliwerte liegen jedoch im Vergleich zum
Vorjahr lediglich um 0,3 Prozent niedriger. Dies ist dem neuesten Monatsbericht
des Finanzministeriums zu entnehmen. Der Grund sei in dem im Frühjahr gestundeten
Steuerzahlungen zu sehen, die nun fällig werden. Dennoch belastet die durch die
Kurzarbeit geringere Lohn-/Einkommenssteuer das Steueraufkommen. Die
Lohnersatzleistungen haben dazu geführt, dass die Arbeitslosenzahlen nicht
drastisch zunahmen und haben den Unternehmen mehr Liquidität verschafft.
Auch die Konjunkturprognose der IHK
Nord-Westfalen aus Mai 2020 offenbarte einen historischen Tiefpunkt, dessen
Ausmaß noch weit über die der Finanzkrise 2008/2009 liegen sollte.
Ende September wird ein neuer
Konjunkturbericht der IHK Nord- Westfalen veröffentlicht. Hier zeigen die
ersten Umfrageergebnisse eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. Der
Konsum im Handel nimmt langsam wieder Fahrt auf. Investitionen werden aber noch
verhalten durchgeführt, zu groß ist die Angst vor einem weiteren „Lock down“;
es bestehen hier große Unsicherheiten. Der auf Export basierende Maschinenbau
hat noch ein immenses Problem aufgrund der pandemischen Lage in vielen Ländern.
Auch existieren noch nach wie vor Probleme beim Import bei vielen Unternehmen. Das
Handwerk und auch das Baugewerbe sind kaum von Einschränkungen belastet; während
die Tourismusbranche, Messebauer, Restaurants sowie Caterer starke Einbußen zu
verzeichnen haben. Dennoch hat sich gezeigt, dass der Mittelstand im
Münsterland krisenfest ist. Die hohen Eigenkapitalquoten in den Bilanzen, die
solide Finanzlage und die Kurzarbeit, haben nicht zu einem drastischen Einbruch
geführt.
Das Statistische Landesamt gab am 17.8.2020
die Umsätze der nordrhein-westfälischen Industrie bekannt. Hiernach waren die
Industrieumsätze im Kreis Coesfeld in den ersten sechs Monaten diesen Jahres
mit minus 0,2 Prozent fast stabil.
Die Stadt Billerbeck hatte die in ihren
Möglichkeiten bestehenden Maßnahmen ergriffen, um den Unternehmen hier vor Ort
unbürokratisch zu helfen (Erlass von Stundungszinsen und Mahngebühren, keine
Sondernutzungsgebühren). Die bis zum 01.07.2020 zinslosen Steuerstundungen sind
pünktlich gezahlt worden. Auch die bis zum 15. Mai 2020 erlassenen Mahn- und
Säumniszuschläge, sind zum Hauptfälligkeitszeitpunkt 15. Mai und folgenden
Terminen dann mit den rechtmäßig erhobenen Gebühren eingegangen. Es sind keine
Forderungsausfälle Corona-bedingt zu verzeichnen und auch nicht zu erwarten.
Bei den Steuern, die hier vor Ort erhoben
werden, müssen bisher folgende Einbußen verzeichnet werden:
Gewerbesteuervorauszahlungen: minus 1,6 Mio. €
Grundsteuer A und B: 0,00 €
Hundesteuer: 0,00
€
Vergnügungssteuer: minus 12 T€
In welcher Höhe tatsächlich die Gewerbesteuer
einbricht wird sich erst endgültig zeigen, wenn auf der Grundlage der
Messbescheide 2020 die Gewerbesteuerbescheide erstellt werden. Dies wird
frühestens im dritten Quartal 2021 sein. Für das Jahr 2020 ist von einem Ansatz
von 7.238 T€ ausgegangen worden. Unter Berücksichtigung der Herabsetzung der
Gewerbesteuervorauszahlungen und den Abrechnungen der Vorjahre wird die
Gewerbesteuer zum Ende des Jahres sich voraussichtlich auf einen Betrag von
6.100 T€ einstellen inklusiv einer hohen Nachzahlung aus 2018. Dies entspricht
einem Rückgang von 16%.
