Beschlussvorschlag:                    Beschlussvorschlag für den Rat:

 

 

Kein Beschlussvorschlag


Sachverhalt:

 

Stellungnahme der Kämmerei:

Der Abwasserbetrieb wurde unter dem Namen Abwasserwerk der Stadt Billerbeck als eigenbetriebsähnliche Einrichtung mit Ratsbeschluss vom 18.12.1990 und Gründung zum 1.1.1992 beschlossen und damit aus dem städtischen Haushalt ausgegliedert. Der Abwasserbetrieb ist als Sondervermögen rechtlich unselbständig und deshalb Teil der Vermögens- und Haftungsmasse der Stadt Billerbeck.

Aus bilanzieller Sicht erwirtschaftet der Abwasserbetrieb systembedingt Gewinne, während die Stadt Billerbeck schwankende Ergebnisse ausweist.

 

Für das vergangene Jahr und für die kommenden Jahre nach 2017 sind für die Stadt Billerbeck Fehlbeträge geplant, die in den wachsenden Anforderungen (zu-nehmende Kreis- und Jugendamtsumlage, steigende Anzahl an Kindergartenplätzen, Inklusions- und  Integrationskosten) sowie der mangelhaften Finanzausstattung der Kommunen durch das Land begründet sind. Wie bekannt, haben starke Abweichungen bei der Gewerbesteuer Einfluss auf das Jahresergebnis.

 

Allein für das Jahr 2016 musste ein Fehlbetrag in Höhe von fast 1,4 Mio. € vorgese-hen werden, der sich jedoch aufgrund der tatsächlichen Gewerbesteuererträge ver-ringern wird.

 

Einsparungen in diesen Größenordnungen können von der Stadt Billerbeck nicht dargestellt werden.

 

Alternativ müssten die Einnahmen erhöht werden (z.B. Verkauf von Anlagevermö-gen, Erhöhung von Entgelten, Beiträgen, Gebühren oder Steuern). Dies ist jedoch von der Verwaltung und von dem Rat nicht gewünscht.

 

Zur Vermeidung der oben genannten Maßnahmen wurde nach einer Lösung ge-sucht, die keine finanziellen Mehrbelastungen für den Bürger zur Folge haben.

 

Mit dem Vorhandensein eines ausgegliederten Eigenbetriebes stehen der Stadt Bill-erbeck bilanzielle Spielräume zur Verfügung. Es handelt sich hierbei um das Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren – ein in der freien Wirtschaft seit Jahren übliches Verfahren zur Steuereinsparung –, das eine Möglichkeit zur Verbesserung des Jahresergebnisses der Stadt Billerbeck darstellt. Eine Verschlechterung im Jahresergebnis der Stadt ist durch dieses Verfahren nicht möglich.

 

Verfahrensbeschreibung:

Durch Beschluss schüttet der Abwasserbetrieb seinen Gewinn an die Stadt Billerb-eck aus. Hierdurch entsteht ein Beteiligungsertrag im städtischen Haushalt, der das Jahresergebnis verbessert; gleichzeitig erfolgt eine Wiedereinlage dieses Gewinnes zurück in den Abwasserbetrieb. Es erfolgt kein Zahlungsfluss bzw. es „fließt kein Geld“ zwischen dem Abwasserbetrieb und der Stadt. Damit erhöht sich der Beteiligungswert des Abwasserbetriebes auf der Aktivseite der Bilanz der Stadt Billerbeck. Bei dem Abwasserbetrieb erfolgt durch die Verbuchung  eine Verschiebung in den Bilanzpositionen: Gewinnrücklage und Kapitalrücklage, die beide aber Teile der Bilanzposition Eigenkapital sind. Da diese Positionen Teil des gleichen Eigenkapitals sind, verändert sich der Saldo des Eigenkapitals naturgemäß nicht und er bleibt damit auch in seiner ursprünglichen Höhe bestehen. Durch dieses Verfahren bleiben  damit alle vom Bürger eingebrachten Beitragszahlungen im Abwasserbetrieb erhalten. Das Verfahren nimmt damit ausschließlich einen Austausch der Eigenkapitalpositionen vor.

 

Dieses Verfahren ist für den Bürger kostenneutral und löst damit keine Veränderung der Gebühren beim Abwasserbetrieb aus. Nachteilige Folgen für die Stadt Billerbeck, den Abwasserbetrieb und den Bürger sind verfahrensbedingt nicht möglich, da es sich um eine rein buchhalterische Maßnahme handelt.

 

Durch die Verbesserung des Jahresergebnisses der Stadt Billerbeck durch die An-wendung dieses Verfahrens kann die Ausgleichsrücklage geschont werden. Damit wird erreicht, dass eine durch die Aufzehrung der Ausgleichsrücklage eintretende Haushaltssicherung vermieden bzw. zumindest verzögert wird. Dieser Effekt zieht nach sich, dass eventuell im Rahmen der Haushaltssicherung durch die Kommu-nalaufsicht zu fordernde Erhöhungen von Steuern, Beiträgen und Gebühren eben-falls vermieden bzw. verzögert werden können.

 

In der Bilanz der Stadt wird der Abwasserbetrieb als Sondervermögen geführt. Der Stand der Finanzanlage beträgt seit Einführung von NKF 9.654.898,40 €.

Eine mögliche Anwendung des Verfahrens entbindet Rat und Verwaltung allerdings nicht davon, die Sparbemühungen weiter zu verstärken. Dabei muss man sich auch darüber im Klaren sein, dass dies nicht ohne die Senkung der Standards erfolgen kann. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass nordrhein-westfälische Kommunen vom Land derzeit noch nicht einmal die Finanzausstattung erhalten, die sie für die Erfüllung ihrer Pflichtaufgaben benötigen, werden diese Sparbemühungen allerdings nicht ausreichen.

 

Zur Verbesserung der Ausgabensituation fertigt die Stadt Billerbeck seit vielen Jah-ren jährlich eine Liste über freiwillige Aufwendungen an und stellt diese dem Rat vor. Diese Bemühungen werden weiter intensiviert und aktualisiert.

 

Weiterhin möchten wir eine konstante Beitrags-, Gebühren- und Steuersituation aufrechterhalten.

 

Das oben dargestellte Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren wird von der Gemeindeprüfungsanstalt NRW, von den Bezirksregierungen, dem Ministerium des Inneren und von der Kommunalaufsicht Coesfeld anerkannt (s. Anlagen) und wird auch in einigen Kommunen bereits durchgeführt. In den Stellungnahmen von Herrn Dr. Queitsch und von Freckmann & Partner wird bestätigt, dass das Verfahren zu keinem Nachteil führt.

 

Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass sich für den Abwasserbetrieb und für die Stadt ausschließlich Vorteile ergeben, wenn dieses Verfahren angewendet wird.

 

Stadt Billerbeck

Abwasserbetrieb der Stadt Billerbeck

 

-     Ausgleichsrücklage bleibt erhalten, da Erträge erhöht werden, damit keine zwangsweise verbundene Erhöhung von Entgelten und Steuern

 

-   Keine Eigenkapitalverzinsung und damit keine Gebührenerhöhung wie seit Jahren von der GPA gefordert, da Ausgleichsrücklage länger erhalten bleibt

 

 

-   kein Entzug von Liquidität, wie es bei einer „normalen“ Ausschüttung eines Jahresüberschusses üblich ist

 

-     Stadt bleibt handlungsfähig

-   Keinen Einfluss auf das Eigenkapital des Abwasserbetriebes, da es vor und nach dem Verfahren in gleicher Höhe bestehen bleibt

 

Herr Jürgens von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Concunia, Münster (s. Anlage), wird das Verfahren im Detail vorstellen und steht im Anschluss daran für Fragen zur Verfügung.

 

Verwaltungsseitig ist es nicht möglich, einen einheitlichen Beschlussvorschlag zu unterbreiten. Eine wie vom Betriebsleiter Rainer Hein befürchtete Eigenkapitalverzinsung kann nicht erfolgen, da kein Geld fließt. Weiterhin wird durch die Beschlussempfehlung auch nochmals deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Verzinsung des Eigenkapitals nicht erfolgen soll.

 

Bürgermeisterin und Kämmerin empfehlen:

Der Bericht über das sog. Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren wird zur Kenntnis ge-nommen. Der Rat entscheidet jährlich nach Vorlage der Jahresabschlüsse, ob und in welcher Höhe das Verfahren angewandt werden soll. Eine Erhöhung der Gebühren aufgrund dieses Verfahrens ist ausgeschlossen.

 

 

Stellungnahme der Betriebssleitung:

Mit dem sogenannten Schütt aus Hol zurück Verfahren sollen Gewinnvorträge des Abwasserbetriebes an die Stadt ausgeschüttet und im selben Moment als Kapitaleinlage der Stadt dem Abwasserbetrieb wieder zur Verfügung gestellt werden.

Dieses Verfahren soll einerseits aufgrund des Beteiligungsertrages der Stadt zur Schonung der Ausgleichsrücklage dienen und andererseits führt dieses Verfahren beim Abwasserbetrieb zur Verschiebung des Bilanzposten Gewinnvortrag zur Kapitalrücklage als eingebrachtes Kapital der Stadt.

 

Das Schütt aus Hol zurück Verfahren war vor der Einführung des Halbeinkünfteverfahren in 2001 ein bedeutendes Verfahren zur Steuerminderung und basierte darauf, dass von einer Kapitalgesellschaft ausgeschüttete Gewinne steuerlich niedriger belastet wurden als einbehaltene (thesaurierte) Gewinne der Gesellschaft selbst. Es hat heute aufgrund der Anpassung der Steuergesetzgebung an Bedeutung verloren. Für die Stadt Billerbeck und dem Abwasserbetrieb ist steuerlich keine Relevanz gegeben.

 

Mit dem Vorschlag der Stadt, dass Schütt aus Hol zurück Verfahren anzuwenden, werden wesentliche Tatsachen in Bezug auf die Kapitalausstattung des Abwasserbetriebes außer Acht gelassen. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass im Rahmen des Gesamtdeckungsprinzip zumindest vor der Gründung des Abwasserbetriebes auch Mittel des allgemeinen Haushaltes der kostenrechnenden Einrichtung Abwasserbeseitigung und damit dem Abwasserbetrieb zur Verfügung gestellt wurden. Auch wird grundsätzlich davon ausgegeangen, dass im Rahmen der Gebührenkalkulation auch das eingebrachte Kapital (der Stadt) zu verzinsen ist, somit eine Eigenkapitalverzinsung vorgenommen wird.

Weder das Eine noch das Andere ist im Abwasserbetrieb der Stadt Billerbeck der Fall. Richtig ist, dass mit der Gründung des Abwasserbetriebes  keine Mittel der Stadt eingebracht wurden. So wird es auch durch den damaligen Kämmerer zusammen mit dem Werkleiter des Abwasserwerkes dem Gemeindeprüfungsamt in 1994 bestätigt und durch das Gemeindeprüfungsamt akzeptiert:

 

 

Ebenfalls wurde damit auch schon in 1994  begründet, dass ohne eingebrachtes Kapital auch keine Zinsen anfallen (können).

 

Im Weiteren ist den obigen Zeilen zu entnehmen, dass dem Abwasserwerk seinerzeit der höchst mögliche Kreditbetrag als Schulden übertragen wurden, somit eine maximale Entschuldung zu Lasten des Abwasserbetriebs erfolgte.

