Betreff
Umsetzung "Stadtwächterkonzept"
Vorlage
FBZD/181/2009
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                  Beschlussvorschlag für den Rat:

 

Die Verwaltung folgt dem Vorschlag des „Runden Tisches“, die erfolgreich durchgeführten Maßnahmen weiter zu intensivieren und zurzeit kein „Stadtwächterkonzept“ weiter zu verfolgen.

 


Sachverhalt:

 

In der letzten Sitzung des Jugend-, Familien-, Senioren- und Kulturausschusses wurde über die Thematik intensiv diskutiert. In dem gefassten Beschluss sollte vor einem möglichen Stadtwächterkonzept eine Analyse der jetzigen Situation durch die Verwaltung erfolgen. Außerdem sollte durch den „Runden Tisch gegen Gewalt“ in Zusammenarbeit mit dem IBP eine genaue Situationsbeschreibung vorgenommen werden.

 

Am 07. Oktober 2009 hat sich der „Runde Tisch“ mit Herrn Althoff vom IBP getroffen und eine Situationsbeschreibung vorgenommen.

 

Am 24. Juli und 30. August 2009 wurden gemeinsame Streifen vom Ordnungsamt und dem Bezirksdienst der Polizei durchgeführt. Ergänzend kam ein professioneller Sicherheitsdienst am 19. Februar (Altweiberkarneval), am 30. April, 01. + 02. Mai 2009 sowie am 29. + 30. August 2009 (Stadtfest) zum Einsatz. Auch am 31. Oktober 2009 (Halloween) wurde der Sicherheitsdienst erfolgreich eingesetzt.

 

Bei den gemeinsamen Streifen wurden zwischen 15 und 20 Jugendliche/junge Erwachsene im Alter von 14 bis 20 Jahren an verschiedenen Orten angetroffen. Die Jugendlichen nutzten z. B. die öffentlichen Bushaltestellen am Busbahnhof zum „Chillen“ und konsumierten dabei Bier und vereinzelt auch Schnaps (der den anwesenden 18-Jährigen gehörte). Die Personalien wurden aufgenommen. Darüber hinaus wurden vernünftige Gespräche mit den Jugendlichen geführt. Die Jugendlichen (14 bis 16 Jahre) wünschten sich ein Lokal, in dem sie sich bis 24 Uhr treffen könnten. Das ToT sei keine Alternative, da die jetzigen Besucher „doof“ seien. Die Volljährigen wünschten sich nur einen Platz zum Abhängen, an dem sie nicht gestört würden. Die Jugendlichen zeigten Verständnis für die gelegentlichen Kontrollen aufgrund der zeitweise vorkommenden Zerstörungen. Täterhinweise konnten sie nicht geben. Aggressives Verhalten der angetroffenen Jugendlichen / jungen Erwachsenen gegenüber der Polizei / dem Mitarbeiter des Ordnungsamtes gab es nicht. An den Kontrolltagen wurden vereinzelte Scherben von fallen gelassenen Flaschen festgestellt. Die Jugendlichen haben die Scherben nach Aufforderung beseitigt. Größere Sachbeschädigungen gab es an den v. g. Tagen / Nächten nicht. Allerdings gab es an anderen Tagen / Wochenenden unter anderem Scherben an der Ludgeri-Grundschule und Beschädigungen in der Fußgängerzone.

 

Anschließend wurden die Beobachtungen des Sicherheitsdienstes vorgestellt. Die Inhalte der Berichte decken sich im Wesentlichen mit den dargelegten Erfahrungen aus den gemeinsamen Streifen. 12 bis 25 Jugendliche an verschiedenen Standorten, die ungestört „abhängen“ wollen. Aggressives Verhalten gegen die Sicherheitsleute seitens der angetroffenen Jugendlichen / jungen Erwachsenen gab es nicht.

 

Im Ergebnis konnte vom Ordnungsamt / Bezirksdienst festgehalten werden, dass die Präsenz und auch die Gespräche in dieser Form sinnvoll sind. Eine vollständige Verhinderung der Vandalismusfälle, kann jedoch nicht gewährleistet werden.

 

In der darauf folgenden Diskussion über die Berichte äußerten sich die Teilnehmer der Runde positiv zu den gemachten Erfahrungen und stellten heraus, dass die Gefahrenlage als gering einzustufen ist. Außerdem sprechen die Erkenntnisse für eine Beibehaltung der bisherigen Kontrollmechanismen bzw. an der Grundtendenz, die Jugendlichen an den Schulen sich treffen zu lassen. Es wurde zu bedenken gegeben, dass zu viele Kontrollen zu einem geänderten aggressiven Verhalten der Jugendlichen führen könnten. Außerdem müsse in der Bevölkerung für mehr Toleranz gegenüber den sich in der Öffentlichkeit treffenden Jugendlichen geworben werden. Zu dem müssten die Eltern mehr in die Verantwortung genommen werden. Pädagogisch geschultes Personal wäre für die Sensibilisierung der Jugendlichen zur Vermeidung von Zerstörung durch einzelne Vandalen wichtig und sinnvoller als ungeschultes Personal damit zu beauftragen. Nicht ausgebildetes Personal könnte von den Jugendlichen auch provoziert werden. Hier ist der Einsatz eines Streetworkers sehr wichtig. Deshalb müsse diese Stelle schnell wieder besetzt werden.