Die Gewerbesteuervorauszahlungen sanken vom
I. Quartal (1.793 T€) auf 999 T€ im II. Quartal. Aufgrund geringerer
Gewerbesteuereinzahlungen von rund 800 T€ mussten 63 T€ weniger an
Gewerbesteuerumlage abgeführt werden. Zum Referenzzeitpunkt 30. Juni 2020 sank
damit die geplante fiktive Steuerkraft um 652 T€. Für 2021 wird die Stadt
demnach weniger an Kreis- und Jugendamtsumlage an den Kreis zu zahlen haben als
geplant.
Am 07. August hat der Städte- und
Gemeindebund mitgeteilt, das aufgrund der Coronakrise und deren Unsicherheiten
die Eckpunkte zum GFG 2021 erst Ende September vorliegen werden und zu diesem
Zeitpunkt das Beteiligungsverfahren mit den kommunalen Spitzenverbänden
eingeleitet wird. Somit würde eine Arbeitskreisrechnung, die ansonsten den
Kommunen immer im Juli zur Verfügung gestellt wird, keinen Sinn machen. Ende
Oktober werden die endgültigen Zahlen für die Steuereinnahmen im
Referenzzeitraum vorliegen. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Strukturen
im GFG nicht wesentlich verändern werden.
Unter der Annahme der Grundlagen des GFG 2020
für 2021 wird die Stadt Billerbeck eine fiktive Steuerkraft von 15.194 T€
aufweisen und damit weiter abundant bleiben.
Bei der Einkommensteuer- und
Umsatzsteuerbeteiligung wird von einem Minus von 761 T€ und damit 11 Prozent für
das Jahr 2020 ausgegangen. Allerdings wurde bereits abweichend von der
Novembersteuerschätzung 2019 für die Haushaltsplanung 2020 von einer pessimistischen
Ansatzberechnung ausgegangen, da die wirtschaftliche Lage allgemein gesehen von
Seiten der Kämmerin kritischer betrachtet wurde.
Der aktuelle Kassenbestand beträgt 9.214 T€,
wobei mehr als die Hälfte des Bestandes aufgrund von Pauschalen und Fördermitteln
des Landes zurückzuführen sind, die in den nächsten Jahren für die geplanten
Investitionen verausgabt werden. Für das Programm „Gute Schule 2020“ werden im
Oktober die restlichen Mittel abgerufen und als Kassenkredit bzw. Investitionskredit
in der Bilanz geführt werden. Allerdings übernimmt das Land die Tilgung und
Zinszahlung.
Im Investitionsbereich zeichnet sich eine
Verschiebung von Maßnahmen i. H. v. 5,5 Mio. Euro ab. Die Auszahlungen werden
2021 neu verplant, sollten sie in 2020 nicht mehr durchgeführt werden.
Die Risiken für die Entwicklung des
Ergebnisses 2020 sind groß. In vielen Produktbereichen resultieren die
Leistungen aus Pflichtaufgaben. Eine Steuerung ist nur begrenzt möglich, weil
sie engen rechtlichen Vorgaben unterliegt. Die wirtschaftliche Lage ist davon
abhängig, wie gut Deutschland durch die Pandemie kommt und ob es erneute
Schließungen von Unternehmen geben wird. Davon hängen die Ergebnisse der Gewerbesteuer, der Einkommens- sowie
Umsatzsteuerbeteiligung sehr stark ab. Weiterhin sind die Entwicklung der
Asylbewerberzahlen und deren Folgekosten, Baukostensteigerungen und
Vermarktungsrisiken der geplanten Baugrundstücke zu nennen.
Sollten sich gravierende Änderungen durch die
Sondersteuerschätzung Mitte September für den Haushalt 2020 ergeben, wird
hierüber berichtet.
i. A.
Marion Lammers Marion
Dirks