Betreff
Finanzzwischenbericht 2020;
hier: Entwicklung der Ergebnisplanung sowie der Investitionen im Vergleich zur Planung
Vorlage
FBF/0525/2020
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                  Beschlussvorschlag für den Rat:

 

Der Finanzzwischenbericht 2020 wird zur Kenntnis genommen.


Sachverhalt:

 

Traditionell wird in der ersten Haupt- und Finanzausschusssitzung nach den Sommerferien durch den Finanzzwischenbericht über den Stand der Ausführung des Haushaltes informiert. Dieses Jahr erfolgten schon mehrere Berichte zur Finanzlage.

 

Für die Planung müssen auch bei Ungewissheit Schlüsse aus den aktuellen Entwicklungen gezogen werden, was bei unvollständigen Informationen nicht immer einfach ist. Dies gilt umso mehr in Zeiten wie der Finanz- und Bankenkrise 2008/9, der Flüchtlingsaufnahme im Jahr 2015 oder aktuell der Corona-Pandemie.

 

Der jetzt vorliegende Finanzzwischenbericht beinhaltet die derzeit bekannten Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den Haushalt 2020 der Stadt Billerbeck. Neben zahlreichen Verordnungen zum inhaltlichen Umgang mit der Corona-Pandemie hat das zuständige Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW (MHKBG) einen Gesetzentwurf zur finanzwirtschaftlichen Behandlung der sogenannten Corona-bedingten Schäden veröffentlicht. Der Entwurf des „Gesetzes zur Isolierung der aus der COVID-19-Pandemie folgenden Belastungen in den kommunalen Haushalten und zur Sicherung der kommunalen Handlungsfähigkeit sowie zur Anpassung weiterer landesrechtlicher Vorschriften“ (NKF-COVID-19-Isolierungsgesetz-NKF-CIG) sieht unter anderem vor, die Corona-bedingten Mindererträge und Mehraufwendungen zu ermitteln und zu isolieren. Die ermittelte Haushaltsbelastung der jeweiligen Kommune soll bilanziell gesondert aktiviert und ab dem Jahr 2025 über einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren abgeschrieben werden. Damit würde eine Belastung des Haushaltes 2020 durch Corona-bedingte Schäden vermieden und auf die längere Zukunft verteilt. Anstelle der dauerhaften Abschreibung soll alternativ in 2024 für die Haushaltsaufstellung 2025 optional eine vollständige oder teilweise erfolgsneutrale Ausbuchung des isolierten Betrages gegen das Eigenkapital möglich sein.

 

Das vorliegende Finanzcontrolling weist die derzeitige Prognose inklusive der erwarteten Corona-bedingten Auswirkungen (Verschlechterungen wie Verbesserungen) aus. Bereits zugesagte oder zu erwartende Erstattungen Corona-bedingter Aufwendungen (z.B. Übernahme von OGS Beiträgen durch das Land NRW) sind in der Prognose bereits berücksichtigt. Nicht berücksichtigt sind hier etwaige finanzielle Unterstützungen von Bund und Land aus „Schutzschirmen“ oder anderen geplanten Maßnahmen. Der Schutzschirm des Bundes (Wirtschaftsstabilisierungsfonds, KfW-Programme für Kredite und Liquidität, Soforthilfe und Steuererleichterungen) sowie der NRW-Rettungsschirm greifen hier nicht. Für die Kommunen in NRW wurde ein Kommunalschutzpaket u.a. zum haushälterischen Umgang mit den Corona-bedingten Schäden diskutiert. Gewerbesteuerverluste sollen durch Bund und Land NRW kompensiert werden. Gerade hinsichtlich der Steuerentwicklung sind Ausfälle von bis zu 15 % auf Bundes, Landes und kommunaler Seite zu befürchten, die allerdings zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht konkret beziffert werden können. Weitere Erkenntnisse soll eine außerordentliche Steuerschätzung des Landes NRW im September 2020 bringen.

 

Der Finanzzwischenbericht zum Stichtag 28.08.2020 weist hochgerechnet zum Jahresende über alle Bereiche einen prognostizierten Fehlbetrag von 1,588 Mio. Euro aus. Dies entspricht gegenüber dem Planansatz (227,6 T€ Jahresüberschuss) einer Verschlechterung von rund 1,816 Mio. Euro. Dieses Ergebnis ist noch mit vielen Unsicherheiten belastet.

