Sachverhalt:
Die Aufstellung von
Sammelcontainern für Altkleider ist seit einigen Jahren vermehrt Gegenstand
gerichtlicher Auseinandersetzungen. Durch die gewerbliche und gemeinnützige
Sammlung von Altkleidern und deren anschließender Sortierung und dem Verkauf
sind die Gebrauchttextilien ein attraktiver Wertstoff und es können auch
erhebliche Erlöse erzielt werden. Gewerbliche Sammler stehen hier zunehmend in
der Konkurrenz mit gemeinnützigen Organisationen, die mit ihren Sammlungen
Kleiderkammern bestücken oder aus den Erlösen durch den Verkauf, ihre Tätigkeit
finanzieren. In verschiedenen Kommunen ist es schon zu Problemen mit illegal
aufgestellten Sammelcontainern gekommen. Anlässlich von zwei Anträgen zur
Aufstellung von Sammelcontainern für Altkleider im gesamten Stadtgebiet ist aus
Sicht der Verwaltung eine allgemeingültige Lösung erforderlich.
In der Stadt
Billerbeck sind derzeit 17 Altkleidercontainer an 15 Standorten aufgestellt.
Die Standorte befinden sich stets neben Glascontainern. In zwei Fällen stehen
die Container einzeln in unmittelbarer Nähe zu zwei Kindergärten. Alle
Standorte befinden sich im öffentlichen Verkehrsraum. Die Standorte sind
gleichmäßig auf das Stadtgebiet verteilt, im Innen- wie auch Außenbereich. Nach
den Regelungen des Straßen- und Wegegesetzes NRW (StrWG NRW) ist dafür eine
Sondernutzungserlaubnis erforderlich. Da die Nutzung der Straße zu anderen als
den üblichen Verkehrszwecken (Gemeingebrauch) einer Erlaubnis durch die
zuständige Straßenbaubehörde bedarf, § 18 Abs. 1, S. 2 StrWG NRW. Gemäß § 14 Abs. 1 StrWG NRW ist der
Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen erlaubnisfrei, d.h. der Gebrauch im
Rahmen der Widmung zum Verkehr und innerhalb der verkehrsrechtlichen
Vorschriften. Die Aufstellung von Altkleidercontainern ist kein Gemeingebrauch,
da der Straßenraum dadurch nicht ausschließlich zum Verkehr genutzt wird, somit
handelt es sich dabei um eine Sondernutzung.
Die Stadt Billerbeck
ist gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 3 StrWG NRW zuständige Straßenbaubehörde für die
Gemeindestraßen und die Landesstraßen als Ortsdurchfahrten. Die Erlaubnis der
Sondernutzung darf gemäß § 18 Abs. 1, S. 2 StrWG NRW nur befristet oder auf
Widerruf erteilt werden. Die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis steht im
Ermessen der Behörde. Die Ermessensgründe sind dabei jedoch auf sachliche
Gründe mit Bezug zur Straße begrenzt. Für das Aufstellen von Sammelcontainern
auf privaten Flächen ist keine Erlaubnis erforderlich, hier wird lediglich die
Genehmigung des Grundstückseigentümers benötigt. Des Weiteren sind Sammlungen
von Altkleidern bei der unteren Abfallbehörde anzuzeigen (§ 18 Abs. 1
Kreislaufwirtschaftsgesetz NRW), diese Meldung ist unabhängig davon, ob die
Sammlungen im öffentlichen Straßenraum oder auf privaten Grundstücken erfolgen.
Im Rahmen einer
Bestandsermittlung, angestoßen durch Anträge auf Erteilung von
Sondernutzungserlaubnissen für Altkleidercontainer, wurden die aktuellen
Standorte auf öffentlichen Flächen kontrolliert. Die bisher aufgestellten
Altkleidercontainer weden vom DRK Kreisverband Coesfeld und der Kolpingsfamilie
Billerbeck bewirtschaftet. Verwaltungsseitig ist nun beabsichtigt, die
Sondernutzung für Altkleidercontainer in einem einheitlichen Konzept zu regeln.
Dabei ist nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 20.04.2020, Az.: 3
B 80.09) zu berücksichtigen, dass zeitlich und örtlich gegenläufige Interessen
verschiedener Straßennutzer auszugleichen sind. Deshalb kann ein
Interessenausgleich vorzunehmen sein, wenn sich die Interessen auf dieselbe Straßenflächen
beziehen. Diese Ausgleichs- und Verteilungsfunktion der Sondernutzungserlaubnis
hat auch zur Folge, dass die Verwaltung bei der Erteilung von
Sondernutzungserlaubnissen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.
3 Abs. 1 GG zu berücksichtigen hat. Die Verwaltungspraxis muss sich daher an
den sachlichen Gründen mit Bezug zur Straße orientieren und innerhalb dieser
Kriterien allen Interessenten gleiche Chancen gewähren.
Um den rechtlichen
Anforderungen in der Verwaltungspraxis gleichermaßen transparent und
rechtssicher zu gewährleisten, ist von der Rechtsprechung anerkannt worden, die
Verteilung anhand von ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften
(Standortkonzept) vorzunehmen (u. a. Oberverwaltungsgericht
Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.03.2019, Az.: 11 A 1166/16). Mit einem
Standortkonzept können die Anzahl und Verteilung der Standorte für
Altkleidercontainer umfassend geregelt werden. Für die Erteilung von
Sondernutzungserlaubnissen kann durch das Standortkonzept und die enthaltenen Regelungen
ein Verfahren eingeführt werden, nach dem die Verwaltung im Einzelfall
entsprechende Anträge bescheiden kann. Weil mit den Richtlinien eine erhebliche
Vorwirkung für den Einzelfall verbunden ist, verlangt die Rechtsprechung dafür
die Beschlussfassung des Gemeinderates (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom
13.05.2019, Az.: 11 A 2057/17).
Das Standortkonzept
für Altkleidercontainer der Stadt Billerbeck legt die Orte und die Anzahl der
maximal möglichen Container auf öffentlichen Flächen im Stadtgebiet fest.
Die Gesamtzahl
möglicher Standorte für Altkleidercontainer kann überschlägig anhand der
Einwohnerzahl ermittelt werden. Der Ausgleich gegenläufiger Interessen an der
Straßennutzung und die Vermeidung einer „Übermöblierung“ des öffentlichen Straßenraumes
macht es erforderlich, dass die gewerbliche oder gemeinnützige Aufstellung von
Altkleidercontainern im Verhältnis zum Gemeingebrauch der Anwohnerinnen und
Anwohner und der übrigen Bevölkerung im Gemeindegebiet steht. In vielen
Kommunen ist die Gesamtanzahl an Containerstandorten im Verhältnis zur
Einwohnerzahl auf 500 bis 1.000 Einwohner pro Standort beschränkt worden. Die
Bemessung der Anzahl an Standorten anhand der Einwohnerzahl ist von der
Rechtsprechung akzeptiert worden (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.04.2017, Az.: 11
A 2068/14, Rn 96; VG Mainz, Urteil vom 20.06.2018, Az.: 3 K 907/17.MZ).
Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen einen öffentlichen Containerstandort je
800 Einwohner anzustreben. Somit besteht ein Bedarf von derzeit max. 15
Containerstandorten. An zwei Standorten besteht die Möglichkeit zur Aufstellung
von je 2 Containern, so dass 17 Altkleidercontainer aufgestellt werden können.
Folglich ist ein Altkleidercontainer für je 700 Einwohner vorhanden.
Bei der
kleinräumlichen Auswahl geeigneter Standorte sind unterschiedliche
Wohnstrukturen, die Mobilitätsbedürfnisse der Wohnbevölkerung und der örtlichen
Gewerbetreibenden sowie die Standorte öffentlicher Einrichtungen berücksichtigt
worden. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und
zur Vermeidung einer kleinteiligen Möblierung mit ähnlich gelagerten
Containernutzungen sind bei der standortgenauen Auswahl der Aufstellflächen für
Altkleidercontainer insbesondere die bestehenden Standorte für Glascontainer
geprüft worden.
Unter
Berücksichtigung dieser Punkte hat die Verwaltung im Jahr 2015 bereits
geeignete Standorte für Altkleidercontainer ermittelt (siehe Standortliste).
Diese Standorte beschränken sich grundsätzlich auf öffentliche Verkehrsflächen.
Die Aufstellung von Altkleidercontainern auf privaten Grundstücken (bspw.
Parkplätze) kann seitens der Gemeinde nicht reguliert werden. Erfolgt jedoch
die Benutzung der Container von öffentlichen Verkehrsflächen aus, obwohl die
Container selbst auf Privatgrund stehen, ist eine straßenrechtliche
Sondererlaubnis erforderlich.
Die Entscheidung über
die Anzahl der Standorte (das Standortkonzept) ist kein Geschäft der laufenden
Verwaltung, sondern es muss hier ein Ratsbeschluss gefasst werden. Dies wurde
im Jahr 2021 durch ein Urteil des VG Minden festgelegt (so: OVG NRW, Urteil vom
28.05.2021 – Az.: 11 A 390/19- Rz. 74 ff., und 84 ff.; VG Minden, Urteil vom
13.11.2018 – Az.: 1 K 364/18 – Rz. 41 der Urteilsgründe). Wichtig ist, dass
auch eine Obergrenze pro Standplatz fixiert werden muss, weil anderenfalls ein
anderweitiger gewerblicher oder gemeinnütziger Sammler einen Anspruch auf
Belegung des Standplatzes mit einem weiteren Alttextilien-Container haben
könnte (vgl. hierzu: VG Aachen, Urteil vom 23.09.2022 – 10 K 1259/19 -).
Ein Standortkonzept
kann sich auch nur auf solche Standorte beschränken, für die bereits eine
Sondernutzungserlaubnis erteilt worden ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom
03.12.2021, Az.: 11 A 1958/20 – Rz. 63 des Beschlussgründe). Ausgehend von der
Wettbewerbsneutralität des Straßenrechts ist es nicht erforderlich, dass ein
Sondernutzungskonzept freie Standorte vorhält, um einen Marktzugang für „neue
Antragsteller“ zu ermöglichen. Insbesondere wird durch § 18 Abs. 1 StrWG NRW
kein subjektives Recht eines gewerblichen oder gemeinnützigen Abfallsammlers
auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis begründet. Insbesondere besteht
kein Anspruch darauf, die einem Dritten bereits erteilte Erlaubnis zu
widerrufen. Deshalb müssen durch ein Sondernutzungskonzept nicht mehr Standorte
für Altkleidercontainer auf Flächen im öffentlichen Verkehrsraum vorgesehen
werden, sondern es kann auch nur auf die Standplätze abgestellt werden, die zum
Zeitpunkt der Beschlussfassung über das Standortkonzept bereits vorhanden sind.
Dennoch hat das OVG NRW (Beschluss vom 03.12.2021 - Az.: 11 A 1958/20 -)
zugleich vorgegeben, dass für alle Standplätze aktenmäßig die Erteilung von
straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnissen durch die Stadt bzw. Gemeinde
dokumentiert sein muss. Eine mündlich erteilte Sondernutzungserlaubnis reicht
hier nicht aus. Ausgehend von dem Gebot der Aktenmäßigkeit der Verwaltung muss
- so das OVG NRW- die mündliche Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis in
einer ihrer inhaltlichen Bestimmtheit wiederspiegelnden Weise, also
insbesondere unter Angabe von Ort und Dauer aktenkundig dokumentiert sein.
Für die Stadt
Billerbeck wurden im Jahr 2015 die Standorte der Altkleidercontainer
festgelegt. Dies erfolgte in einem Gespräch zwischen Vertretern der Stadt
Billerbeck und den Vertretern des DRK Kreisverband Coesfeld und der
Kolpingsfamilie Billerbeck. Über dieses Gespräch wurde ein Vermerk erstellt
(21.05.2015), welcher gleichzeitig die Erteilung der Erlaubnis zur Aufstellung
von Altkleidercontainern, entsprechend der beigefügten Auflistung, beinhaltet.
Folglich wurde auch der aktenmäßigen Erteilung der Erlaubnis Rechnung getragen.
Die Erlaubnisse wurden auf Widerruf erteilt. Aus der bisherigen Praxis wurde
festgestellt, dass es gut ist, keinen ständigen Wechsel bei den Betreibern der
Altkleidercontainer zu haben. Die Kontinuität der Betreiber hat sich positiv
auf das Stadtbild ausgeprägt.
Die Erteilung von
Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidercontainern an
diesen Standorten wird durch die Ermessensrichtlinien geregelt. Die Erteilung
einer Sondernutzungserlaubnis setzt grundsätzlich einen Antrag voraus. Durch
das in den Ermessensrichtlinien formulierte Verfahren wird der
straßenrechtlichen Ausgleichs- und Verteilungsfunktion sowie der gesetzlichen
Befristung oder Widerruflichkeit einer straßenrechtlichen
Sondernutzungserlaubnis entsprochen.
Verwaltungsseitig
wird vorgeschlagen, dass beigefügte Standortkonzept und die
Ermessensrichtlinien für die Aufstellung von Altkleidercontainern auf dem Gebiet
der Stadt Billerbeck zu beschließen, so dass die Standorte und die Anzahl der
Altkleidercontainer festgelegt werden und es nicht zu einer Übermöblierung und
einer damit einhergehenden Verschandlung des Stadtbildes kommt.
i.A. i.A.
gez.
Sandra Niemann Hubertus Messing Marion Dirks
Sachbearbeiterin Fachbereichsleiter Bürgermeisterin
Anlagen:
Standortkonzept
für die Aufstellung von Altkleidercontainern auf dem Gebiet der Stadt
Billerbeck