Betreff
Antrag auf Vorbescheid hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit zur Errichtung, zum Betrieb und zur Änderung von Windenergieanlagen
hier: Repowering von zwei Anlagen in Temming
Vorlage
FB60/1977/2024
Art
Sitzungsvorlage

 Beschlussvorschlag:                 Beschlussvorschlag für den Rat:

Das gemeindliche Einvernehmen zum Antrag auf Bauvorbescheid für das Repowering von zwei Windenergieanlagen in Temming wird erteilt.

 


Sachverhalt:

Die Stadt Billerbeck wurde durch den Kreis Coesfeld – Abteilung Umwelt – in einem Verfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) beteiligt und als Standortkommune zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens aufgefordert.

Mit dem Antragseingang am 14. März 2024 werden der Stadt Billerbeck zwei Monate Zeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Nach Eingang des Antrages verblieb nicht ausreichend Zeit die Unterlagen zu sichten und bereits für den Bezirksausschuss am 19. März vorzubereiten. Aus diesem Grund kann der Bezirksausschuss in diesem Fall nicht zur Vorberatung hinzugezogen werden. Ein Sitzungslauf beginnend mit dem Bezirksausschuss am 7. Mai würde erst zu einer Entscheidung des Stadtentwicklungs- und Bauausschusses am 13. Juni führen.

 

Konkret geht es in dem Antrag um zwei Windenergieanlagen des Typs Micon 1000/60, welche sich derzeit noch im Besitz eines anderen Betreibers und auf dem Gebiet der Gemeinde Altenberge befinden. Diese sollen durch einen örtlichen Bürgerwindpark übernommen und durch zwei Nordex N 149/5,7 MW-Anlagen auf Billerbecker Stadtgebiet ersetzt werden.

Mit einer Nabenhöhe von 164 m und einem Rotordurchmesser von 149,1 m ergibt sich eine Gesamtanlagenhöhe von jeweils 238,5 m. Die Anlagen sind an folgenden Standorten geplant (siehe auch Anlage 1):

  • Windenergieanlage T1: Gemarkung Beerlage, Flur 12, Flurstück 140            (E: 32 391 976 587, N: 5 765 415 104)
  • Windenergieanlage T2: Gemarkung Beerlage, Flur 11, Flurstück 17                  (E: 32 391 824 591, N: 5 765 705 745)

 

Die beiden neu geplanten Anlagen erfüllen damit die Voraussetzung zum Repowering nach § 16b Abs. 2. S. 2 Nr. 2 BImSchG, da sie mit ca. 300 m Abstand zu den nächstgelegenen Altanlagen den maximalen Abstand zwischen einer Bestandsanlage und einer neuen Anlage von höchstens dem Zweifachen der Gesamthöhe der neuen Anlage nicht überschreiten.

 

Jedoch sind die beiden Anlagen jeweils ca. 50 m außerhalb der Konzentrationszone „Steinfurter Aa“ geplant, welche mit der 35. Änderung des Flächennutzungsplanes ausgewiesen wurde. Der Abstand der geplanten Anlagen beträgt darüber hinaus weniger als die zweifache Gesamthöhe der jeweiligen Anlage zu zwei Wohnnutzungen im Außenbereich (412 und 445 m). Es stellt sich daher die Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit nach § 245e Abs. 3 (Planungsrechtliche Privilegierung) und § 249 Abs. 10 (optisch bedrängende Wirkung) Baugesetzbuch (BauGB).

 

Repowering-Vorhaben sind von der Regelausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB nicht betroffen, solange die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Ausgeschlossen von dieser Regelung sind Vorhaben in einem NATURA 2000-Gebiet oder einem Naturschutzgebiet, was jedoch beides nicht der Fall ist.

Ein Berühren der Grundzüge der Planung liegt vor, wenn die planerische Festlegung, der das Vorhaben widerspricht, zu den Grundzügen der Planung gehört und die Schwelle des Berührens überschritten ist. Letzteres beurteilt sich danach, ob der Widerspruch zur planerischen Festlegung mit dem tatsächlichen oder hypothetischen Willen des Plangebers vereinbar ist. Wird nur von den planerischen Festlegungen, die die planerische Ausschlusswirkung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erzeugen, abgewichen, genügt dies für die Annahme des Berührens alleine nicht.