 

Ob eine von den Jugendlichen geforderte „Chill-Fläche“ von allen Altersgruppen genutzt würde, ist zweifelhaft. Denn ältere Jugendliche treffen sich nicht gerne mit den 14-16-Jährigen. Außerdem darf der Kostenfaktor nicht außer Acht gelassen werden (Herstellungs- und Bewirtschaftungskosten).

 

Bei den Jugendlichen müssen die Spitzen derjenigen abgefangen werden, die tatsächlich die Schäden verursachen. Danach müsste auch eine Verurteilung erfolgen, die z. B. eine Pflege der beschädigten Fläche nach sich ziehen müsste. Leider ist in der Praxis nicht jeder ermittelte Täter auch ein verurteilter Täter.

 

Im Anschluss an die Erfahrungsberichte / Diskussion erläuterte Herr Althoff seine Grundidee. Die Idee basiert auf einem Konzept, das ein israelischer Professor im Gazastreifen erfolgreich angewandt hat und den Namen „gewaltfreier Widerstand“ trägt. Das Konzept soll nicht als Mittel gegen die Jugendlichen angewandt werden, sondern die Jugendlichen sollen den Sinn und Zweck des Konzeptes mittragen. Allerdings müssen zur Umsetzung strikte Regeln vorgegeben werden, die auch von den Jugendlichen eingehalten werden müssen. Nach seinen Erfahrungen mindert stetige Präsenz von „ordnenden Personen“ die Anzahl der Vandalismustaten.

Bevor ein abschließendes Konzept erstellt wird, müsse aus seiner Sicht eine Analyse des sozialen Umfeldes erfolgen. Er wäre bereit, eine solche Analyse (u. a. Befragung der Bevölkerung durch Interviews und Fragebögen) mit einem Konzeptvorschlag zu erstellen. Die Kosten würden sich auf ca. 2.000 € belaufen. Endgültige Kosten für ein Gesamtkonzept konnte er noch nicht nennen. Abschließend weist er darauf hin, dass die Problemlösung durch die gemeinsame Zusammenarbeit aller Institutionen möglich ist. Der IBP ist gerne bereit, in welcher Form auch immer, in dieser Sache Unterstützung zu leisten.

 

Von den Teilnehmern des „Runden Tisches“ wurden Bedenken dahingehend geäußert, dass die Mitarbeiter aufgrund ihrer eigenen Vorgeschichte Probleme hätten, sich gegenüber den Jugendlichen durchzusetzen bzw. pädagogische Überzeugungsarbeit zu leisten. Im schlimmsten Falle könnte es durch die verstärkte Präsenz zu Aggressionen gegenüber den Mitarbeitern kommen. Zudem wird auch ein Problem bei der Ausübung des Hausrechtes für die Stadt durch die IBP-Mitarbeiter gesehen. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass nicht jede Beschädigung von einem Jugendlichen vorgenommen wurde.

 

 

Alle anwesenden Teilnehmer kamen zu dem Gesamtergebnis, dass aufgrund der doch eher geringen Kriminalitätszahlen, der überwiegend positiven Erfahrungen der bisherigen Kontrollmechanismen und der vorgetragenen Bedenken bei einem Einsatz der IBP-Mitarbeiter ein sogenanntes „Stadtwächterkonzept“ für nicht erforderlich gehalten wird. Natürlich müssten die Beteiligten weiter eng zusammenarbeiten, um die Vermeidung der Vandalismustaten so gering wie möglich zu halten oder am besten ganz zu vermeiden. Dabei dürfen so Themen, wie Zivilcourage nicht außen vor gelassen werden. Außerdem müsse kurzfristig die Streetworkerstelle besetzt werden. Über die Gestaltung eines Platzes für die Jugendlichen und die Erstellung einer Analyse müsse der Ausschuss abschließend beraten. Gleiches gilt für die Durchführung einer Analyse des sozialen Umfeldes. Der „Runde Tisch“ kann eine solch umfangreiche und zeitintensive Arbeit nicht leisten. Hierfür müsste ein Externer, wie zum Beispiel Herr Althoff beauftragt werden.

 

Die Verwaltung kann sich aufgrund der positiven Erfahrungen der Streifengänge und der Berichte des eingesetzten Sicherheitsdienstes der Meinung des „Runden Tisches“ anschließen. Auch wenn nicht alle Vandalismustaten vermieden werden können, so zeigen auch die punktuellen Kontrollen ihre Wirkung. Die „Stadtwächter“ könnten auch nicht überall zeitgleich sein, da die Jugendlichen/Erwachsenen durch Handys den Standort der „Wächter“ schnell kommunizieren. Da es jedoch immer noch zu vereinzelten Beschädigungen an den Schulen kommt, sollten die aufgestellten Schilder vorerst verbleiben. Das erleichtert die Handhabe für die professionellen Sicherheitsdienste. Wichtig ist die schnelle Wiederbesetzung der Streetworkerstelle, damit die begonnene Vertrauensarbeit fortgesetzt werden kann. Näheres über den Stand der Stellenbesetzung wird in der Sitzung berichtet. Der IBP sollte in jedem Fall weiterhin am „Runden Tisch“ teilnehmen und seine Erfahrungen und sein Know-how einbringen.

 

 

Im Auftrag

 

 

 

Alfons Krause                                  Hubertus Messing                           Marion Dirks

Sachbearbeiter                                 Fachbereichsleiter                           Bürgermeisterin

 

 

 

 

 

 


Bezug:     

 

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                                             

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                                                      

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag: