Betreff
Standortkonzept für die Aufstellung von Altkleidercontainern auf dem Gebiet der Stadt Billerbeck
Vorlage
FB10/0633/2023
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                 Beschlussvorschlag für den Rat:

 

Der Rat der Stadt Billerbeck beschließt das in der Anlage beigefügte Standortkonzept und die Ermessensrichtlinien für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für Altkleidercontainer auf dem Gebiet der Stadt Billerbeck. 


Sachverhalt:

Die Aufstellung von Sammelcontainern für Altkleider ist seit einigen Jahren vermehrt Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Durch die gewerbliche und gemeinnützige Sammlung von Altkleidern und deren anschließender Sortierung und dem Verkauf sind die Gebrauchttextilien ein attraktiver Wertstoff und es können auch erhebliche Erlöse erzielt werden. Gewerbliche Sammler stehen hier zunehmend in der Konkurrenz mit gemeinnützigen Organisationen, die mit ihren Sammlungen Kleiderkammern bestücken oder aus den Erlösen durch den Verkauf, ihre Tätigkeit finanzieren. In verschiedenen Kommunen ist es schon zu Problemen mit illegal aufgestellten Sammelcontainern gekommen. Anlässlich von zwei Anträgen zur Aufstellung von Sammelcontainern für Altkleider im gesamten Stadtgebiet ist aus Sicht der Verwaltung eine allgemeingültige Lösung erforderlich.

 

In der Stadt Billerbeck sind derzeit 17 Altkleidercontainer an 15 Standorten aufgestellt. Die Standorte befinden sich stets neben Glascontainern. In zwei Fällen stehen die Container einzeln in unmittelbarer Nähe zu zwei Kindergärten. Alle Standorte befinden sich im öffentlichen Verkehrsraum. Die Standorte sind gleichmäßig auf das Stadtgebiet verteilt, im Innen- wie auch Außenbereich. Nach den Regelungen des Straßen- und Wegegesetzes NRW (StrWG NRW) ist dafür eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich. Da die Nutzung der Straße zu anderen als den üblichen Verkehrszwecken (Gemeingebrauch) einer Erlaubnis durch die zuständige Straßenbaubehörde bedarf, § 18 Abs. 1, S. 2 StrWG NRW.  Gemäß § 14 Abs. 1 StrWG NRW ist der Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen erlaubnisfrei, d.h. der Gebrauch im Rahmen der Widmung zum Verkehr und innerhalb der verkehrsrechtlichen Vorschriften. Die Aufstellung von Altkleidercontainern ist kein Gemeingebrauch, da der Straßenraum dadurch nicht ausschließlich zum Verkehr genutzt wird, somit handelt es sich dabei um eine Sondernutzung.

 

Die Stadt Billerbeck ist gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 3 StrWG NRW zuständige Straßenbaubehörde für die Gemeindestraßen und die Landesstraßen als Ortsdurchfahrten. Die Erlaubnis der Sondernutzung darf gemäß § 18 Abs. 1, S. 2 StrWG NRW nur befristet oder auf Widerruf erteilt werden. Die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis steht im Ermessen der Behörde. Die Ermessensgründe sind dabei jedoch auf sachliche Gründe mit Bezug zur Straße begrenzt. Für das Aufstellen von Sammelcontainern auf privaten Flächen ist keine Erlaubnis erforderlich, hier wird lediglich die Genehmigung des Grundstückseigentümers benötigt. Des Weiteren sind Sammlungen von Altkleidern bei der unteren Abfallbehörde anzuzeigen (§ 18 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz NRW), diese Meldung ist unabhängig davon, ob die Sammlungen im öffentlichen Straßenraum oder auf privaten Grundstücken erfolgen.

 

Im Rahmen einer Bestandsermittlung, angestoßen durch Anträge auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für Altkleidercontainer, wurden die aktuellen Standorte auf öffentlichen Flächen kontrolliert. Die bisher aufgestellten Altkleidercontainer weden vom DRK Kreisverband Coesfeld und der Kolpingsfamilie Billerbeck bewirtschaftet. Verwaltungsseitig ist nun beabsichtigt, die Sondernutzung für Altkleidercontainer in einem einheitlichen Konzept zu regeln.

 

Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 20.04.2020, Az.: 3 B 80.09) zu berücksichtigen, dass zeitlich und örtlich gegenläufige Interessen verschiedener Straßennutzer auszugleichen sind. Deshalb kann ein Interessenausgleich vorzunehmen sein, wenn sich die Interessen auf dieselbe Straßenflächen beziehen. Diese Ausgleichs- und Verteilungsfunktion der Sondernutzungserlaubnis hat auch zur Folge, dass die Verwaltung bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu berücksichtigen hat. Die Verwaltungspraxis muss sich daher an den sachlichen Gründen mit Bezug zur Straße orientieren und innerhalb dieser Kriterien allen Interessenten gleiche Chancen gewähren.

 

Um den rechtlichen Anforderungen in der Verwaltungspraxis gleichermaßen transparent und rechtssicher zu gewährleisten, ist von der Rechtsprechung anerkannt worden, die Verteilung anhand von ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften (Standortkonzept) vorzunehmen (u. a. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.03.2019, Az.: 11 A 1166/16). Mit einem Standortkonzept können die Anzahl und Verteilung der Standorte für Altkleidercontainer umfassend geregelt werden. Für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen kann durch das Standortkonzept und die enthaltenen Regelungen ein Verfahren eingeführt werden, nach dem die Verwaltung im Einzelfall entsprechende Anträge bescheiden kann. Weil mit den Richtlinien eine erhebliche Vorwirkung für den Einzelfall verbunden ist, verlangt die Rechtsprechung dafür die Beschlussfassung des Gemeinderates (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.05.2019, Az.: 11 A 2057/17).

 

Das Standortkonzept für Altkleidercontainer der Stadt Billerbeck legt die Orte und die Anzahl der maximal möglichen Container auf öffentlichen Flächen im Stadtgebiet fest.

 

Die Gesamtzahl möglicher Standorte für Altkleidercontainer kann überschlägig anhand der Einwohnerzahl ermittelt werden. Der Ausgleich gegenläufiger Interessen an der Straßennutzung und die Vermeidung einer „Übermöblierung“ des öffentlichen Straßenraumes macht es erforderlich, dass die gewerbliche oder gemeinnützige Aufstellung von Altkleidercontainern im Verhältnis zum Gemeingebrauch der Anwohnerinnen und Anwohner und der übrigen Bevölkerung im Gemeindegebiet steht. In vielen Kommunen ist die Gesamtanzahl an Containerstandorten im Verhältnis zur Einwohnerzahl auf 500 bis 1.000 Einwohner pro Standort beschränkt worden. Die Bemessung der Anzahl an Standorten anhand der Einwohnerzahl ist von der Rechtsprechung akzeptiert worden (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.04.2017, Az.: 11 A 2068/14, Rn 96; VG Mainz, Urteil vom 20.06.2018, Az.: 3 K 907/17.MZ). Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen einen öffentlichen Containerstandort je 800 Einwohner anzustreben. Somit besteht ein Bedarf von derzeit max. 15 Containerstandorten. An zwei Standorten besteht die Möglichkeit zur Aufstellung von je 2 Containern, so dass 17 Altkleidercontainer aufgestellt werden können. Folglich ist ein Altkleidercontainer für je 700 Einwohner vorhanden.

 

Bei der kleinräumlichen Auswahl geeigneter Standorte sind unterschiedliche Wohnstrukturen, die Mobilitätsbedürfnisse der Wohnbevölkerung und der örtlichen Gewerbetreibenden sowie die Standorte öffentlicher Einrichtungen berücksichtigt worden. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und zur Vermeidung einer kleinteiligen Möblierung mit ähnlich gelagerten Containernutzungen sind bei der standortgenauen Auswahl der Aufstellflächen für Altkleidercontainer insbesondere die bestehenden Standorte für Glascontainer geprüft worden.

 

Unter Berücksichtigung dieser Punkte hat die Verwaltung im Jahr 2015 bereits geeignete Standorte für Altkleidercontainer ermittelt (siehe Standortliste). Diese Standorte beschränken sich grundsätzlich auf öffentliche Verkehrsflächen. Die Aufstellung von Altkleidercontainern auf privaten Grundstücken (bspw. Parkplätze) kann seitens der Gemeinde nicht reguliert werden. Erfolgt jedoch die Benutzung der Container von öffentlichen Verkehrsflächen aus, obwohl die Container selbst auf Privatgrund stehen, ist eine straßenrechtliche Sondererlaubnis erforderlich.

 

Die Entscheidung über die Anzahl der Standorte (das Standortkonzept) ist kein Geschäft der laufenden Verwaltung, sondern es muss hier ein Ratsbeschluss gefasst werden. Dies wurde im Jahr 2021 durch ein Urteil des VG Minden festgelegt (so: OVG NRW, Urteil vom 28.05.2021 – Az.: 11 A 390/19- Rz. 74 ff., und 84 ff.; VG Minden, Urteil vom 13.11.2018 – Az.: 1 K 364/18 – Rz. 41 der Urteilsgründe). Wichtig ist, dass auch eine Obergrenze pro Standplatz fixiert werden muss, weil anderenfalls ein anderweitiger gewerblicher oder gemeinnütziger Sammler einen Anspruch auf Belegung des Standplatzes mit einem weiteren Alttextilien-Container haben könnte (vgl. hierzu: VG Aachen, Urteil vom 23.09.2022 – 10 K 1259/19 -).

 

Ein Standortkonzept kann sich auch nur auf solche Standorte beschränken, für die bereits eine Sondernutzungserlaubnis erteilt worden ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 03.12.2021, Az.: 11 A 1958/20 – Rz. 63 des Beschlussgründe). Ausgehend von der Wettbewerbsneutralität des Straßenrechts ist es nicht erforderlich, dass ein Sondernutzungskonzept freie Standorte vorhält, um einen Marktzugang für „neue Antragsteller“ zu ermöglichen. Insbesondere wird durch § 18 Abs. 1 StrWG NRW kein subjektives Recht eines gewerblichen oder gemeinnützigen Abfallsammlers auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis begründet. Insbesondere besteht kein Anspruch darauf, die einem Dritten bereits erteilte Erlaubnis zu widerrufen. Deshalb müssen durch ein Sondernutzungskonzept nicht mehr Standorte für Altkleidercontainer auf Flächen im öffentlichen Verkehrsraum vorgesehen werden, sondern es kann auch nur auf die Standplätze abgestellt werden, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über das Standortkonzept bereits vorhanden sind. Dennoch hat das OVG NRW (Beschluss vom 03.12.2021 - Az.: 11 A 1958/20 -) zugleich vorgegeben, dass für alle Standplätze aktenmäßig die Erteilung von straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnissen durch die Stadt bzw. Gemeinde dokumentiert sein muss. Eine mündlich erteilte Sondernutzungserlaubnis reicht hier nicht aus. Ausgehend von dem Gebot der Aktenmäßigkeit der Verwaltung muss - so das OVG NRW- die mündliche Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis in einer ihrer inhaltlichen Bestimmtheit wiederspiegelnden Weise, also insbesondere unter Angabe von Ort und Dauer aktenkundig dokumentiert sein.

 

Für die Stadt Billerbeck wurden im Jahr 2015 die Standorte der Altkleidercontainer festgelegt. Dies erfolgte in einem Gespräch zwischen Vertretern der Stadt Billerbeck und den Vertretern des DRK Kreisverband Coesfeld und der Kolpingsfamilie Billerbeck. Über dieses Gespräch wurde ein Vermerk erstellt (21.05.2015), welcher gleichzeitig die Erteilung der Erlaubnis zur Aufstellung von Altkleidercontainern, entsprechend der beigefügten Auflistung, beinhaltet. Folglich wurde auch der aktenmäßigen Erteilung der Erlaubnis Rechnung getragen. Die Erlaubnisse wurden auf Widerruf erteilt. Aus der bisherigen Praxis wurde festgestellt, dass es gut ist, keinen ständigen Wechsel bei den Betreibern der Altkleidercontainer zu haben. Die Kontinuität der Betreiber hat sich positiv auf das Stadtbild ausgeprägt.

 

Die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidercontainern an diesen Standorten wird durch die Ermessensrichtlinien geregelt. Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis setzt grundsätzlich einen Antrag voraus. Durch das in den Ermessensrichtlinien formulierte Verfahren wird der straßenrechtlichen Ausgleichs- und Verteilungsfunktion sowie der gesetzlichen Befristung oder Widerruflichkeit einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis entsprochen.

 

Verwaltungsseitig wird vorgeschlagen, dass beigefügte Standortkonzept und die Ermessensrichtlinien für die Aufstellung von Altkleidercontainern auf dem Gebiet der Stadt Billerbeck zu beschließen, so dass die Standorte und die Anzahl der Altkleidercontainer festgelegt werden und es nicht zu einer Übermöblierung und einer damit einhergehenden Verschandlung des Stadtbildes kommt.

 

i.A.                                                     i.A.

 

gez.

Sandra Niemann                            Hubertus Messing                          Marion Dirks

Sachbearbeiterin                            Fachbereichsleiter                          Bürgermeisterin

 

 


Bezug:           

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                                                                                     

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                                                                                             

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                                                       

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag:                                                                                                                        


 


Anlagen:

Standortkonzept für die Aufstellung von Altkleidercontainern auf dem Gebiet der Stadt Billerbeck