Das planerische Konzept muss durch einen weiteren, anderen Grund berührt sein, indem von einer anderen tragenden Festlegung so abgewichen wird, dass die Schwelle des Berührens überschritten wird.

 

Im vorliegenden Fall wird den Darstellungen des Flächennutzungsplanes insofern widersprochen, als dass die zwei geplanten Repowering-Anlagen außerhalb der Konzentrationszone „Steinfurter Aa“ liegen. In Folge eines Mindestabstandes von 450 m zu Wohnnutzungen im Außenbereich liegen die geplanten Anlagen daher in einer weichen Tabuzone.

Schutzzonen um Wohnnutzungen wurden gebildet, um die störende oder gar schädliche Auswirkung von Faktoren wie Schall, Schattenwurf und einer optisch bedrängenden Wirkung auf die bestehende Wohnbevölkerung weitestgehend auszuschließen. In Bezug auf Schallimmissionen und den Schattenwurf sind dem Antrag entsprechende Gutachten angehängt (siehe Anlage).

 

Im Hinblick auf eine mögliche bedrängende Wirkung ist festzuhalten, dass diese nicht durch ein Gutachten thematisiert ist und eine bedrängende Wirkung gem. § 249 Abs. 10 BauGB den Vorhaben theoretisch entgegenstehen könnte, da der Abstand von der Mitte des Mastfußes der WEA bis zur Wohnnutzung in den zwei oben genannten Fällen nicht mindestens der zweifachen Höhe der WEA entspricht. Gleichzeitig wird nicht festgehalten, dass bei der Unterschreitung des Abstandes automatisch eine optische Bedrängungswirkung anzunehmen ist.

In beiden Fällen liegen Erklärungen der betroffenen Wohnbevölkerung vor, wonach sich mit den Planungen einverstanden erklärt wird.

Eine optisch bedrängende Wirkung wird daher von der Genehmigungsbehörde in Form einer Einzelfallprüfung zu prüfen sein. Durch die Bedeutung von Windenergieanlagen als gem. § 2 S. 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im überragenden öffentlichen Interesse liegend, ist es offen, ob solch eine Einzelfallprüfung unter diesen Umständen zu einem negativen Ergebnis kommen kann, insbesondere unter dem Eindruck der vorliegenden Einverständniserklärungen.

 

Bezüglich der planerischen Festsetzungen der 35. Änderung des Flächennutzungsplanes muss beachtet werden, dass auch die Rechtsprechung einem ständigen Wandel unterliegt und Festsetzungen seinerzeit auf Rechtsprechungen gestützt wurden, die so heute nicht mehr vertreten wird. So hat sich die allgemein vorherrschende Abstandsregelung in der Zwischenzeit von einer dreifachen Anlagenhöhe zu Wohnnutzung im Außenbereich wie oben dargestellt unterdessen auf die zweifache Anlagenhöhe verringert.

Festgehalten werden kann daher aus Sicht der Verwaltung, dass weder den Grundzügen der Konzentrationszonenplanung durch die vorliegende Anlagenplanung widersprochen wird, noch das zwangsläufig von einer unerwünschten optisch bedrängenden Wirkung der Anlagen auf umliegende Wohnnutzung ausgegangen werden muss.

 

Verwaltungsseitig wird empfohlen, das gemeindliche Einvernehmen zu erteilen, da neben den beiden erläuterten Sachverhalten keine weiteren Faktoren gegen die Durchführung der Maßnahmen sprechen und die Planung daher mit der städtischen Konzentrationszonenplanung vereinbar ist.

 

i. A.                                                       i. A.

 

 

Tobias Mader                    Michaela Besecke                                          Marion Dirks

Sachbearbeiter                Fachbereichsleiterin                      Bürgermeisterin

 


Bezug:           

 

Höhe der tatsächl./voraussichtlichen Kosten:                                              -,-- €                                        

 

Finanzierung durch Mittel bei der HHSt.:                                                                                                             

Über-/außerplanmäßige Ausgabe in Höhe von Euro:                                                                                       

Finanzierungs-/Deckungsvorschlag:                                                                                                                        


 


Anlagen:

(nur im Ratsinfosystem)

  1. Lageplan
  2. Schallimmissionsprognose
  3. Schattenwurfprognose