Sachverhalt:
Seit Jahren ist auch die Stadt Billerbeck auf dem Weg, die Interessen
von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus müssen sie
auch die Möglichkeit bekommen, ihre Interessen gleichberechtigt einbringen zu
können. So ist es in der UN-Behindertenrechtskonvention beschrieben. Vor diesem
Hintergrund wurde der Zukunftsworkshop am 10.12.2022 durchgeführt. Als erste
Bestandsaufnahme konnten alle Teilnehmenden, also interessierte Menschen mit
und ohne Behinderungen, selbst einordnen, wie gut eine politische Teilhabe
aktuell in der Stadt Billerbeck ihrer Meinung nach schon möglich ist. Die
Punkteverteilung beim Workshop ergab folgendes Bild:
Die Partizipationstreppe ist so zu lesen, dass die unterste Stufe einer
Alibibeteiligung gleichkommt, also eigentlich keine Partizipation stattfindet.
Je höher man die Stufen erklimmt, desto mehr Beteiligung findet statt, bis hin
zur optimalen Beteiligung aller Menschen in Billerbeck in einem inklusiven
Umfeld. Die meisten Nennungen befinden sich im unteren Mittelfeld. Die
politische Partizipation in Billerbeck ist somit noch ausbaufähig.
Die Diskussion dieser Selbsteinschätzung im Rahmen des Workshops zeigten
Schwerpunktprobleme auf.
- Informationen kommen bei Menschen mit
Behinderungen aktuell nicht an, weil nicht bekannt ist, was gerade
kommunalpolitisch passiert und die Website für viele nicht barrierefrei ist
- Wo sind die Menschen mit Behinderungen?
Wie erreicht man sie, wenn es kein vollständiges Bild über die
Selbsthilfe-Landschaft gibt?
- Es fehlt eine klare Anlaufstelle, da
vielfach Inklusion zwar beachtet wird, es für jedes Projekt aber einen eigenen
Ansprechpartner gibt.
- Es fehlt an vielen Stellen ein
Bewusstsein für die vielfältigen Behinderungen. Bewegungseinschränkungen sind
eher sichtbar als Sinnesbehinderungen wie zum Beispiel Blindheit oder
Gehörlosigkeit oder Lernschwierigkeiten.
Als Zwischenfazit wurde aber auch festgestellt, dass die Stadt
bestehende Beteiligungsvorschriften ohnehin einhält und Projekte
behindertengerecht mitdenkt und anstößt. Politische Partizipation über eine
Netzwerkarbeit geht aber noch darüber hinaus.
Somit wurde auch festgehalten, dass Inklusion für alle Seiten ein
Lernprozess ist und man sich in den unterschiedlichen Kontexten immer wieder
neu aufeinander einstellen und voneinander lernen muss. Das bedeutet aber eben
auch, dass es nicht reicht, einen Schalter umzulegen und alles ist inklusiv. Es
bedarf Zeit und Durchhaltevermögen bis der Satz „Nichts über uns ohne uns!“
auch gelebt wird.
Zur Absicherung wurden im Workshop zunächst Schritte vereinbart, dass
eine Satzung mit einem ersten Netzwerk erarbeitet und erstellt wird. In dieser
Satzung könnte geregelt werden, dass Vertreter des Netzwerkes in die Ausschüsse
entsandt werden und somit politische Entscheidungen aktiv begleiten können. Die
Umsetzung der Satzung gestaltete sich jedoch zum jetzigen Zeitpunkt als
schwierig. Nach den Erfahrungen eines für Inklusion ehrenamtlich Tätigen aus
der Nachbargemeinde Senden sollte die Satzungserarbeitung nicht vorrangigstes
Ziel sein. Mittlerweile haben auch einige Vertreter des Workshops zunächst
andere Prioritäten gesetzt, wobei zu einem späteren Zeitpunkt sicherlich auch
die Erstellung eines Satzungsentwurfes stehen kann und somit das Ziel nicht aus
den Augen verloren wird.
Es gilt jetzt weitere Empfehlungen aus dem Workshop umzusetzen und ein
starkes Netzwerk aufzubauen. Dieses Netzwerk „Selbstbestimmt leben in
Billerbeck“ ist seit Mitte des Jahres tätig und setzt sich aktuell aus
unterschiedlichen Menschen mit und ohne Behinderungen zusammen und kann
jederzeit durch weitere interessierte Bürger erweitert werden. Dieses Netzwerk
könnte später auch in der Gründung einer politischen Interessenvertretung (zum
Beispiel in einen Behindertenbeirat) münden. Aus dem Workshop ergab sich auch,
dass Netzwerkmitglieder an der Ausschussarbeit beteiligt werden sollen.
Mittlerweile ist ebenfalls die eine Anlaufstelle innerhalb der
Verwaltung von der Bürgermeisterin in Person von Frau Susanne Pölling bestimmt
worden. Sie kümmert sich um die Pflege des Netzwerkes und übt auch eine
Lotsenfunktion für Menschen mit Behinderungen aus.
Gemeinsam trifft sich das Netzwerk mit Vertretern der Verwaltung in
regelmäßigen Abständen. Das Abstellen einiger festgestellter Defizite aus dem
Workshop wurde bereits umgesetzt bzw. ist im Prozess der Umsetzung.
Beispielweise wird an der Öffentlichkeitsarbeit gearbeitet (Pressemitteilungen,
gemeinsamer Pressetermin auf dem Stadtfest mit dem Sozialverband VdK,
Erarbeitung eines gemeinsamen Logos zum Zwecke der Wiedererkennung). Auch wurde
eine visuelle Hilfe auf der städtischen Website mit dem Programm Eye-Able
installiert. Hiermit ist es insbesondere den seheingeschränkten Bürgern
selbständig möglich, den städtischen Internetauftritt ihren jeweiligen Sehfähigkeiten
anzupassen. Außerdem ist es dem Netzwerk wichtig, mit den örtlichen Vereinen
und Verbänden in Kontakt zu treten. Es fand deshalb schon ein erstes Treffen
mit der Freilichtbühne statt, wo dem Netzwerk die dortige neue
Induktionsschleife und der behindertengerechte Aufzug vorgestellt worden ist.
Weitere Ideen werden in der Sitzung vorgestellt.
Im Auftrag
Martin Struffert Marion
Dirks
Fachbereichsleiter Bürgermeisterin