 

Die Auswirkungen sind bislang nicht so hoch ausgefallen wie anfangs befürchtet und durch die guten Jahresergebnisse der letzten Jahre ist die Ausgleichsrücklage gut gefüllt. Aber aller Voraussicht nach kann die fehlende Liquidität durch die Steuerausfälle durch den Bund und das Land nicht ausgeglichen werden. Die Kommunen sollen in Folge der Corona-Pandemie in diesem Jahr pauschal für die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer entlastet werden. Weiterhin will der Bund dauerhaft bei den Leistungen der Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitssuchende bis zu 74 Prozent der Kosten übernehmen. Dies betrifft die Stadt nur indirekt. Der Entwurf dieses „Gesetzes zur finanziellen Entlastung der Kommunen und der neuen Länder“ wird am 09. September 2020 zur Lesung im Bundestag anstehen. Am 07. September findet bereits eine Anhörung im Haushaltsausschuss statt. Bisher wurde nie von einer pauschalen Entlastung gesprochen, sondern von einer 50% Übernahme der Mindereinnahmen des Bundes und sowie 50% durch das Land NRW (Beschluss NRW Kabinett im Juni 2020). Grund für die mögliche Änderung kann die vom Bundesrat geforderte Änderung sein, der die Erstattung der erwarteten Gewerbesteuermindereinnahmen jeder Kommunen als nicht leistbar und belastbar sieht.

 

Die „Corona-bedingten Schäden“ betragen rund 1,773 Mio. Euro. Hierzu wird eine Aufstellung in der Sitzung präsentiert.

 

Sollten diese Schäden abgegrenzt und isoliert werden, wie es der Gesetzesentwurf vorsieht, kommt es buchhalterisch zu einem außerordentlichen Ertrag der aktiviert und dann abgeschrieben wird. Bei einer Neutralisierung der Prognose um die Corona-bedingten Schäden (Eliminierung des Corona-Effektes) ergibt sich ein Jahresergebnis von 185 T€. Unter dieser Betrachtung der Isolierung der Corona-bedingten Schäden verbessert sich die aktuelle Prognose gegenüber der beschlossenen Planung um rund 1,773 Mio. Euro. Hierbei wird unterstellt, dass es zu keinen weiteren wirtschaftlichen Auswirkungen einer „zweiten Coronawelle“ kommen wird.

 

Prognose mit Corona-bedingten Schäden          -1.588.000 €

Prognose mit bereinigtem Ergebnis                     +  185.000 €

 

Die Steuerschätzung aus Mai 2020 auf Bundesebene wies auch für die Folgejahre drastische Ertragsverluste aus.

 

Die Juliwerte liegen jedoch im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 0,3 Prozent niedriger. Dies ist dem neuesten Monatsbericht des Finanzministeriums zu entnehmen. Der Grund sei in dem im Frühjahr gestundeten Steuerzahlungen zu sehen, die nun fällig werden. Dennoch belastet die durch die Kurzarbeit geringere Lohn-/Einkommenssteuer das Steueraufkommen. Die Lohnersatzleistungen haben dazu geführt, dass die Arbeitslosenzahlen nicht drastisch zunahmen und haben den Unternehmen mehr Liquidität verschafft.

 

Auch die Konjunkturprognose der IHK Nord-Westfalen aus Mai 2020 offenbarte einen historischen Tiefpunkt, dessen Ausmaß noch weit über die der Finanzkrise 2008/2009 liegen sollte.

 

Ende September wird ein neuer Konjunkturbericht der IHK Nord- Westfalen veröffentlicht. Hier zeigen die ersten Umfrageergebnisse eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. Der Konsum im Handel nimmt langsam wieder Fahrt auf. Investitionen werden aber noch verhalten durchgeführt, zu groß ist die Angst vor einem weiteren „Lock down“; es bestehen hier große Unsicherheiten. Der auf Export basierende Maschinenbau hat noch ein immenses Problem aufgrund der pandemischen Lage in vielen Ländern. Auch existieren noch nach wie vor Probleme beim Import bei vielen Unternehmen. Das Handwerk und auch das Baugewerbe sind kaum von Einschränkungen belastet; während die Tourismusbranche, Messebauer, Restaurants sowie Caterer starke Einbußen zu verzeichnen haben. Dennoch hat sich gezeigt, dass der Mittelstand im Münsterland krisenfest ist. Die hohen Eigenkapitalquoten in den Bilanzen, die solide Finanzlage und die Kurzarbeit, haben nicht zu einem drastischen Einbruch geführt.

 

Das Statistische Landesamt gab am 17.8.2020 die Umsätze der nordrhein-westfälischen Industrie bekannt. Hiernach waren die Industrieumsätze im Kreis Coesfeld in den ersten sechs Monaten diesen Jahres mit minus 0,2 Prozent fast stabil.

 

Die Stadt Billerbeck hatte die in ihren Möglichkeiten bestehenden Maßnahmen ergriffen, um den Unternehmen hier vor Ort unbürokratisch zu helfen (Erlass von Stundungszinsen und Mahngebühren, keine Sondernutzungsgebühren). Die bis zum 01.07.2020 zinslosen Steuerstundungen sind pünktlich gezahlt worden. Auch die bis zum 15. Mai 2020 erlassenen Mahn- und Säumniszuschläge, sind zum Hauptfälligkeitszeitpunkt 15. Mai und folgenden Terminen dann mit den rechtmäßig erhobenen Gebühren eingegangen. Es sind keine Forderungsausfälle Corona-bedingt zu verzeichnen und auch nicht zu erwarten.