 

Seit Gründung des Abwasserbetriebes hat sich in Bezug auf eine mögliche Kapitaleinbringung des städt. Haushaltes nichts geändert. Die systembedingten Überschüsse des Abwasserbetriebes rühren ausschließlich aus der Auflösung von Drittmitteln des Gebührenzahlers und sind damit letztendlich beitrags- oder gebührenfinanziert und sollen für Ersatzinvestitionen zur Verfügung stehen. So wird es auch durch den Wirtschaftsprüfer bestätigt, hier auszugsweise aus einer Stellungnahme der EuReWi Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH, Coesfeld:

 

„Letztendlich werden aber durch die Gewinnausschüttung mittelbar auch die Auflösungsbeträge aus den Sonderposten an die Stadt abgeführt, die als Drittmittel vom Gebührenzahler zur Verfügung gestellt wurden und eigentlich für Ersatzinvestitionen zur Verfügung stehen sollten.“

 

Zwar soll die Gewinnausschüttung an die Stadt wieder als Kapitaleinlage in den Abwasserbetrieb überführt werden, ist damit jedoch umdeklariert worden und eben nicht mehr Gewinnvortrag des Betriebs selbst, sondern Einlage der Stadt geworden.

 

Damit wiederum ergeben sich zusätzliche Möglichkeiten, dass dieses eingebrachte Kapital auch verzinst werden soll. So führt auch die EuReWI Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbh, Coesfeld dazu aus:

 

Im Ergebnis verfestigt sich durch die Überführung von „Drittmitteln“ in Eigenkapital aber die Basis für die spätere, mögliche Einführung einer Eigenkapitalverzinsung in die Gebührenkalkulation, die sich in einem bestimmten %-Satz vom Eigenkapital (ggf. Kernkapital aus Stammkapital und Kapitalrücklage) oder in einem bestimmten %-Satz vom gebundenen Anlagevermögen (Buchwert Anlagevermögen 1.1.d.J abzgl. Buchwert Sonderposten 1.1.d.J) abzgl. tatsächliche Fremdkapitalzinsen berechnet.“

 

Sollte jedoch die Eigenkapitalverzinsung vorgenommen werden und mit der Umdeklarierung der Gewinnvorträge als Kapitaleinlage werden hierfür die Voraussetzungen im Besonderen geschaffen, ist eine dadurch bedingte Gebührensteigerung unvermeidlich. Eben weil bisher ausschließlich der tatsächliche Schuldzins aus aufgenommen Darlehn in der Gebührenkalkulation angesetzt wird, ergäbe sich dann eine Finanzierungslücke, die nur durch den Ansatz einer kalkulatorischen Verzinsung ausgeglichen werden kann.

 

 

Fazit der Betriebsleitung:

Das Schütt aus Hol zurück Verfahren berücksichtigt nicht, dass keine Haushaltsmittel der Stadt in den Abwasserbetrieb eingebracht wurden. Es ist somit ein zwar zulässiges aber dennoch abzulehnendes Verfahren, womit letztendlich Drittmittel des Gebührenzahlers an die Stadt abgeführt und als Kapitaleinlage der Stadt wieder zur Verfügung gestellt werden sollen. Das von dem Gebührenzahler zur Stärkung der Eigenkapitalquote eingebrachte Kapital würde somit als Kapital der Stadt umdeklariert. Dies ist abzulehnen, da mit einer derartigen Umdeklarierung eine spätere Kapitalverzinsung der von der Stadt eingebrachten Einlage dann nicht mehr abzuwenden wäre, was wiederum zu Gebührensteigerungen führen müsste. Das Verfahren ist somit abzulehnen.

 

Empfehlung des Betriebsleiters.

Der Betriebsleiter schlägt vor, auf das Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren zu verzichten.

 

 

 

i. A.                                        

 

 

Marion Lammers                   Rainer Hein                                        Marion Dirks

Kämmerin                              Betriebsleiter                                     Bürgermeisterin

 

 

 


Bezug:    

 

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                                                   ---

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                                                          ---

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                        ---

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag:                                                                                    ---


 


Anlagen:

 

 

1) Auszug aus dem Arbeitskreis der Bezirksregierungen, des Ministeriums des Inneren und der Gemeindeprüfungsanstalt NRW

2) Kommunalaufsichtliche Genehmigung des Kreises Coesfeld

3) Stellungnahme Freckmann & Partner

4) Stellungnahme Dr. Queitsch, Städte- und Gemeindebund

5) Kurzinfo über den Vortragenden Herrn Jürgens