Betreff
Erhöhung der Realsteuerhebesätze zum 01.01.2024
Vorlage
FB20/0669/2023
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                       Beschlussvorschlag für den Rat:

 

Die Realsteuerhebesätze für die Grundsteuer A und B werden ab dem Haushaltsjahr 2024 mindestens auf die Höhe der fiktiven Hebesätze angepasst.

 

Für die Grundsteuer A kommt ein Zuschlag von 85 Hebesatzpunkten hinzu, der rd. 80 T€ entspricht und für die Wirtschaftswegesanierung verwendet wird. Eine Überprüfung des Zuschlages erfolgt jährlich. Eine evtl. Anpassung erfolgt frühestens in drei Jahren.

 


Sachverhalt:

 

Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen. Die Kommune kann durch die Wahl der Hebesätze die Höhe ihrer Steuererträge unmittelbar beeinflussen. Bevor eine Kommune die Steuern jedoch erhöht, sollte sie andere Konsolidierungsmöglichkeiten umsetzen (s. § 77 Gemeindeordnung NRW (GO NRW).

 

Ziel einer Kommune muss der ausgeglichene Haushalt gemäß § 75 Abs. 2 GO NRW sein. Wie bereits seit letztem Jahr bekannt, verschlechtert sich durch die allgemein bekannten Krisen auch das Haushaltsplanergebnis. Grundsätzlich ist der Haushalt der Stadt Billerbeck zwar durch die gut aufgefüllte Ausgleichsrücklage ausgeglichen, dennoch fehlt die Liquidität, um die Aufgaben (Energie- und Mobilitätswende, Unterbringung und Integration der Flüchtlinge etc.), die anstehen noch zu finanzieren, sowie die stark gestiegenen Aufwendungen (u.a. Kostensteigerungen aufgrund der Inflation, Tarifsteigerungen bei der Stadt, aber auch bei Unternehmen) zum Teil gegen zu finanzieren. Durch die prognostizierten Steuereinbrüche für die kommenden Haushaltsjahre verliert die Stadt Billerbeck, wie bereits im Haushalt 2023 erwähnt und nun auch nach den neuesten Steuerschätzungen berechnet, im Jahr 2025 die Abundanz. Dies macht es nötig, die Steuersätze zu erhöhen.

 

Die Steuersätze wurden zum 01.01.2011 letztmalig erhöht; Ausnahme: die Erhöhung für den Wirtschaftswegeausbau um 81 Hebesatzpunkte, s.u..

 

Die beigefügte Anlage weißt die Hebesätze der kreisangehörigen Kommunen aus. Die Stadt Billerbeck liegt seit Jahren unter den fiktiven Hebesätzen (ohne Zusatzhebesatzpunkte 81) und auch unter dem Durchschnitt der Hebesätze im Kreis Coesfeld.

Die Gemeindeprüfungsanstalt hat erneut zu einer Verbesserung der Haushaltslage durch Erhöhung auf die fiktiven Hebesätze unter Berücksichtigung der Besonderheit bei der Grundsteuer A hingewiesen (s. RPA Sitzung vom 12.9.2023).

 

Auch einer der Grundgedanken des NKFs sollte berücksichtigt werden: Jede Generation soll für die von ihr verbrauchten Ressourcen selbst aufkommen. Übersteigen die ordentlichen Aufwendungen die ordentlichen Erträge besteht ein Konsolidierungsbedarf.

 

Zum Hintergrund:

Die Steuersätze werden gem. § 78 Abs. 2 Nr. 4 GO NRW grundsätzlich durch die Haushaltssatzung festgesetzt. Bei der Berechnung der Steuerkraft der Stadt Billerbeck nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) werden landeseinheitlich fiktive und nicht die tatsächlichen Steuerhebesätze berücksichtigt. Nach dieser Systematik des kommunalen Finanzausgleichs werden den Kommunen in NRW aufgrund der fiktiven Hebesätze gewissen Steuereinnahmen unterstellt, unabhängig ob sie tatsächlich erzielt werden. Diese fiktiven Hebesätze ermittelt das Land mit Abschlägen aus dem Durchschnitt der in NRW erhobenen Hebesätze, um zu verhindern, dass durch Veränderung der tatsächlichen Hebesatzpunkte dies Auswirkungen auf die Schlüsselzuweisungen hat. Bis zu dieser Höhe fließen die fiktiv ermittelten Steuereinnahmen mit in die Steuerkraftmesszahl, die auch als Umlagegrundlage zur Berechnung der Kreis- und Jugendamtsumlage dient. Die Steuerkraft wurde vor Jahren auch schon für die sog. Solidaritätsumlage als Basis genommen.

 

Die Stadt Billerbeck veranlagt unterhalb der fiktiven Hebesätze bei der Grundsteuer A (ohne Zusatzhebesatzpunkte) und B.

 

Aufsummiert über die Jahre von 2011 bis einschließlich 2022 wurde damit
816.661,06 € an Steuermehreinzahlungen im Finanzausgleich unterstellt, die tatsächlich nicht realisiert wurden, dennoch aber zu rd. 55% an den Kreis abgeführt werden mussten. Hinzukommen wird noch der Betrag für 2023 mit über 300 T€. Damit wurde bereits seit 2011 die städtische Finanzkraft verschlechtert; ohne entsprechendes Gegensteuern vervielfältigt sich die Verschlechterung jährlich weiter.

 

Zum Haushaltsjahr 2016 wurde vom Rat am 17.12.2015 beschlossen, die Grundsteuer A um 81 Hebesatzpunkte zu erhöhen. Diese Mehreinzahlungen von geplant 80 T€ fließen rein in den Wirtschaftswegeausbau und verbessern damit nicht die Liquidität der Stadt.

 

Der Entwurf des GFGs 2024, der Basis für den folgenden Haushalt ist, sieht folgende fiktiven Hebesätze vor:

 

Steuerart

Fiktiver Hebesatz 2024

Fiktiver Hebesatz 2023

Städtischer Hebesatz

Grundsteuer A

259 %

254 %

210 %

+81 % Wirtschaftswege

Grundsteuer B

501 %

493 %

420 %

Gewerbesteuer

416 %

416 %

440 %

 

 

Der GPA-Bericht (s. 12.09.2023 RPA) zum Thema Finanzen stellt auf S. 29 die Hebesätze zum ersten Halbjahr 2022 im Durchschnittsvergleich dar:

 

Steuerart

Billerbeck

Kreis Coesfeld

Regierungsbezirk Münster

Gleiche Größenklasse

Fiktiver Hebesatz GFG 2022

Grundsteuer A

210+81

255

288

292

247

Grundsteuer B

420

504

585

547

479

Gewerbesteuer

440

440

452

445

414

 

Empfehlung und finanzielle Auswirkung:

Um die steigenden Aufwendungen zu kompensieren und die Liquiditätslage der Stadt Billerbeck zu verbessern, wird nach 13 Jahren eine Erhöhung der Hebesätze auf die fiktiven Hebesätze bei der Grundsteuer A und B zum 01.01.2024 ff. vorgeschlagen. Dies wurde bereits mehrfach angekündigt.

 

Solange die Finanzierung der Wirtschaftswegesanierung über das im Jahr 2015 beschlossene Finanzierungsprogramm läuft, sollten die Grundsteuer A auf die fiktiven Hebesätze plus die Zusatzhebesatzpunkte, die eine Mehreinzahlung von 80 T€ ergeben, beschlossen werden. In der Sitzungsvorlage des Bezirksausschusses, HFA und Rat zum Thema „Ausbau der Wirtschaftswege“ im Jahr 2015 wurde bereits erwähnt, dass bei einer „grundsätzlichen Steuererhöhung, insbesondere um die städtischen Sätze an die fiktiven Hebesätze des Landes NRW anzupassen, die neuen Sätze wiederum um 81 Prozentpunkte bzw. 80 T€ erhöht werden“. Wie bereits jährlich mitgeteilt, werden allerdings durchschnittlich durch die Erhöhung der 81 Prozentpunkte keine 80 T€ generiert, sondern 77.422,87 € (Durchschnitt 2016 bis 2022) aufgrund der Verringerung der Messbeträge, die der Erhebung zugrunde liegen.

 

a)    Wirtschaftswegesanierung

Unter Berücksichtigung, dass 80 T€ zur Finanzierung der Wirtschaftswege eingesetzt werden, sollten die zusätzlichen Hebesatzpunkte auf 85 erhöht werden.

 

Bei einem durchschnittlichen Messbetrag von 145,37 € der 634 Fälle ergibt dies im Mittel eine Veränderung um +5,81 €/Jahr; dies gilt für rund 70% der Fälle.

 

b)   Bei der Grundsteuer A würde eine Erhöhung auf 259 Hebesatzpunkte auch bei einem durchschnittlichen Messbetrag von 145,37 € zu einer durchschnittlichen Erhöhung im Jahr von 77,04 € führen; dies gilt für rund 70% der Fälle.

In Summe würde dann die Grundsteuer A auf 344 Hebesatzpunkte steigen.

 

 

c)    Bei der Grundsteuer B würde eine Erhöhung von 420 auf 501 Hebesatzpunkte bei rund 86 Prozent der Abgabepflichtigen zu einer durchschnittlichen Erhöhung von 79,20 € führen, dies bei einem durchschnittlichen Messbetrag von 97,78.

 

Ø  Die Erhöhung führt bei einem Neubau mit 500 qm zu einer Mehrbelastung von 80 €.

Ø  Bei einem Altbau gleicher Grundstücksgröße zu 25 € im Jahr.

 

 

Bei der Gewerbesteuer liegt der fiktive Hebesatz noch unterhalb des städtischen Hebesatzes. Es ergibt sich jedoch eine schleichende Ertragsverschlechterung durch Angleichung des fiktiven an den IST-Hebesatz der Stadt. Da aber auch Unternehmen von der Anpassung der Grundsteuer B betroffen sind, wird eine Erhöhung des Hebesatzes für die Gewerbesteuer (derzeit) nicht empfohlen.

 

 

Hinweis:

Ein weiterer Grund für die Anpassung der Hebesätze zum 01.01.2024 ist die Grundsteuerreform, aufgrund dessen neue Grundsteuermessbeträge vom Finanzamt ermittelt werden, auf die dann der Hebesatz der Kommune angewandt wird. Da die Grundsteuermessbeträge sich verändern, eine Steuerneutralität bzw. Aufkommensneutralität jedoch erreicht werden soll, könnte es nötig sein, den städtischen Hebesatz zum 01.01.2025 erneut zu verändern. In welche Richtung ist noch nicht klar und kann sich erst ergeben, wenn alle Messbescheide für Grundvermögen vorliegen. Die Steuerlast des Einzelnen wird sich jedoch verändern. Aufkommensneutralität bedeutet, dass die Gemeinde den Steuerbetrag, den sie 2025 nach altem Recht erzielt hätte, auch nach neuem Recht erzielt.

 

Um eine nachvollziehbare Trennung zwischen Erhöhung auf fiktive Hebesätze und Erhöhung oder Verringerung der Hebesätze aufgrund der Grundsteuerreform zu erreichen, sollte die Steuererhöhung in 2024 erfolgen. Nur so kann eine Transparenz hergestellt werden.

 

Durch die Erhöhung verbessert sich die Ertragslage und Liquidität der Stadt Billerbeck wir folgt:

 

 

 

2024

Mehrerträge/-einzahlung

Gesamterträge/-einzahlung

Grundsteuer A

50 T€

 

(Abzüglich 3,8 T€ Wirtschaftswege)

325 T€

 

(Abzüglich 80 T€ Wirtschaftswege)

 

Grundsteuer B

 

360 T€

 

2.223 T€

 

Daher schlägt die Verwaltung vor, zum 01.01.2024 die Hebesätze wie folgt festzulegen:

 

Grundsteuer A:

344 v.H.

(unter Berücksichtigung, dass Einzahlungen aus 85 Hebesatzpunkten für die Wirtschaftswegeunterhaltung verwendet werden)

Grundsteuer B:

501 v.H.

 

Gewerbesteuer:

440 v.H.

(unverändert)

 

Nur bezüglich der Grundsteuer A erfolgt die Vorberatung im Bezirksausschuss.

 

 

 

Marion Lammers                                                                               Marion Dirks

Kämmerin                                                                                          Bürgermeisterin

 

 


Bezug:       Bezirk 24.11.2015 u. 02.12.2015

                   HFA 08.12.2015 und

                   Rat 17.12.2015                               

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                                                       

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                                                            

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                            

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag:                                                                                      


 


Anlagen (nur im Ratsinformationssystem):

Übersicht Hebesätze im Kreis Coesfeld 2023