 

Bei den Steuern, die hier vor Ort erhoben werden, müssen bisher folgende Einbußen verzeichnet werden:

Gewerbesteuervorauszahlungen:            minus 1,6 Mio. €

Grundsteuer A und B:                                 0,00 €

Hundesteuer:                                               0,00 €

Vergnügungssteuer:                                   minus 12 T€

 

In welcher Höhe tatsächlich die Gewerbesteuer einbricht wird sich erst endgültig zeigen, wenn auf der Grundlage der Messbescheide 2020 die Gewerbesteuerbescheide erstellt werden. Dies wird frühestens im dritten Quartal 2021 sein. Für das Jahr 2020 ist von einem Ansatz von 7.238 T€ ausgegangen worden. Unter Berücksichtigung der Herabsetzung der Gewerbesteuervorauszahlungen und den Abrechnungen der Vorjahre wird die Gewerbesteuer zum Ende des Jahres sich voraussichtlich auf einen Betrag von 6.100 T€ einstellen inklusiv einer hohen Nachzahlung aus 2018. Dies entspricht einem Rückgang von 16%.

 

Die Gewerbesteuervorauszahlungen sanken vom I. Quartal (1.793 T€) auf 999 T€ im II. Quartal. Aufgrund geringerer Gewerbesteuereinzahlungen von rund 800 T€ mussten 63 T€ weniger an Gewerbesteuerumlage abgeführt werden. Zum Referenzzeitpunkt 30. Juni 2020 sank damit die geplante fiktive Steuerkraft um 652 T€. Für 2021 wird die Stadt demnach weniger an Kreis- und Jugendamtsumlage an den Kreis zu zahlen haben als geplant.

 

Am 07. August hat der Städte- und Gemeindebund mitgeteilt, das aufgrund der Coronakrise und deren Unsicherheiten die Eckpunkte zum GFG 2021 erst Ende September vorliegen werden und zu diesem Zeitpunkt das Beteiligungsverfahren mit den kommunalen Spitzenverbänden eingeleitet wird. Somit würde eine Arbeitskreisrechnung, die ansonsten den Kommunen immer im Juli zur Verfügung gestellt wird, keinen Sinn machen. Ende Oktober werden die endgültigen Zahlen für die Steuereinnahmen im Referenzzeitraum vorliegen. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Strukturen im GFG nicht wesentlich verändern werden.

 

Unter der Annahme der Grundlagen des GFG 2020 für 2021 wird die Stadt Billerbeck eine fiktive Steuerkraft von 15.194 T€ aufweisen und damit weiter abundant bleiben.

 

Bei der Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbeteiligung wird von einem Minus von 761 T€ und damit 11 Prozent für das Jahr 2020 ausgegangen. Allerdings wurde bereits abweichend von der Novembersteuerschätzung 2019 für die Haushaltsplanung 2020 von einer pessimistischen Ansatzberechnung ausgegangen, da die wirtschaftliche Lage allgemein gesehen von Seiten der Kämmerin kritischer betrachtet wurde.

 

Der aktuelle Kassenbestand beträgt 9.214 T€, wobei mehr als die Hälfte des Bestandes aufgrund von Pauschalen und Fördermitteln des Landes zurückzuführen sind, die in den nächsten Jahren für die geplanten Investitionen verausgabt werden. Für das Programm „Gute Schule 2020“ werden im Oktober die restlichen Mittel abgerufen und als Kassenkredit bzw. Investitionskredit in der Bilanz geführt werden. Allerdings übernimmt das Land die Tilgung und Zinszahlung.

 

Im Investitionsbereich zeichnet sich eine Verschiebung von Maßnahmen i. H. v. 5,5 Mio. Euro ab. Die Auszahlungen werden 2021 neu verplant, sollten sie in 2020 nicht mehr durchgeführt werden.

 

Die Risiken für die Entwicklung des Ergebnisses 2020 sind groß. In vielen Produktbereichen resultieren die Leistungen aus Pflichtaufgaben. Eine Steuerung ist nur begrenzt möglich, weil sie engen rechtlichen Vorgaben unterliegt. Die wirtschaftliche Lage ist davon abhängig, wie gut Deutschland durch die Pandemie kommt und ob es erneute Schließungen von Unternehmen geben wird. Davon hängen die Ergebnisse  der Gewerbesteuer, der Einkommens- sowie Umsatzsteuerbeteiligung sehr stark ab. Weiterhin sind die Entwicklung der Asylbewerberzahlen und deren Folgekosten, Baukostensteigerungen und Vermarktungsrisiken der geplanten Baugrundstücke zu nennen.

 

Sollten sich gravierende Änderungen durch die Sondersteuerschätzung Mitte September für den Haushalt 2020 ergeben, wird hierüber berichtet.

 

i. A.

 

 

 

Marion Lammers                                                      Marion Dirks

Kämmerin                                                                  Bürgermeisterin


Bezug:     

 

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                                             

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                                                      

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag: