Betreff
Sachstandsbericht zum SGB II
Vorlage
FBS/016/2010
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                  Beschlussvorschlag für den Rat:

 

ohne


Sachverhalt:

 

Das 5. Jahr seit der Übernahme der Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II – Grundsicherung für Arbeitssuchende - war maßgeblich durch die weltweite Wirtschaftskrise geprägt. Aber auch diverse Gesetzesänderungen bzw. höchstrichterliche Entscheidungen sind ergangen, welche auch zukünftig Auswirkungen auf die Leistungsgewährung haben werden.

 

Rechtliche Neuerungen

 

Bezüglich der Entwicklung des Eckregelsatzes im Rahmen des SGB II wurde bereits in der Sitzungsvorlage zur HFA-Sitzung vom 16.06.2009 berichtet, so dass hierauf Bezug genommen werden kann. Ergänzend ist jedoch mitzuteilen, dass die Regelsätze voraussichtlich in diesem Jahr nicht angehoben werden, da aufgrund der Koppelung mit den aktuellen Rentenwerten eine Anpassung dort nicht vorgesehen ist.

 

Wichtig für die Entwicklung der Regelsätze ist jedoch eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes. Danach hat es in seinem Urteil vom 09.02.2010 entschieden, dass die Vorschriften des SGB II zu den Regelleistungen für Erwachsene und Kinder nicht den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erfüllen. Die Beträge seien zwar nicht als evident unzureichend anzusehen, und auch beim Kinderregelsatz sei nicht ersichtlich, dass er nicht ausreiche, um das physische Existenzminimum zu decken. Jedoch seien die Regelleistungen nicht in verfassungsgemäßer Weise ermittelt worden, da der Gesetzgeber es insbesondere beim Kinderregelsatz unterlassen habe, Ermittlungen zum spezifischen Bedarf eines Kindes zu erheben und hier lediglich eine prozentuale Ableitung vom Erwachsenenregelsatz angewandt hat. Durch das Urteil ist jedoch nicht, wie häufig angenommen wird, festgelegt worden, dass die Regelsätze insgesamt anzuheben sind.

Weiterhin hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass eine Härtefallregelung für abweichende atypische Bedarfe im SGB II fehlt. Bis zu einer gesetzlichen Anpassung werden atypische Bedarfe (z.B. Hygieneartikel bei ausgebrochener HIV-Infektion, Putz-/Haushaltshilfen für Rollstuhlfahrer, Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts, Nachhilfeunterricht in besonderen Fällen) aufgrund einer Geschäftsanweisung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales geprüft und ggfl. gewährt. In Billerbeck liegt diesbezüglich bisher lediglich ein Antrag vor.

Das Gericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, für Regelleistungen und Härtefälle bis zum Jahresende 2010 eine Neuregelung für die Zukunft zu treffen. 

 

 

 

Zahlenmäßiger Überblick

 

Bekanntermaßen war der Arbeitsmarkt im Jahr 2009 geprägt durch die weltweite Wirtschaftskrise. So ist die Arbeitslosenquote inclusiv des SGB III Bereiches (Arbeitslosengeld I) von 4,4 % im Jan. 2009 auf 4,6 % im Jan. 2010 zwar gestiegen. Dennoch konnte die Spitzenposition mit der geringsten Arbeitslosenquote in NRW erneut beibehalten werden.

 

Im Jahr 2009 waren auch die Vermittlungszahlen aus dem Bereich des SGB II gegenüber dem Vorjahr  rückläufig. So konnten kreisweit 1.803 Vermittlungen (2.117 in 2008) verzeichnet werden. Für die Stadt Billerbeck lagen im Jahr 2009 insgesamt 116 Vermittlungen vor (137 im Jahr 2008), womit die Stadt Billerbeck voll im kreisweiten Trend liegt.

 

                        Vermittlungen im Jahr 2009

 

Wie bereits auch in den letzten Jahren zu sehen war, ist mit den Vermittlungstendenzen die Zahl der Bedarfsgemeinschaften eng verbunden. Während kreisweit die Anzahl im Jan. 2009 insgesamt 4.033 betrug und bis zum Dez. 2009 auf insgesamt 4.256 gestiegen ist, konnte die Zahl der bedürftigen Einzelpersonen und Familien im Zuständigkeitsbereich der Stadt Billerbeck noch relativ stabil gehalten werden. Im Jan. 2009 waren insgesamt 153 Bedarfsgemeinschaften zu betreuen gegenüber 154 im Dez. 2009. Gleichwohl bedeuten diese Zahlen erstmals einen leichten Anstieg seit Einführung des SGB II im Jahr 2005.

 

                        Anzahl der Bedarfsgemeinschaften

 

Die im letzten Sachstandsbericht zum SGB II abgegebene Prognose hat sich somit leider bewahrheitet. Allerdings ist sie für Billerbeck nicht so dramatisch ausgefallen. Es ist weiterhin davon auszugehen, dass sich der Arbeitsmarkt mit zunehmender Stabilisierung zukünftig wieder positiv entwickeln und die Zahl der Bedarfsgemeinschaften durch gesteigerte Vermittlungen reduzieren wird.

 

 

Anlass für diese neue positivere Prognose ziehe ich aus den Fällen im Jahr 2009, deren Hilfebedürftigkeit trotz der schwierigen Umstände beendet werden konnte.

Ausgangspunkt hierbei ist die erhöhte Zahl an Neufällen.

 

                        Zahl der Neufälle

Insgesamt waren 129 Neufälle im vergangenen Jahr zu verzeichnen (gegenüber 115 in 2008). Da die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften trotzdem insgesamt nur um (153 ./. 154 =) 1 angestiegen ist, wurden immerhin noch 128 Fälle (130 in 2008) aus der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II geführt.

 

 

Zukünftige Aufgabenwahrnehmung

 

Das Bundeskabinett hat nunmehr einem Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91e) zugestimmt. Der Entwurf ermöglicht Betreuung und Leistungen aus einer Hand. Drei Viertel der Aufgabenträger werden Jobcenter und ein Viertel Optionskommunen sein. Das bedeutet, dass es künftig insgesamt bis zu 110 Op-tionskommunen geben kann, die bestehenden 69 Optionskommunen werden entfristet. Weitere - bis zu 41 - Kommunen können die Option beantragen.

 

Neben der Grundgesetzänderung sind für die verabredete Organisationsreform weitere einfachgesetzliche Schritte notwendig, die im parlamentarischen Verfahren parallel zur Grundgesetzänderung beraten und beschlossen werden sollen. Der Entwurf für die einfachgesetzlichen Regelungen wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales erarbeitet und liegt mittlerweile als Referentenentwurf vor. Inhaltlich geht es hier unter anderem um die interne Organisation der Jobcenter, die Abstimmungswege zwischen Bund, Ländern und Kommunen, Aufsichts- und Finanzierungsfragen sowie um das Auswahlverfahren für die Optionskommunen.

Das gesamte Gesetzgebungsverfahren zur Jobcenterreform soll noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden. Ziel ist die Bundesratssitzung am 09. Juli 2010.

 

Ob der Ausgang der Landtagswahl in NRW noch Einfluss auf das Gesetzgebungsverfahren nehmen wird, ist aktuell nicht bekannt. Grundsätzlich ist eine Einflussnahme über den Bundesrat jedoch denkbar.

Aus diesem Grund wird spätestens im Herbst des Jahres ein erneuter Sachstandsbericht zum SGB II abgegeben werden.

 

 

 

Im Auftrag

 

 

 

 

 

Martin Struffert                                                         Marion Dirks

Fachbereichsleiter                                                   Bürgermeisterin

 

 


Bezug:     

 

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                                             

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                                                      

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag: